Dient das Bildungssystem der Produktion und Vermittlung unabhängiger Wissensinhalten, oder sorgen direkte wie indirekte Kooperationen mit interessengebundenen Akteuren für eine Selektivität der Wissensinhalte, die sich letztlich auf die Gesamtheit des gesellschaftlich vorhandenen / verfügbaren Wissens niederschlägt. Hierzu zählt auch die oft verdeckte Orientierung an einem ideologisierten Zeitgeist (Zukunftsfähigkeit, Wettbewerb etc.).
Auch muss gefragt werden, ob oder inwiefern das Bildungssystem die Bedürfnisse von Partikularinteressen bedient, wie hoch der Kommerzialisierungsgrad ist und wie autonom letztlich der Wissenschaftsbetrieb ist.
- Bologna-Prozess: 1998 wurde durch die Bildungsminister Frankreichs, Italiens, Großbritanniens und Deutschlands ein Prozess initiiert, der vordergründig dem Ziel dient, einen gemeinsamen europäischen Rahmen der Bildungssysteme zu schaffen. Das schließt die Herstellung der Vergleichbarkeit von Bildungsabschlüssen ebenso mit ein, wie die Förderung von Mobilität und internationaler Wettbewerbsfähigkeit. Zu den wesentlichen Unterpunkten des BP zählen:
- Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen / abschlüssen (zweistufiges System)
- Modularisierung der Studieninhalte ("Verschulung")
Diese beiden Kernmaßnahmen sind im heutigen Unialltag am deutlichsten zu spüren. Es werden umfangreiche Diplom- und Magisterstudiengänge abgebaut, die den Studenten noch die Möglichkeit gaben, individuelle Interessenschwerpunkte zu studieren, die auch außerhalb des Mainstreams liegen. Die Umstrukturierungen im Zuge des BP führen tendenziell zu einer Vereinheitlichung des Studienstoffs, der sich zunehmend an wirtschaftlichen / berufsbezogenen Erfordernissen orientiert. Die Unabhängigkeit von Forschung und Lehre wird so ökonomischen Zielsetzungen untergeordnet, Umfang und Bandbreite des gesellschaftlichen Wissens reduziert.
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