Staat - Exekutive
Tendenzen der Entscheidungsfindung (Deinstitutionalisierung, Informalisierung)

Der Name Hartz steht nicht nur für eine unsoziale Restauration der sozialen Sicherungssysteme, sondern auch für eine neue Form der politischen Entscheidungsfindung. Hier werden gezielt außerstaatliche, also anderen gesellschaftlichen Segmenten zuzuordnende Interessenvertreter, in die Formulierung von Agenden und Gesetzen einbezogen. Dies führt zu einer Entfenung des politischen Prozesses aus den demokratietheoretisch gebotenen Formen der Entscheidungsfindung, weil sich der Gesetzgeber aus dem verfassungsmäßigen Gefüge der Gewaltenteilung herausnimmt. Derartiges gipfelt schließlich darin, dass internationale Anwaltssozietäten bereits vorformulierte Gesetze an die Exekutive schicken oder Ratingagenturen in den Entscheidungsfindungsprozess einbezogen werden.

Diese Deinstitutionalisierung und Informalisierung der politischen Entscheidungsfindung in "Runden", "Kommissionen", "Spitzengeprächen" etc. verwischt zudem die Zurechenbarkeit der politischen Entscheidungen und beeinträchtigt die politische Gleichheit der Bürger, indem Partikularinteressen innerhalb intransparenter Verfahren ein bevorzugter Zugang ermöglicht wird.



  • Die Verlagerung des politischen Entscheidungsprozesses auf außenstehende Berater hat Konjunktur: Hartz I - IV, Riester-Rente, Agenda 2010, Mitwirkung von Anwaltskanzleien am ÖPP-Beschleunigungsgesetz, Mitwirkung vermeintlich neutraler Thing-Tanks wie das CHE (Bertelsmann-Hochschulpolitik) etc.. Nicht mehr Parlamentarier und Parteien sind an vielen politischen Entscheidungen maßgeblich beteiligt, sondern Berater aus dem vorpolitischen und nicht-institutionellen Raum.

    Demokratietheoretische Folgen:

    - Hinwendung zu einer Output-orientierten Entscheidungsfindung unter Missachtung des Mehrheitswillens der Bevölkerung und ohne hinreichende Legitimation. Dabei legitimiert sich die eindeutige Output-Orientierung nicht einmal durch eine besondere Leistungsfähigkeit und Güte der Entscheidungen. Im Gegenteil: Handwerkliche Fehler und ideologische Dünkel wirken vielmehr zusätzlich delegitimierend.
    - Intransparente Entscheidungsfindung verschafft Partikularinteressen einen privilegierten Zugang zum politischen Prozess. Verstrickungen zwischen Ökonomie und Politik helfen, Partikularinteressen um so effizienter durchzusetzen. Das Prinzip der Gleichheit der politischen Partizipationsmöglichkeiten wird nicht nur formal, sondern auch materiell verletzt.
    - Die Zurechenbarkeit von Verantwortlichkeiten nimmt ebenso ab, wie die kritische Beurteilung implementierter Politiken.

    Siehe auch:

    NachDenkSeiten „Warum Politik sich auf ihre eigene Kraft besinnen sollte!“