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Hochzeitsreise nach Kalabrien (August 2001)

Eine erste Ahnung vom mediterranen Süden: Locarno

Gleich am Tag nach unserer Trauung in Frankfurt am Main und der anschließenden Feierlichkeit in der Hofheimer Stadthalle fuhren wir bei strahlend schönem Wetter los gen Süden. Die Reise sollte über Lugano in die Schinkenstadt Parma führen, von wo aus dann im tiefen Süden des Stiefels Pompeji, Neapel und Kalabrien auf dem Tourenplan standen. Die Reise war als Campingreise mit PKW geplant, womit die Kosten niedrig und die Flexibilität hoch gehalten werden konnten. Am Mittag des 4. August düsten wir über die Autobahn A5 auf Basel zu, überquerten dort die Grenze in die Schweiz und durchquerten das Alpenland. Für jeden südwärts Reisenden stellt dabei der St. Gotthard - Tunnel die magische Grenze zum südländischen Teil Europas dar, denn überwiegt noch vor der Einfahrt in die über 12 Kilometer lange Röhre mitteleuropäisch geprägte Bausubstanz, so deuten danach immer mehr "italienisch" aussehende Bauten in pastellfarbenem Anstrich auf die Nähe des mediterranen Kultur- und Klimaraumes hin. Die in zunehmendem Maße zaghaft subtropische Vegetation südlich des Gotthards zeugt von der klimatischen Sonderstellung des Tessins, dem südlichsten und italienischsten der eidgenössischen Kantone. Hier hat man schließlich auch die Sprachgrenze zum Italienischen überschritten.

Unser Campingplatz für eine Nacht (Name vergessen) lag bei Locarno direkt am Ufer des Lago Maggiore. Viel Zeit und Gelegenheit zum Besichtigen der sicherlich reizvollen Landschaft blieb uns an diesem Abend jedoch nicht, so dass wir uns in der Abenddämmerung mit einigen Blicken auf die funkelnden Lichter der in die Alpenhänge hineingebauten Stadt begnügen mussten. Der Kilometerzähler offenbarte uns im Übrigen die Überraschung, dass die Entfernung von Hofheim am Taunus nach Lübeck fast genau jener entspricht, wie von Frankfurt nach Locarno, also etwa 580 Kilometer.

Am nächsten Morgen bauten wir das Zelt ab und setzten unsere Reise fort. Die italienische Grenze überquerten wir schließlich in Como, wo wir uns an der riesigen Grenzanlage mit vorbezahlten Wertkarten für die Autobahnmaut (Viacard) versorgten. Anschließend ging es über Milano weiter nach Parma, das inmitten der landschaftlich reizarmen Poebene liegt und zu den reichsten Städten Italiens zählt. Parma (167.000 Einwohner) vermittelte uns einen ebenso reizarmen Eindruck, obgleich viele Reiseführer anderes berichten. Unser Zelt bauten wir auf einem Campingplatz inmitten der Zitadelle, einer mittelalterlichen und modernisierten Festung auf. Die zentrale Lage des Platzes ließ uns darüber hinwegsehen, dass die Tore der Zitadelle spätabends geschlossen wurden. Wir unternahmen einige ausgedehnte Spaziergänge durch die aufgeräumt und sauber wirkende Stadt, die uns aber nicht so richtig zu gefallen vermochte. Parma ist reich an prächtigen Bauten, wie z.B. dem kampanilebewährten Dom oder dem Baptsterio, doch selbst die Pracht der vergangenen Epochen wirkte schmucklos und trist. Auch den weitläufigen Parco Ducale empfanden wir als eher langweilig, da die Bepflanzung äußerst eintönig war. Zwar gedeihen in Parma noch keine Subtropengewächse, doch etwas mehr als Kastanien, Platanen und Wiesengras hätte es schon sein können. Dafür lässt sich in Parma gut einkaufen; es gibt viele Delikatessenläden, Boutiquen und sonstige Geschäfte. Wir begnügten uns mit zwei Übernachtungen und machten uns auf den Weg nach Pompeji.

Der Großraum Neapel

Bei Parma fuhren wir auf der Autobahn A1 (E35) durch die langweilige Poebene in Richtung Bologna, wo sich am Horizont langsam die Höhenzüge des Apennins zeigten. Kurz vor Bologna biegt die A1 ab und führt an Florenz und Rom vorbei den Stiefel hinab. Die Hauptstadt wird großzügig umfahren, so dass man zwar beim Vorbeifahren nicht viel sieht, dafür vom Verkehrschaos nicht behelligt wird. Ganz anders wird die Situation in der Nähe von Neapel. Hier nahm die Verkehrsdichte in ebenso exorbitantem Maße zu, wie die Rücksichtnahme und Vorsicht der Autofahrer ab.

Der Großraum Neapel erstreckt sich von Neapel bis Sorrent und ist mit 4 Millionen Einwohnern nach Rom der zweitgrößte Ballungsraum Italiens. Die verschiedenen Städte sind miteinander verwachsen, so dass sich das bebaute Stadtgebiet halbkreisförmig am gesamten Golf von Neapel entlang zieht. Dominiert wird die verstädterte Region vom Vesuv, der wegen seiner sprichwörtlichen Explosivität eine größere Gefahr für die Bewohner der umliegenden Orte darstellt, als der wesentlich aktivere Ätna.

Als Ort zum Campen hatten wir Pompeji ausgesucht, da dieses genau in der Mitte zwischen Neapel und Sorrent liegt und mit der Ausgrabungsstätte Pompeji Scavi ohnehin sehenswert ist. Der Campingplatz machte entgegen unseren Befürchtungen einen positiven Eindruck, obgleich sehr viel Betrieb herrschte. Der Platz ist mit vielen Zitronenbäumen bestanden und liegt nur wenige Meter neben der Ausgrabungsstätte und der Bahnstation, von wo aus man mit der Circumvesuviana, einer Regionalbahn, problemlos alle Städte des Ballungsgebietes erreichen kann.


Pompeji Scavi

Es wäre ein ausgedehntes Unterfangen, die in der weitläufigen Ausgrabungsstätte konzentrierten Sehenswürdigkeiten beschreiben zu wollen. Nur so viel: Der Besuch lohnte sich auf alle Fälle, man kann lange Stunden durch die z.T. erstaunlich gut erhaltenen Ruinen der antiken Stadt schlender und dabei immer wieder Neues und Faszinierendes entdecken. An einem einzigen Tag alles sehen oder auch nur angemessen würdigen zu wollen, ist schlechterdings unmöglich. Wichtig bei einer Besichtigungstour ist allerdings, ausreichend Getränke mitzunehmen, denn in der Gluthitze der Sonne steigt der Durst schnell. Und wehe, es gehen dann die Vorräte zu Neige...

Camingplatz Pompeji
Auf dem Campingplatz Pompeji


Pompeji Scavi 1

Gipsabdruck
Gipsabdruck eines Sterbenden und anderes Zeug

Antike Kneipe
An der Theke einer antiken Kneipe

Auf dem Vesuv

Der Hausvulkan Neapels ist der 1.281 m hohe Vesuv, der das Landschaftsbild beherrscht. Seit seinem letzten Ausbruch im Jahre 1944 hat sich der Vulkan zwar nicht mehr gerührt, doch nichts desto trotz ist er in einer äußerst gefährlichen Weise immer noch aktiv und stellt eine erhebliche Gefahr für die Millionen Einwohner in den umliegenden Städten dar. Die trügerische Ruhe des Berges wird durch einen erkalteten Pfropfen auf seinem Magmakern hervorgerufen, das sich, so die Befürchtungen der Vulkanologen, in nicht mehr allzu ferner Zukunft durch eine gewaltige Explosion den Weg ins Freie bahnen könnte. Nicht zuletzt deshalb sollte Pompeji Scavi auch eine Funktion als Mahnmal besitzen.

An unserem zweite Tag in der Region stand der Aufstieg auf den solchermaßen gefährlichen Berg auf dem Programm. Mit der Circumvesuviana fuhren wir in die Stadt Herculaneum, von wo aus viele Busse in Richtung Vesuv starten. Da die Touristik-Busfimen höhere Preise für die Fahrt verlangten, nahmen wir uns ein wenig Zeit und suchten nach einer günstigeren Alternative. Diese fanden wir dann auch in Gestalt eines Busses der städtischen Busgesellschaft, der uns zum ÖPNV-Tarif auf den Berg fuhr. Trotzdem erklärte der Busfahrer unterwegs einige Sehenswürdigkeiten und hielt für Fotoaufnahmen an. Auf halber Höhe stoppte der Bus an der Hütte eines alten Mannes, der lange Zeit im Observatorium gearbeitet hatte und den Vesuv wie seine Westentasche kannte. Er wusste viel zu erklären und hatte ein Buch über den Vulkan geschrieben, das er anbot. Anschließend fuhr der Bus auf den Parkplatz unterhalb der Kraterregion, von wo aus es zu Fuß einen steilen Weg hinaufging. Kurz vor Erreichen der Krater war der Weg durch ein Kassenhaus versperrt und man verlangte eine horrende Gebühr für den Weitermarsch. Äußerst widerwillig zahlten wir. Dafür wurden wir mit herrlichen Ausblicken in den Krater und auf die Gegend um Neapel belohnt.

Auf dem Vesuv
Kraterweg am Vesuv mit Blick auf Neapel

Vesuvkrater
Blick in den Hauptkrater (Durchmesser 600m, Tiefe 216m)

Der Moloch Neapel

Wie viele Dinge hatten wir nicht schon über die Millionenstadt Neapel (1,2 Mio EW) gehört, und wie wenig schmeichelhaft waren all die Informationen über den Gestank, den Müll, das Verkehrschaos und die Straßenkriminalität im süditalienischen Moloch. Da vermochten auch die leicht romantisierenden Vorstellungen von südländischen Bänkelsängern und Pizzabäckern nur wenig trösten, die man zuweilen auch mit Neapel in Verbindung bringt. Ganz wie erwartet, waren auch unsere Erfahrungen mit der Stadt zwiespältig.

Am dritten Tag unseres Aufenthaltes in der Region fuhren wir mit der Circumvesuviana direkt ins Herz der Metropole. Neapel präsentierte sich uns gleich nach dem Verlassen der Stazione Circumvesiana von seiner chaotischen Seite. Tosender Verkehr und ein heilloses Gewimmel von Menschen herrschte vor der Kulisse heruntergekommener Häuser. Und auch roch es ein wenig schal. Zunächst liefen wir auf einen Markt, der sich in den engen Gassen in der Nähe der Piazza Mercato abspielte. Von dort gelangten wir zum Corso Umberto I, einer der großen Magistralen Neapels, an deren Seiten sich viele eher für Frauen interessante Geschäfte befinden. Unsere nach dem Zufallsprinzip geführte Stadtwanderung führte uns anschließend zum modernen Verwaltungsgebäude der Post an der Via C. Battisti. Über die Via Toledo gelangten wir zu einer echten Sehenswürdigkeit, der mittelalterlichen Festung Castello Nuovo. Dort machten wir eine kleine Rast, denn die Wanderung durch die Mittagshitze war nicht ohne Anstrengung verlaufen. Das Castello Nuovo liegt für neapolitanische Verhältnisse sehr malerisch auf einem winzigen Hügel vor dem Meer und bildet in der Tat einen schönen Kontrast zum Sardinenbüchsencharme der übrigen Innenstadt. Von dort führte uns unser Weg zum Hafen, wo wir einen zunächst gefassten Gedanken an eine Fährfahrt zur Insel Capri wegen der hohen Preise wieder verwarfen. Anschließend marschierten wir in Richtung Hauptbahnhof, hinter dem sich Neapel in einer ganz anderen Weise präsentiert. Dort erheben sich in einem modernen Geschäftsviertel anschauliche Wolkenkratzer aus Glas und Beton, die den zweiten Kontrast zum übrigen Neapel bildeten. Über den Corso Garibaldi erreichten wir abschließend wieder die Stazione Circumvesuviana.

Fazit: Neapel ist eine Stadt, die reich an unterschiedlichsten Sehenswürdigkeiten ist, und die einem wirklich interessierten Besucher sehr viel zu bieten hat. Die Kontraste zwischen modernen Stadtvierteln, prächtigen Einzelbauten und der schmuddelig-chaotischen Altstadtgegend können durchaus reizvoll sein. Verkehr, Gestank, Gewimmel und Bausubstanz unterscheiden sich allerdings nicht grundlegend von anderen süditalienischen Großstädten wie etwa Palermo oder Catania. Um sich wirklich wohl zu fühlen, muss der Besucher also derlei Umstände mögen, oder zumindest ihnen gegenüber resistent sein. Auch in Puncto Kriminalität gelten in Neapel die gleichen Vorsichtsregeln, wie anderswo.

Blick auf Palazzo Reale
Blick auf den Palazzo Reale


Altstadtstraße


Blick vom Hauptbahnhof auf die moderne Bürostadt


Noch eine Altstadtstraße


Weit und breit nur Natur im Djurgården

Herrliches Sorrent

Der Golf von Neapel beschreibt einen Halbkreis, an dessen Enden die beiden wichtigsten Städte der Region liegen. Während am nördlichen Ende des Golfes der großstädtische Moloch Neapel wuchert, liegt diesem genau gegenüber am südlichen Ende die Perle Sorrento (17.000 EW). Die Stadt zieht sich über einen steil ins Meer abfallenden Felsabschnitt hin und glänzt durch gepflegte Gärten, üppige Vegetation und ein äußerst ansprechendes Stadtbild. Beim Anblick der schön gelegenen Villen mit Blick über das Meer hinweg nach Neapel kann selbst ein eingefleischter Marxist den leisen Hauch eines Wunsches spüren, Geld zu akkumulieren und sich dort für immer niederzulassen.

Meer vor Sorrent
Blick über das Meer von Sorrent nach Neapel

Im tiefen Süden: Kalabrien

Nach einigen schönen und heißen Tagen am Golf von Neapel bauten wir das Zelt ab und machten uns auf die Weiterreise nach Kalabrien, der südlichsten Region Italiens an der Stiefelspitze. Der Weg dorthin ist immer wieder abenteuerlich, denn die Autobahn führt südlich von Salerno durch die zweithöchsten Gebirgszüge des Apennin. In der Ebene um die Stadt Sala Consilina wurde mit 45 Grad Außentemperatur zudem der Temperaturrekord unserer Reise erreicht. Fasziniert von diesem Wert machten wir eine kurze Rast auf der Autobahnraststätte bei Sala Consilina, schwitzten und schauten über den flimmernden Asphalt. Einige Kilometer hinter der noch in Kampanien liegenden Stadt schraubt sich die Autobahn alsbald in das Massiv des Monte Pollino hinauf, der mit 2.248 Metern die höchste Erhebung des südlichen Apennin ist. Die Straße verläuft durch Tunnels und über Brücken mit schwindelerregenden Aussichten. Am Monte Pollino überquert man schließlich die Grenze nach Kalabrien. Vor Erreichen der Provinzhauptstadt Cosenza führt die Strecke wieder ins Tal hinab, und man erhält einige schöne und aufschlussreiche Blicke auf die modern wirkende Stadt.

Hinter Cosenza schraubt sich die Autobahn in die Berge der Hochebene Sila hinauf und Süditalien erscheint plötzlich im Gewand nördlicher Gefilde. Wüsste man nicht, wo man sich befindet, würde man glauben, im Harz oder gar in Skandinavien zu sein. Wenn es im Winter in den höheren Lagen des Silagebirges schneit, glaubt man sicher nicht einmal mehr den gesicherten Erkenntnissen aus dem Atlas. Je mehr sich der Streckenverlauf dem Meer nähert, desto subtropischer wird die Flora wieder. Auf dem Abschnitt nach Vibo Valnencia erhält man großartige Ausblicke von der zerklüfteten Steilküste auf das Meer hinab. Bei Rosarno verließen wir die baustellengespickte A1 und fuhren auf der Küstenstraße in Richtung Palmi, wo wir einen Zeltplatz aufsuchen wollten. Als wir uns in Rosarno schließlich verfuhren und mit dem Auto beinahe in unglaublich engen Gassen steckengeblieben sind, hielten nach dem rechten Weg befragte Leute kurzerhand den nachfolgenden Verkehr an einer kleinen Kreuzung an, damit wir wenden und dem engen Gassenlabrinth entkommen konnten.

Mafiaort Palmi

Der kleine Ort Palmi (19.600 EW) liegt im südlichen Kalabrien an einer steilen Küste und besteht aus dem Hauptort 220 Meter oberhalb des Meeres und dem Strandvorort Marina di Palmi dirket am Wasser. Der Name rührt angeblich von den dort besonders hoch wachsenden Palmen her, was stimmen kann, aber nicht muss. In Palmi wachsen in der Tat viele Palmen mit stattlichen Höhen, doch darin unterscheidet sich der Ort nicht unbedingt von den anderen Ortschaften in dieser Gegend. Allerdings soll die Kleinstadt ein Zentrum der kalabrischen Mafia sein, wovon wir als Touristen natürlich nichts mitbekommen haben. Nach der Zerstörung durch das verheerende Erdbeben im Jahre 1908 wurde Palmi neu aufgebaut und besitzt kaum mehr alte Bausubstanz. Palmi wirkt zwar sympathisch, allerdings auch ein wenig gesichtslos, was wohl der erdbebensicheren Architektur und Stadtplanung geschuldet ist.

Der Campingplatz San Fantino, auf dem wir für ein paar weitere Tage unser Zelt aufschlagen wollten, liegt inmitten eines Pinienhains auf einem Felsen über der Küste. Die Atmosphäre unter den Nadelbäumen mit dem Blick auf das Meer, wo an Tagen mit guter Sicht die sizilianische Küste zu sehen ist, ist grandios. Der öffentliche Strand ist über eine steile Felstreppe zu erreichen, was nach einem langem Strandaufenthalt unter praller Sonne einen mühsamen Aufstieg zur Folge hat. Der Lido di Palmi fällt im Großen und Ganzen durch nichts besonderes auf, allerdings lässt sich in seiner Umgebung gut und günstig speisen.

Von Palmi aus sind es nur wenige Kilometer bis an die Anfänge des Großraumes von Reggio di Calabria (177.580 EW), der südlichsten Großstadt Festlanditaliens. Die Stadt erstreckt sich über eine Länge von 15 bis 20 Kilometern an der Küste entlang und wirkt wegen des Neuaufbaus nach dem Erdbeben von 1908 modern, aufgeräumt, aber auch gesichtslos. Allerdings soll Reggio die Calabria viel Interessantes und Sehenswertes zu bieten haben, nur hatten wir wenig Zeit und Muße für eine längere Besichtigung.


Auf einem Turm an der Steilküste


Blick über den Lido di Palmi südwärts

Zurück in einer anderen Welt: Pisa

Nach einigen sehr schönen und wegen des ausgedehnten Strandlebens auch entspannenden Tagen auf dem empfehlenswerten Camping San Fantino in Palmi bauten wir unsere Zelt ab und begaben uns auf eine Mammuttour gen Norden. An einem Stück bewältigten wir an die 1.000 Kilometer lange Fahrtstrecke zu unserem letzten Ziel Pisa. Pisa (94.500 EW) liegt etwa 70 Kilometer östlich von Florenz in einer zur Riviera della Versilia abschließenden und langweilig wirkenden Ebene. Sobald man die Autobahn bei Florenz verlassen hat, führt die Landstraße Nummer 67 durch eine immer reizlosere Landschaft, die in Nähe des Meeres anstelle subtropischer Flora von Pappeln und ähnlichen Bäumen beherrscht wird. Auf der Suche nach einem Campingplatz durchquerten wir die Küstenvororte Pisas, die das wenig erbauliche Landschaftsbild durch ein eher billig wirkendes massentouristisches Ambiente noch verstärkten. So besteht Marina di Pisa aus einer Serie aneinandergereihter Campingplätze und abgegrenzter Strandabschnitte. Eine schnurgerade Straße führt durch den tristen Ort, der nur durch die Neonreklameschilder von Schnellimbissen ein wenig Farbe erhält. Schnell gaben wir einen ursprünglich gefassten Gedanken auf, unser Zelt auf einem dieser Campingplätze zu errichten. Stattdessen beschlossen wir, auf dem mitten in Pisa gelegenen Campingplatz Torre Pendente zu nächtigen und nach kurzer Suche fanden wir den Platz recht schnell.

Der Camping Torre Pendente (" Schiefer Turm ") liegt in einer wenig attraktiven und industriegebietsähnlichen Straße, in der man kaum vermutet, dass man nur wenige Gehminuten vom Campo dei Miracoli entfernt ist. Die Ernüchterung über die Verhältnisse im massentouristisch geprägten Norden Italiens war groß angesichts des Kontrastes zum gemütlichen süditalienischen Charme. Der Campingplatz glich einer drögen Massenunterkunft.

Mit Pisa verbinden die meisten Menschen den Schiefen Turm, eventuell auch noch den Dom, das Baptisterium und den Camposanto, also all die aus weißem Marmor gebauten Prachtgebäude des Dombezirks Campo dei Miracoli. Und in der Tat war der erste Anblick der weißstrahlenden Bauten grandios. Es fasziniert dabei nicht so sehr der berühmte Schiefe Turm. Im Vordergrund der Wirkung steht vielmehr das in seiner uniformen Gestaltung beeindruckende Ensemble der gesamten Gebäudegruppe. Weniger faszinierend waren allerdings die Eintrittspreise sowie die Menschenmassen auf dem weitläufigen Gelände. Wir besichtigten das Battistero, den Camposanto und das umfangreiche Museo dell' Opera del Duomo, schauten anschließend kurz bei den unzähligen Souvenirbuden vorbei und verließen das massentouristische Zentrum Pisas in Richtung Stadtmitte.

Der restliche Teil der Stadt wirkte aufgeräumt, beschaulich, gepflegt und schön. Im Unterschied zu den Städten im Süden sieht man Pisa den Wohlstand des Nordens an. So wirkte vor allem der weniger besuchte Teil der Stadt äußerst interessant und auch sympathisch. Am Arno finden sich viele architektonisch sowie auch historisch interessante Gebäude, die jenen auf dem Domplatz kaum nachstehen. Ein Abendessen nahmen wir in einer günstigen Kneipe im Studentenviertel ein, denn Pisa beherbergt außer dem unvermeidlichen Schiefen Turm auch eine große Universität. Während der gesamten Zeit unseres Besuches herrschte ein feuchtwarmes Klima mit Temperaturen über 30 Grad, so dass wir das erfrischende Bad im Meer vermissten. Nach zwei Tagen in Pisa kehrten wir schließlich über Genua, Mailand und die Schweiz nach Hause zurück.


Blick über den Arno von der Ponte Solferino (rechts: Santa Maria della Spina)


Blick vom Baptisterium über den Campo dei Miracoli


Blick von einer anderen Brücke über den Arno



Karte

  • Route Italien


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