Abschnitt 2: Kambodscha - Siem Reap, Angkor Wat

Weitere Fotos am Ende der Seite

Von Poipet nach Siem Reap


Poipet: Tor nach Kambodscha
Allzu viel Informationen haben auch eine Kehrseite: Sie können den Reisenden gehörig verunsichern. Über den Grenzübertritt nach Kambodscha steht in Reiseführern und im Internet allerlei Beunruhigendes geschrieben. Der Tenor all dieser Berichte ist, dass die Stadt Poipet einer der hässlichsten Orte Asiens ist und keinesfalls mit dem übrigen Kambodscha verglichen werden darf. Zudem soll die Einreise nach Kambodscha sowie die Weiterreise nach Siem Reap eine mafiöse Begenung der höheren Art sein, bei der sich der Reisende durch Spaliere von Schleppern und Betrügern kämpfen muss, die ihm falsche Visapapiere, überteuerte Taxifahrten und alles mögliche andere andrehen wollen. Und zu guter letzt seien die kambodschanischen Grenzbeamten hochgradig korrupt.

Um mögliche Ärgerquellen schon im Vorfeld zu minimieren, haben wir uns vor der Reise E-Visa besorgt. Diese kann man auf einer Internetseite der kambodschanischen Regierung beantragen, wobei neben den Passdaten auch ein Passbild auf den Server in Phom Penh geladen werden muss. Nach einer Zahlung per Kreditkarte erhält man eine PDF-Datei zum Ausdrucken und zur Vorlage an der Grenze. So gewappnet, würden wir uns zumindest die Visaschlepper vom Hals halten können.

Als wir nach ein knappen Stunde Fahrt die Stadt Aranyaprathet und danach den Grenzmarkt erreichen, sind wir auf das Schlimmste eingestellt. Schwitzend schleppen wir uns und unser Gepäck zum thailändischen Immigration-Büro, um auszureisen. Die Ausgangstür mündet direkt ins Niemandsland zwischen den beiden Staaten. Es herrscht ein reger Grenzverkehr; vor allem Kleinhändler transportieren ihre Waren auf Mofas, Handkarren oder Kleinlastwagen. Ein wenig orientierungslos tapern wir über die staubige Straße, dabei immer bemüht, uns gerade das nicht anmerken zu lassen. Schließlich stehen wir vor dem Torbogen, der das kambodschanische Territorium markiert. In einem sehr unscheinbaren Häuschen befindet sich die Passstelle, in der kaum etwas los ist. Die Einreiseprozedur verläuft dank unserer E-Visa reibungslos und auch von den gefürchteten Schleppern ist noch niemand zu sehen.


Gas-Tankstelle in Poipet
Poipet sieht bei weitem nicht so schlimm aus, wie es vielerorts dargestellt wird. Besonders fallen die großen Hotel- und Casinobauten auf, die vor allem für thailändische Besucher errichtet worden sind. In Thailand ist Glücksspiel verboten, und so hat man sich hier eine lukrative Einnahmequelle erschlossen. Zwischen den Hochglanzbauten befinden sich die Läden der Einheimischen, die in landestypischer Art eher einfachen Holzverschlägen gleichen, in und vor denen allerlei Waren gelagert werden. Der offensichtlichste Unterschied zu Thailand ist der schlechte Zustand der Straßen sowie der überall herumliegende und in der Tropensonne stinkende Müll. Noch bis weit in die 1990er Jahre hinein wurde das Städchen Poipet von Truppen der Roten Khmer heimgesucht, die sich hier mit der Regierungsarmee blutige Gefechte lieferten. Erst nach ihrem Ende und der Öffnung des Grenzübergangs für ausländische Touristen im Jahre 1998 begann Poipet regelrecht zu boomen.

Spaß mit Poipets Taxiunft


Platz in Poipet
Als wir am zentralen Kreisverkehr ankommen, der so etwas wie die Stadtmitte Poipets darstellt, treffen wir auf die ersten Taxi-Schlepper. Außer den glücksspielenden Thais bleibt in aller Regel kein Ausländer ohne Not länger in der Grenzstadt. Die allermeisten wollen weiter nach Siem Reap, einige wenige auch in südliche Richtung nach Battambang. Man ist also auf Transportmittel angewiesen, von denen eine Reihe zur Auswahl stehen. Am billigsten ist die Fahrt mit einem Überlandbus, allerdings gibt es dabei jede Menge Abzockfallen für unbedarfte Reisende. Nebenbei ist die Busfahrt sehr ungemütlich, da sich die 140 Kilometer Straße zwischen Poipet und Siem Reap in einem haarsträubenden Zustand befinden. Wir entscheiden uns für die bequeme Alternative, das Taxi.

Die Schlepper dieser Transporteurgilde verfolgen uns auf Schritt und Tritt. Sie raunen uns ihre Preise ins Ohr, während wir sie zu ignorieren versuchen. So gehen wir bei sengender Sonne einen knappen Kilometer über die Hauptstraße Poipets, immer in der Hoffnung, einen rettenden Ausweg zu finden und immer in Begleitung einer Traube von (allerdings asiatisch netten) Schleppern. Die Preise der Taxifahrer sind für Barangs naturgemäß recht hoch. Je weiter wir uns vom Kreisverkehr fortbewegen, desto kleiner werden genannten Zahlen. Irgendwann reicht es uns und wir kommen mit einem sympathischen Taximann ins Geschäft. Für immer noch recht stolze 35 US$ steigen wir bei ihm ein und vereinbaren zusätzlich, in Siem Reap bis direkt vor das Hotel gebracht zu werden. Bevor es los geht, muss der Mann sein Fahrzeug vom Typ Toyota Camry noch mit Gas betanken - das ist billiger als Benzin. Das Betanken mutet abenteuerlich an und würde einem deutschen Sicherheitsbeauftragten die Tränen in die Augen treiben. Mit nach Gas riechendem Innenraum düst der Fahrer los nach Siem Reap.


Auf der Nationalstraße 6
Die Fahrt über die Nationalstraße 6 verläuft abenteuerlich. Angeblich zählt sie zu den schlechtesten Straßen Asiens. Ihr erbärmlicher Zustand hängt damit zusammen, dass sie zu Zeiten des Bürgerkrieges ein Transportweg für schweres militärisches Gerät war. Zudem bestand ohnehin keine allzu große sonstige Nachfrage nach Reisen in die von den Roten Khmer terrorisierten Gebiete nahe der thailändischen Grenze. Pol Pots Schlächtertruppen operierten sogar von thailändischem Territorium aus und mit Billigung / Unterstützung der dortigen Regierung - ein wenig rühmliches Kapitel der thailändischen Politik.

Kaum verlassen wir Poipet, hüllt uns dichter weißer Staub ein, weil der Kiesschotter knochentrocken ist. Ab und an fahren deswegen Tankwagen über die Straße und sprühen Wasser aus. Es gibt Myriaden von Schlaglöchern, manchmal auch üble Bodenwellen. Insgesamt kommen wir aber gut voran; in der Regenzeit mag das aber ganz anders aussehen. Überall sind Baustellen, auch stehen bereits Brückenrohbauten. Untrügliche Zeichen, dass die kambodschanische Regierung bestrebt ist, diese berüchtigte Straße auch in Hinblick auf den Touristenmagneten Siem Reap zu asphaltieren.

Davon einmal abgesehen muten die ersten Kilometer in Kambodscha wie der Eintritt in eine fremde Welt an. Nicht nur die Straßenqualität unterscheidet sich eklatant vom thailändischen Standard. Auch die Dörfer sehen vollkommen anders aus. Auf rötlichem Lehmboden stehen grauschwarze Stelzenhäuser, die häufig dürftig zusammengezimmerten Bretterverschlägen gleichen. Das Leben spielt sich auf dem Lehmboden davor ab, hier verkaufen die Menschen Waren, treffen sich und parken ihre allpräsenten Mofas. Zwar handelt es sich bei den Stelzenhäusern um traditionelle Khmer-Wohnhäuser (Khmer = Kambodschanische Einwohner), in ihrer Bauweise spiegelt sich jedoch die bittere Armut wieder, die in Kambodscha herrscht.


Khmer-Dorf an der RN6 hinter Sisophon


Siem Reap


Pool im idyllischen Golden Banana Hotel
Sisophon, die erste Stadt im kambodschanischen Innenland, sieht auch nicht viel besser aus als Poipet, eher noch heruntergekommener. Abgesehen vom neuen Universitätsgebäude vor ihren Toren stehen die überwiegend hölzernen Bauten der Khmer auf rötlichbraunem Lehmboden. Die Straßen haben keinen Belag und trockener Staub wirbelt durch die Luft. In Sisophon trennen sich die Wege nach Siem Reap und Battambang. Reisende nutzen den Ort nur als Umsteigestation, auch hier bleibt niemand länger, als nötig. Anschließend geht es für Stunden weiter durch die zentralkambodschanische Ebene. Bis nach Siem Reap verändert sich die Landschaft kaum: So weit das Auge reicht, erstrecken sich platte Reisfelder bis zum Horizont. Vereinzelte Zuckerpalmen lockern das Bild dieser hitzeflimmernden Einöde nur wenig auf.

Nach über vier Stunden Rüttelfahrt wird diese reduzierte Landschaft von veritablen Hotelbauten unterbrochen. Gleich darauf hält der Fahrer am Tuk-Tuk Stand von Siem Reap, ganz entgegen unserer Abmachung. Er dürfe aus irgendwelchen Gründen nicht in die Stadt hineinfahren, meint er. Die Weiterfahrt zum Golden Banana Hotel sei aber kostenlos. Wir glauben ihm und steigen um. Möglicherweise stimmt etwas mit seiner Lizenz nicht oder in der Stadt wohnen böse Geister. Wie dem auch sei, das Tuk-Tuk fährt uns in Richtung Innenstadt und damit weg von den unschönen Hotels, die sich bereits in der Nähe der Zufahrt zu Angkor Wat befinden. Wir werden es dorthin etwas weiter haben, dürfen dafür aber auch in der Altstadt von Siem Reap logieren - eindeutig die bessere Wahl.


"Barbecue-Meile" in der Altstadt von Siem Reap
Das  Golden Banana Hotel liegt in unmittelbarer Nähe von Wat Damnak, einer buddhistischen Tempelanlage fast mitten in der Barbecue-Meile der Stadt. Hier reiht sich ein Restaurant an das nächste, bis spät in den Abend werden hier einfache Grillgerichte serviert. Über eine winzige Seitenstraße erreichen wir unser Hotel, das trotz der seiner innerstädtischen Lage eine sprichwörtliche Oase der Ruhe ist. Nach nervigem Grenzübertritt und Taxifahrt wirkt der aufmerksame Service des Personals wahre Wunder. Unser Zimmer mit Balkon über dem Pool ist paradiesisch und die komplette Anlage des kleinen Hotels ruft laute Begeisterungsstürme hervor. Besser kann man für um die 50 US$ (und sicher auch viel mehr) kaum unterkommen, ein unbedingt empfehlenswertes Hotel!

Siem Reap (sprich: Simm Rehapp) ist mit knapp 100.000 Einwohnern die viertgrößte Stadt Kambodschas. Und dank der Tempelanlangen von Angkor auch das unbestrittene Tourismuszentrum des Landes. Seitdem sich der Staub des Bürgerkrieges ein wenig gelegt hat und der Tourismus dezent wächst, befindet sich Siem Reap samt der Angkortempel auf Platz Eins der Besucherziele. Die meisten ausländischen Touristen beschränken sich allerdings auf Siem Reap und verlassen das Land im gleich darauf - zu groß sind noch die Vorbehalte wegen Kambodschas Bürgerkriegsimage und seiner Landminenplage. Dennoch bieten mittlerweile selbst große Tourismuskonzerne Pauschalreisen zu den Angkortempeln, ein untrügliches Zeichen dafür, dass es in Sachen Tourismus bergauf geht - mit allen negativen Konsequenzen für Land und Menschen.

Schon heute stehen die Zeichen im Zentrum Siem Reaps unverkennbar auf Tourismus. Um den Psah Chah (Alter Markt) herum haben sich Bars, Souvenirläden, Internetcafés, Kunsthandwerksläden und Massagesalons auf die Bedürfnisse der westlichen Besucher eingestellt. Die Restaurants werben mit bebilderten Speisekarten, Animierleuten und Happy-Hours um Kundschaft, das Preisniveau ist oft entsprechend hoch. Einige Innenstadtgassen sind schon derart mit schreierischen Discos, Szeneläden und Neonreklame vollgepflastert, dass unweigerlich Assoziationen an den billigen Tourirummel europäischer Metropolen aufkommen - inklusive dem unverzüglichen Fluchtreflex.


Der Siem Reap River
Dieser Verlust an Ursprünglichkeit ist zweifellos zu beklagen und zeigt deutlich, dass Konzepte eines sanften und nachhaltigen Tourismus dringend Not tun. Dies auch, weil Siem Reaps unmittelbare Vergangenheit von der Gewalt der Roten Khmer geprägt ist. Nach der Vertreibung Pol Pots Schlächtertruppen durch die Vietnamesen suchten diese als Guerilliatruppen aus dem nahen Dschungel die Stadt immer wieder heim. Noch 1993 überfiel ein Batallion der Roten Khmer Siem Reap, wobei es zahlreiche Opfer zu beklagen gab. Heute ist von all dem nichts mehr zu spüren, Siem Reap hat sich vielmehr zu einem geschäftigen Ort entwickelt, in dem es Touristen an nichts mangelt.

Trotz mancher Auswüchse des Tourismus ist Siem Reap ein insgesamt angenehmer und sympathischer Ort. Im Unterschied zu vielen anderen kambodschanischen Städten wirkt das Straßenbild im wesentlichen sauber und ansprechend. Nur vereinzelte Bettler, meist Minenopfer, erinnern an die bittere Armut, die in Kambodscha immer noch herrscht. Dieser begegnen wir auch auf einer Fahrradfahrt entlang des Siem Reap Flusses in Richtung der Tempelanlagen. Kaum ist das Stadtzentrum vorbei, stehen an beiden Flussufern heruntergekommene Stelzenhäuser im trüben Wasser. Hier wohnt man und betreibt kleine Geschäfte. Müll liegt herum und schwimmt im Fluss - der Unterschied zum touristischen Siem Reap ist eklatant.


Siem Peaps Innenstadt bei Abend



Angkor Wat


Die Tempelanlagen von Angkor


Vishnu-Statur am Tempeleingang
Um es vorweg zu nehmen, ich werde an dieser Stelle nicht über die historischen Details der Tempelanlagen von Angkor berichten. Nur so viel: Von 800 bis Mitte des 14. Jhd nuZ war das Angkorreich eine zentrale und mächtige Hochkultur im damaligen Südostasien. Auf Basis eines fortschrittlichen Bewässerungssystems, unterstützt vom jährlichen Monsun und dem wechselnden Wasserstand des großen Tonle Sap Sees, konnten die Reiserträge um ein Vielfaches gesteigert werden. Diese Lebensmittelüberproduktion bildete die Grundlage der Hochkultur sowie ihrer politisch-religiösen Führung. Der prozentuale Anteil von Landwirtschaftsarbeitern sank, Kapazitäten wurden frei für die Aufstockung der Armeen, Priesterschaften und Arbeiterheere. Letztere wurden zur Errichtung der repräsentativen Tempelanlagen eingesetzt, die Armee zur Verteidigung gegen das benachbarte Siam-Reich.

Das Angkorreich nahm im Jahre 802 mit Gottkönig Jayavarman II seinen Anfang. Gemäß den hinduistischen Götter- und Heldenepen Ramayana und Mahabharata mussten Jayavarman und seine Nachfolger ihre absolutistische Überlegenheit stets aufs Neue beweisen, etwa durch Kriegserfolge, soziale und administrative Überlegenheit oder sexuelle Potenz. Ihrem Names-Suffix varman (Khmer: Schild) zufolge waren Angkor-Könige ebenso dem Schutz ihrer Untertanen verpflichtet.

Die Anlage des ersten baray, eines Bewässerungsbeckens, fand unter Indravarman (877 - 889) statt, womit der König nicht nur den Grundstein für ein fortschrittliches Bewässerungssystem gelegt, sondern auch sich selbst in die Nähe des Fruchtbarkeitsgottes Shiva gerückt hat. Angkor, was soviel wie Stadt oder nach einer Sanskrit-Wurzel sogar "heilige Stadt" bedeutet, war die Hauptstadt des damaligen Khmer-Reiches. Dies allerdings vor allem in religiös-ritueller Hinsicht, denn einige der Angkor-Könige hatten ihren Regierungssitz außerhalb Angkors. Jeder Herrscher fügte Angkor neue Tempel- und Regierungsbauten hinzu; besonders erwähnenswert ist Surayavarman II (1113 - 1150), der das Angkorreich in seine Blüte führte und Angkor Wat errichtete. Nach seinen Tod verfiel das Reich in ein Chaos, aus dem es Jayarvarman VII erlöste. Er errichtete Angkor Thom und machte es zur Hauptstadt, mit dem Bayon als Zentrum. Nach seinem Tod schlitterte das einst so mächtige Angkorreich seinem Untergang entgegen. Nach einer Besetzung durch die Thais gaben die Khmer die Stadt Angkor im Jahre 1431 schließlich auf.


Im Innenhof
Angkor Wat gilt als größte sakrale Anlage der Erde. Das von König Suryavarman II Mitte des 12. Jahrhunderts errichtete Bauwerk wurde dem Hindugott Vishnu geweiht und sollte dem Monarchen als Grabmal dienen. 37 Jahre lang dauerte die Bauphase der Tempelanlage, die damals nur Priestern, hohen Beamten und dem König vorbehalten war. Die gewöhnlichen Leute wohnten um den Prunkbau herum in hölzernen Stelzenhäusern, ähnlich wie sie es heute noch tun. Angkor Wat ist eine Nachbildung des Universums getreu der hinduistischen Mythologie. Die umgebenden Wassergräben entsprechen dem Urmeer, aus dem schließlich die markanten Türme als Sitz der Götter herausragen. In späteren Zeiten fand eine schleichende buddhistische Umwidmung der Anlagen statt, so dass diese heute von vielen buddhistischen Mönchen und Pilgern besucht und gepflegt wird.


Einer der Innenhöfe
Wir haben uns Fahrräder vom Typ "chinesisches Damenrad" ausgeliehen und radeln am späten Nachmittag zu einer ersten Besichtigungstour los. Der Weg ist einfach zu finden; in Siem Reap folgen wir einfach dem Fluss, dann sorgen unübersehbare Schilder für die Orientierung. Bevor es in die Tempel geht, müssen noch Eintrittkarten gekauft werden. Die Kassenstation liegt an der Zufahrtsstraße nach Angkor Wat, die ein öffentlicher Verkehrsweg ist und als solcher keinen Eintritt kostet. Wir entscheiden uns zum Kauf eines Dreitagestickets zu stolzen 40 US$ pro Nase. An der Kassenstation fotografiert man uns und druckt unsere Konterfeis auf die Eintrittskarten - auf diese Weise kann jeder Kontrolleur nachvollziehen, dass wir bezahlt haben. Um eine Menge Geld ärmer radeln wir weiter, in der Ferne ragen schon die gigantischen Tempeltürme über die Baumkronen. Links und rechts der Straße informieren zuweilen Schilder darüber, dass hier Minenfelder lagen, die in internnationaler Zusammenarbeit geräumt wurden.




Abendliche Schattenspiele in den Galerien. Die Buddhafiguren wurden von den Roten Khmer enthauptet.
Am Tempel angekommen, parken wir unsere Leihräder auf einem bewachten und kostenpflichtigen Parkplatz ab. Sofort werden wir von Kindern umringt, die uns mehr oder weniger aufdringlich Postkarten, Bücher und Wasser verkaufen wollen. Wir schütteln sie ab und betreten den Tempel. Mittlerweile ist es später Nachmittag und die Sonne steht tief im Westen - das ideale Licht für eine Besichtigung Angkor Wats. Das tiefe Sonnenlicht verleiht der Anlage eine beinahe unwirkliche Aura. In den Galerien scheint es durch die Fenster und malt stimmungsvolle Schattenbilder. Hier stehen Buddhastaturen ohne Kopf. Die Roten Khmer haben sie enthauptet und ihre Köpfe zur Devisenbeschaffung ins Ausland verkauft. Ansonsten blieben die Tempel von ihrer sinnlosen Zerstörungswut verschon, da sie historische Symbole für die politische Macht des Khmerreiches sind.

Weil keine Hochsaison mehr herrscht, hält sich der Besuchrandrang in Grenzen. Was nicht heißt, dass nicht viel los wäre, doch von ganzen Busladungen von Besuchern, die gerade wegen des stimmungsvollen Abendlichts angekarrt werden, ist nichts zu sehen. So lassen wir Angkor Wat auf uns wirken und radeln anschließend zurück ins Hotel. Obwohl das größte sakrale Bauwerk der Welt, sind ein bis zwei Stunden ausreichend Zeit für eine Besichtigung - sofern man sich nicht als Fachkundiger für die Details der riesigen Wandreliefs interessiert. Dank unserer Dreitageskarte haben wir noch genug Zeit für Tempelerkundungen.

Die weiteren Tempel


Rulous-Gruppe: Lolei
Am nächsten Morgen geht es schon früh los zur Tempelbesichtigung. Diesmal nicht per Rad, sondern auf einem Tul-Tuk, das wir für 30 US$ einen ganzen Tag gemietet haben. Das ist nötig, weil die Tempel von Angkor auf einem riesigen Areal verstreut liegen, einige von ihnen zehn und mehr Kilometer entfernt von Siem Reap. Im folgenden einige kurze Eindrücke von unseren Besichtigungen:

Roluos-Gruppe:

Die Tempel der Ruluos-Gruppe liegen 13 Kilometer außerhalb der Stadt und in entgegengesetzter Richtung von Angkor Wat an der Landstraße nach Phnom Penh. Historisch zählen sie zu den frühesten Bauwerken der Angkor-Ära. Lolei ist ein wenig sehenswerter Steinhaufen, der nur noch entfernt an einen Tempel erinnert. Auf dem Gelände wohnen einige Mönche; hier steht auch ein buddhistischer Wat (aus neuerer Zeit) mit sehenswerten Wand- und Deckengemälden. Die quadratische Anlage des Bakong dagegen wurde vollständig wiederaufgebaut und beeindruckt durch ihre Geometrie. Bakong liegt inmitten tropischer Vegetation und wirkt auf den ersten Blick angenehm exotisch. Auf Treppen kann man hoch hinauf steigen und die Aussicht über die umgebenden Reisfelder genießen. Preah Ko ist so sehr zerfallen, dass wir auf eine Besichtigung verzichtet haben. Insgesamt ist die Rulous-Gruppe wenig ergiebig und sollte - auch wegen ihrer Abgelegenheit - nur bei ausgeprägtem historischen Interesse besichtigt werden. Ansonsten kann man seine Zeit besser für die großen Haupttempel aufsparen.


Rulous-Gruppe: Bakong


Ta Prohm


Ta Prohm: beliebtes Touri-Fotomotiv
Bekannt aus einigen Kinofilmen (Indiana Jones, Tomb Raider) und vielen Reiseberichten zieht Ta Prohm jede Menge Besucher an. Die Anlagen wurden nach ihrer Entdeckung in ihrem ursprünglichen Zustand belassen, was man boshaft auch als fehlenden Wille zum Wiederaufbau interpretieren kann. Die Tempel wurden 1186 von Jayavarman VII erbaut und sind heute vor allem wegen ihres bizarren Zerfallzustandes bekannt und beliebt. Urwaldbäume (Kapokbaum und Würgefeige) wachsen aus und über die Ruinen, womit sie der Szenerie eine gespenstisch-exotische Aura verleihen. Allerdings teilt man diese Atmosphäre mit vielen anderen Besuchern, worunter sie zweifellos leidet. Es ist also mitnichten so, dass man auf privater Entdeckungstour durch einen einsamen Dschungel streift und verwunschene Tempelruinen findet. Vielmehr bewegt man sich zusammen mit einem Pulk an Leuten zu den großen Würgefeigen und versucht, ein Foto davon zu machen, ohne den Mob vor die Linse zu kriegen. Trotzdem ist Ta Prohm ausgesprochen sehenswert.


Ta Prohm: Würgefeige und Ruinen


Preah Khan


Mystisch: Preah Khan
Preah Khan wurde Ende des 12. Jahhunderts von König Jayavarman VII erbaut und erstreckt sich über eine Fläche von nicht weniger als 50 Hektar. Zwar wirkt auch dieser Tempel vergleichsweise zerfallen, birgt aber eine schier unerschöpfliche Fülle an Entdeckungen. Hier faszinieren weniger die großen spektakulären Dinge, sondern vielmehr die unzähligen kleinen Details. Vom schmalen Mittelgang aus kann man kleine Seitengänge erkunden und den Blick über die gut erhaltenen und ausgedehnten Flachreliefs an den Wandresten schweifen lassen. Alles in allem wirkt Preah Khan im Inneren etwas labyrinthisch, was den Besuch dieses Tempels sehr spannend macht. Sein Zentrum bildet ein kleiner Raum mit einer Stupa aus dem 16. Jahrhundert, die im schummrigen Licht des Räucherstäbchennebels eine mystische Aura umgibt - sofern sie nicht gerade von einer koreanischen Besuchergruppe umringt wird. Der World Monument Found kümmert sich zurzeit um die Restaurierung der Anlagen.


Preah Khan: Reliefs über Reliefs


Angkor Thom


Angkor Thom: Bayon
Das Lächeln der Khmer, heißt es, liege auf den Lippen der gigantischen Steingesichter von Angkor Thom. Aber auch, wenn man anstelle eines Lächelns die eher verbissen zusammengekniffenen Lippen unheilvoll dreinblickender Geisterköpfe ausmacht, ist der hoch aufragende Bayon Tempel eine unvergessliche Sehenswürdigkeit. Leider teilt man ihn in aller Regel mit größeren Besuchergruppen; und auch die Essensbunden, Souvenirstände und Parkplätze künden von der Popularität der Anlage. Bayon ist der Haupttempel Angkor Thoms. Letzteres bedeutet soviel wie "große Hauptstadt" und besteht als solche aus vielen Bauelementen, die sich über eine riesige Grundfläche verteilen. Um 1200 wurde sie von Jayarvarman VII errichtet und stellte eine befestigte antike Großstadt dar, die von Priestern, Beamten und Militärs bewohnt wurde.

Zentraler Besuchermagnet Angkor Thoms ist der Bayon, ein wie ein riesiger Felsklotz aufragender Tempel, der in seinem Inneren jede Menge Sehenswertes birgt. Besonders die über 200 in den Stein gemeißelten Gesichter faszinieren wohl schon seit Jahrhunderten die Tempelbesucher. Insgesamt bietet Angkor Thom genügend Sehenswertes für einen ganzen Tag, wobei man sich je nach Zeitbudget und Interesse auf den Bayon konzentrieren kann. Wem nach ein wenig Besinnung im Trubel ist, kann sich vor der Buddhastatur Preah Ngok niederlassen und über sein künftiges Besichtigungsprogramm meditieren.


Lächeln oder Stirnrunzeln?










Vorheriger Abschnitt Nächster Abschnitt

Karte

  • image

    Kambodscha


Alle Inhalte © Frank Spatzier 2008