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Die kleine Mecklenburg - Runde (Oktober 2006)

Etappe 2: Wismar - (Groß Strömkendorf - Insel Poel) - Wismar - Dorf Mecklenburg - Bad Kleinen - Seehof

Strecke: 76,51 Km    Steigung Ges.: 278 m    Gefälle Ges.: 241 m    Alt Max: 76 müNN    V Av: 15.1 Km/h    VMax: 35,1 Km/h


Morgenlicher Blick auf Wismar
Am Morgen ging es über Flimstorf und Hoben nach Wismar. Der Wind hatte stark zugenommen und wehte aus Nordosten, also mir im wesentlichen entgegen. Hoben, das erste zu Wismar gehörende Dörfchen, ist ein altes Fischerdorf mit reetgedeckten Häusern und Sandstraßen. Hier führt der Radweg an die Küste, wo er über einen kleinen Damm und durch lichte Wäldchen in die Stadt geführt wird. Vorbei an Kleingartenanlagen und den unübersehbaren Werftgebäuden gelangt man in einen innerstädtischen Park und schließlich ins historische Zentrum und zum Hafen.

Die Hansestadt Wismar (45.000 EW) liegt strategisch günstig an einem Naturhafen am Ende der Wismarbucht. Dort befinden sich umfangreiche und weithin sichtbare Werft-, Hafen- und Industrieanlagen. Oberhalb des Hafens liegt die Altstadt, die mit ihren Giebelhäusern und Kirchen komplett unter Denkmalschutz steht. Besonders sehenswert sind die St. Nikolai Kirche (mit 37 Meter hohem Schiff), das Schabbelhaus und der "alte Schwede". Durch das Wassertor, dem letzten erhaltenen Stadtor, schob ich das Rad in die Altstadt und bummelte ein wenig durch die anheimelnden Gassen.

Wismar - Fauler See - Redentin - Fischkaten - Größ Strömkendorf - Fährdorf auf Poel - Wismar


Fachwerkhaus am Wismarer Wassertor
Nach einer kurzen Runde durch Wismars Altstadt folgte ich dem auch in der Stadt gut ausgeschilderten Ostee-Radweg in Richtung Norden, um zur Insel Poel zu gelangen. Am Ortsausgang führt der Ostee-Radweg (übrigens entgegen der Angaben auf meiner Radkarte) durch beachtliche Industriegebiete, wo der Blick entlang der Osttangente auf ebenso beachtliche Großbaustellen fällt.

Irgendwann gelangte ich über einen Schotterweg fast in die unmittelbare Nähe der Küste und an den Faulen See, einen schilfbestandenen Teich, auf dem unzählige Enten vor sich hin dösten. Der herbe Charakter des Küstenstrichs kann bereits als ein Vorgeschmack auf das Erscheinungsbild der Landschaft am nördlich anschließenden Salzhaff gewertet werden, womit sich die Gegend von der eher grünen Küstenregion um die Lübecker und Wismarer Bucht unterscheidet.


Blick auf die Insel Poel
Über einen kleinen Asphaltweg erreichte ich schließlich Redentin-Fischkaten, wo ich von einer Fischräucherei in arge Versuchung geführt wurde, aber widerstehen konnte. Leider musste ich hier den Fuß- und Radweg verlassen und auf eine stärker befahrene Landstraße überwechseln, die anfangs auch keinen begleitenden Radweg besaß. Der Gegenwind blies hier besonders stark, was angesichts des Verkehrs eine größere Konzentration erforderte, um nicht zu weit in die Fahrbahnmitte abgetrieben zu werden.

In Groß Strömkendorf zweigt eine Straße auf die Insel Poel ab, die man über einen Damm erreicht, der über sumpfige Feuchtwiesen führt. Hunderprozentigen Inselstatus erhält Poel erst durch eine fünf Meter breite Unterbrechung des ansonsten durchgängigen Damms, dank derer Poel vollständig von Wasser umschlungen ist. In Fährdorf, der ersten Siedlung auf der Insel, kehrte ich wieder um, da ich wegen des starken Windes keine Lust mehr hatte, die Insel genauer zu erkunden. Poel möge mir das bitte nachsehen. So radelte ich wieder zurück nach Wismar und schaute mir lieber die prächtige Altstadt ein wenig intensiver an.


Fußgägngerzone in Wismar

Wismar, dessen Altstadt gemeinsam mit der von Stralsund von der UNESCO als Weltkulturerbe aufgenommen wurde, bietet ein angenehmes Ambiente zum Bummeln und Besichtigen. Das liegt mitunter auch daran, dass die Stadt mit ihren knapp 45.000 Einwohnern nicht sehr groß ist und sich so eine Portion mehr an Beschaulichkeit bewahren konnte. Außer einem sehr gut erhaltenen mittelalterlichen Stadtbild besitzt Wismar zudem den größten Marktplatz Norddeutschalands sowie der gesamten Ostseeküste.

Ich bummelte ein wenig durch die Gassen, auch in der Hoffnung, dabei den Elbe-Ostsee-Radfernweg zu finden, den ich in Richtung Schwerin weiterfahren wollte. Auf der Fußgängerzone veranstaltete eine Gruppe von Pseudo-Indianer-Straßenmusikanten einen derart unsäglichen Lärm, dass ich schleunigst weiterzog. Bis heute ist mir ein Rätsel, weshalb eine beachtliche Menge von Leuten stehenblieb und zuhörte. Aber wer sich die Charts so anhört, den wundert wiederum garnichts mehr.

Meinen Radfernweg fand ich schließlich an den südlichen Ausfallstraßen der Stadt (Richtung Lübow). Der Radweg verließ alsbald die Landstraße und führte anschließend durch die Felder. Die Oberflächenqualität war zuweilen haarsträubend. Ersatzweise hätte ich die B106 beradeln können, was mir aber auch nicht allzu einladend vorkam.

Wismar - Dorf Mecklenburg - Hohen Viecheln - Bad Kleinen - Wiligrad - Seedorf (Schwerin)


Heruntergefallene "Äste" bei Moltow
In dem unscheinbaren Dorf Mecklenburg befindet sich nichts Geringeres, als die Wiege Mecklenburgs. Vor über 1000 Jahren stand dort die Mikilinborg, die Stammsitz der slawischen Obotritenfürsten war und auf der Sachsenkönig Otto III eine Urkunde unterzeichnete, in der der Name Mecklenburg ein erstes Mal auftauchte. Heute ist von der Burg nicht mehr viel übrig, man soll ihre Reste aber einen halben Kilometer südlich der Dorfkirche noch ausmachen können.

Trotz dieser historischen Tatsachen sah ich von Dorf Mecklenburg lediglich eine kleine Straße in Bahnhofsnähe, auf der neben einem Miniatur-Plattenbau ein Supermarkt war, den ich zum Kurzeinkauf nutzte. Aus einem Fenster im Plattenbau drang so laute wie üble 80-er Jahre Popmusik, und auch sonst wirkte dieser Teil des Örtchens eher trist und heruntergekommen. Ohne die Reste der Slawenburg zu suchen, radelte ich auf die Landstraße nach Olgashof, weil ich keine Lust hatte, vom Fernradweg wieder über Acker- und Schotterwege geleitet zu werden. So ließ es sich auf der verkehrsarmen Allee auch gut radeln, wäre nicht der stürmische Wind gewesen, der mit Vorliebe von Vorn blies.

Nach einer Weile erreichte ich mit Hohen Viecheln die Nordspitze des Schweriner Sees. Über eine gut ausgebaute Straße mit knappen 100 Metern Witz-Fahrradweg radelte ich nach Bad Kleinen, das durch den desaströsen Einsatz der GSG 9 im Juni 1993 traurige Berühmtheit erlangte. Damals wurde das RAF Mitglied Wolfgang Grams bei einer Schießerei getötet, als ihn die Beamten der Sondereingreiftruppe gemeinsam mit Birgit Hogefeld und V-Mann Wolfgang Steinmetz festnehmen wollten. Die genauen Todesumstände sind bislang ungeklärt; entgegen der offiziellen Darstellung sprechen einige Indizien für eine gezielte Tötung Grams' durch GSG9 - Beamte, nachdem dieser eine Schießerei eröffnet und den Beamten Newrzella erschossen hatte.

Davon mal abgesehen, wirkte Bad Kleinen bei der Durchfahrt eher trist. Ich fragte mich, mit was es den Zusatz "Bad" verdient hat, denn wie ein Kurort wirkte die öde Kleinstadt kaum.


Blick über den Schweriner See
Weiter gings abseits der Straße über einen geteerten Radweg in Richtung Lübstorf. Bei Wiligrad fiel mein Blick auf das gleichnamige Schloss, das zu DDR-Zeiten noch geheimes Polizeiobjekt und in keiner Landkarte verzeichnet war. Heute ist hier ein Kunstverein ansässig, was man an den vielen Skulpturen im Schlossgarten deutlich ablesen kann. In Lübstorf führt der Radweg wieder an die Landstraße. Über hügeliges Gelände erreichte ich kurz darauf Seehof, dem letzten Kaff vor dem Schweriner Stadtgebiet und Sitz des Ferienpark Seehof, wo ich mein Zelt aufschlagen wollte. Doch zuvor galt es, mich in einem Laden mit Lebensmitteln zu versorgen, was nicht leicht war, da ich den einzigen existierenden kleinen Supermarkt weit und breit erst nach Erkundigungen fand. Der nächste wäre erst wieder in Schwerin gewesen...

Beim Einchecken in den Ferienpark Seehof traf mich fast der Schlag, als man von mir einsamen Radwanderer mit kleinem Zelt knapp 14 Euro Gebühr haben wollte. Da half kein Jammern, schließlich stand in den mit Ge- und Verboten beladenen "Goldenen Benimmregeln", die man mir dann aushändigte, dass grundsätzlich davon auszugehen sei, dass sich der Gast vor der Anmeldung über die geltenden Preise informiert habe. Nun denn, da ich keine Lust hatte weiterzufahren, biss ich in den sauren Apfel. Trotz seines stolzen Preises war der Campingplatz von bloß durchschnittlicher Qualität, zudem herrschte ein fortgeschritten spießiges Ambiente - insgesamt leider kaum empfehlenswert.

Bilder

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