Staat - Exekutive
Innere Sicherheit allgemein

Der Einsatz des staatlichen Gewaltmonopols nach Innen dient bis zu einem gewissen Grade dem Schutz der Bürger vor schädlichen Interessen anderer Bürger, bzw. dem Schutz staatlicher Interessen vor Angriffen aus dem Inneren. Instrumente und Maßnahmen zur Wahrung der Inneren Sicherheit können als Mittel der Repression aber auch leicht Bürgerrechte verletzen. Insbesondere die gesetzlichen Entwicklungen nach dem 11. September 2001, die einen Trend zur Aussprache eines Generalverdachtes besitzen, stellen hier eine ganz neue Qualität der Bedrohung von Freiheit und Demokratie dar.

  • 1. Vorratsspeicherung der Telekommunikationsdaten: (April 2007) Das Bundeskabinett beschließt einen Gesetzentwurf von Justizministerin Zypries zur Telefondatenspeicherung auf Vorrat. Nach dem Entschluss wird künftig erfasst und für 180 Tage gespeichert, wer mit wem telefoniert hat. Bei Mobilfunkgesprächen wird künftig zudem der Standort registriert. Dieser Entwurf ist die Umsetzung einer Richtlinie der Europäischen Union.

    Verfassungs- und Datenschutzrechtliche Einwände (Unabhängiges Landesamt für Datenschutz Schleswig Holstein :

    - Die Vorratsspeicherung der TK verstößt gegen national verfassungsrechtlich (Art. 10 GG) und europarechtlich (Art. 8 ERMK) geschützte Fernmeldegeheimnis. Sie verstößt zudem gegen das vom Bundesverfassungsgericht ausgesprochene Verbot der Speicherung " nicht anonymisierter Daten auf Vorrat und zu unbestimmten Zwecken" (BverfGE 65,1,47). Die Zwecke der Vorratsspeicherung sind unbestimmt, weil die Verkehrs- und Standortdaten aller Teilnehmer und Netze pauschal und ohne konkreten Verdacht erhoben werden.

    - Durch die Erfassung aller Kommunikationsteilnehmer handelt es sich hier um Maßnahme mit einer besonders hohen Eingriffsintensität, die das Kommunikationsverhalten der Bürger durch das Gefühl der Überwachung beeinträchtigen kann.

    - Die Vorratspeicherung ist verfassungswidrig, weil sie unverhältnismäßig ist. Es werden die Verkehrs- und Standortdaten aller Kommunikationsteilnehmer ohne jeden Verdacht erhoben. Intensive Grundrechtseingriffe dürfen nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit nur bei bestimmten Verdachts- und Gefahrenstufen erfolgen.

    - Die Vorratsspeicherung ist auch verfassungswidrig, weil ihr Aufwand in keinem Verhältnis zum Ertrag steht.

    - Die Vorratsspeicherung ist zudem dem Risiko des Datenmissbrauchs ausgesetzt.

    - Von einer Verfassungswidrigkeit ist nicht zuletzt auch deshalb auszugehen, weil die erhobenen Datensätze verdachtsunabhängig an Nachrichtendienste wie das Bundesamt für Verfassungsschutz weitergegeben werden, die diese Daten auch entsprechenden Diensten anderer Staaten zur Verfügung stellen.

    - Es werden die Unabhängigkeit des Abgeordnetenmandats sowie Persönlichkeitsrechte von Abgeordneten verletzt. Hieraus resultiert eine weitere Störung der Kontrollfunktion des Parlaments sowie eine weitere Stärkung der Exekutive.

    - Eine Dauer von sechs Monaten ist nicht notwendig, weil sich der größte Teil der Ermittlungsanfragen auf einen Zeitraum von nur drei Monaten bezieht.

    - Zu guter Letzt ist die Vorratsspeicherung, die in der BRD als Umsetzung einer EU-Richtlinie erfolgt ist, innerhalb des Europäischen Rechts auf einer falschen Rechtsgrundlage entstanden.

    Vollständige Erklärungen des Unabhängigen Landesamtes für Datenschutz Schleswig Holstein:

    http://www.sh-landtag.de/infothek/wahl16/umdrucke/1800/umdruck-16-1857.pdf

    http://www.sh-landtag.de/infothek/wahl16/umdrucke/1200/umdruck-16-1267.pdf



  • Neues Polizeigesetz in Schleswig-Holstein - mehr Schnüffelbefugnisse im Namen der Prävention:
    Mit einem deutlichen Mehr an verbeugender Überwachung will die rot-schwarze Koalition des Kieler Landtages auf neue Technologien und Gefährdungslagen reagieren. Ende Februar 2007 passiert ein umstrittenes neues Polizeigesetz den Landtag, was bei der großkoalitionären Übermacht ohne nennenswerte Probleme vonstatten ging.

    Die Kernpunkte des Gesetzes lesen sich wie eine Anleitung zum Aufbau eines Überwachungsstaats, obgleich die konservativen-neoliberalen Regierungspolitiker nicht müde wurden zu betonen, es handele sich um ein in allen Punkten verfassungskonformes Polizeigesetz. Die Kernpunkte im Einzelnen:

    1. Schleierfahnung: Die Polizei erhält weitreichende Befugnisse im Gefahrenvorfeld und kann die Daten unbescholtener Bürger erheben (Kontrollen, Befragungen etc. ohne konkreten Anlass)
    2. Automatisierte Erfassung von KFZ-Kennzeichen als Schritt in die umfassende Mobilitätskontrolle. Auch wenn nur Kennzeichen mit Fahndungsstatus im Fokus sind, wird zunächst mit sämtlichen erfassten Kennzeichen die große Masse der Unbescholtenen datenschutzrechtlich beeinträchtigt.
    3. Präventive Überwachung der Telekommunikation
    4. Erweiterung der Generalklausel zur Datenerhebung / anlassunabhängige Überwachung

    Zu bemängeln ist ebenso der massive Einsatz unbestimmter Rechtsbegriffe, die durch die Behörden je nach Interessenlage auszulegen sind.



  • Bundesinnenministerium ließ ohne tragfähige Rechtsgrundlage Online-Durchsuchungen durch Nachrichtendienste durchführen (April 2007):
    Nach einer entsprechenden Anfrage im Bundestags-Innenausschuss ließ das Innenmisiterium die Katze aus dem Sack: Obwohl das Bundesverwaltungsgericht bereits im Februar heimliche Online-Untersuchungen durch die Polizei untersagt hatte, ließ man geheimdienstliche Hacker munter weiterspionieren. Als rechtliche Grundlage für die Eingriffe in Bürgerrechte diente eine Dienstanweisung des ehemaligen Innenministers Schily. Erst nach fraktionsübergreifender Kritik und Empörung ließ Schäuble die Staatshackerei einstweilig stoppen. Jetzt soll erst mal die Rechtsgrundlage für dieses kaum legale Vorgehen geprüft werden - im Nachhinein....