spatzier.net

Service-Navigation


Vom Muddus Nationalpark bei Jokkmokk zum Skulebergskogen

Wandern in weiten Wäldern

Unsere kleine Stippvisite in der berühmten Bergbaustadt Kiruna brachte uns wieder in Kontakt mit großstädtischer Zivilisation, zumal in hohen nördlichen Breiten solche Städte, die es in Deutschland gerade mal zu kleineren Mittelstädten bringen würden, Metropolen darstellen. Eine die Regel bestätigende Ausnahme hiervon bildet das im russischen Karelien liegende und von Kirkenes aus recht schnell zu erreichende Murmansk, das die weltgrößte Stadt jenseits des nördlichen Polarkreises darstellt. Aber auch wenn die Dimensionen Kirunas keineswegs mit denen von Murmansk zu vergleichen sind, zog es uns schnell wieder in die oft noch unberührten Weiten der nördlichen Wildnisgebiete.

Unser nächstes Ziel war das ein bis zwei Autostunden entfernt liegende Städtchen Jokkmokk, das Ausgangspunkt für eine Zweitageswanderung durch den nahegelegenen Muddus-Nationalpark sein sollte. Jokkmokk ist ein durchweg aufgeräumt und sympathisch wirkender Ort, an dessen Ausgang ein großer Campingplatz liegt, auf dem wir uns der Einfachheit halber einquartierten. Der Jokkmokk Camping Center bietet Reisenden für vergleichsweise wenig Geld recht viele Annehmlichkeiten. So steht eine Sauna zur Verfügung und ein angeschlossenes Freibad, das wegen der klimatischen Verhältnisse nur an wenigen Wochen im Jahr genutzt werden dürfte, lädt zum Planschen ein. Im Gegenzug dazu beherbergt der Platz unangenehm viele Wohnmobilreisende (die gerne siedlungsähnliche Strukturen auszubilden), verfügt nur über ein paar völlig unterdimensionierte Toilettenhäuschen, und bildet zu guter Letzt die Kulisse für eine Menge spielender Kinder, die in den hellen Nächten bis weit über Mitternacht hinaus lärmen. Zum Glück erwies sich das Areal als weitläufig genug, um unser Zelt in gebührendem Abstand derartiger Störquellen errichten zu können.

Nach einer erholsamen Nacht ging es dann los zum Eingang des Muddus-Nationalparks, dem Ausgangspunkt unserer längeren Rundwanderung durch nordschwedischen Urwald. Bei diesem Begriff muss allerdings beachtet werden, dass damit im hohen Norden keinesfalls undurchdringlicher Dschungel gemeint ist, sondern vielmehr einfacher Wald ohne viel Schnickschnack. Das Klima steht ungebremster und artenreicher Vegetation ein wenig entgegen. So zeigte sich schnell, dass in der unspektakulären Einförmigkeit der weiten Durchschnittswälder Langeweile aufkommt, und man beim Tragen schwererer Lasten dazu neigt, sich auf die damit verbundenen Unannehmlichkeiten zu konzentrieren.

Um es kurz zu machen: Der Rundweg durch den Muddus führte zunächst an den imposanten Muddusfallet, der mit seinen tosenden Wassermassen aber auch die einzige Attraktion des Gebietes darstellen sollte. Der weitere Streckenverlauf führte nach einigen Stunden aus dem Wald in eine Moorlandschaft hinein, die man in weiten Teilen nur über Holzbohlen und Stege überqueren kann, da das Wasser oft knietief stand. Selbstredend sind derartige Feuchtgebiete die Heimat von Stechinsekten aller Arten, sie stellen sozusagen die Metropolen der Mückenwelt dar. Entsprechend wurden wir von ihnen zugerichtet. In der meisten Zeit unserer Wanderung folgten uns ganze Insektenschwärme, die jede Gelegenheit nutzten, selbst unter todesmutigem Einsatz ihres sinnleeren Lebens etwas Säugerblut zu erhalten. Zu allem Überdruß begann es schließlich in Strömen zu regnen, so dass für uns die offenen Hütten des schwedischen Wandervereins zu willkommenen Unterschlüpfen wurden, zumal auch die Mücken eine Rast im Freien nicht zuließen (das nächste Mal also Moskitonetz mitnehmen...).

Man kann diese Hütten, die mit Tisch, Betten und einer kleinen Küche ausgerüstet sind, ohne Anmeldung nutzen, sollte aber der Ehrlichkeit wegen und dem Erhalt dieses vertrauensbasierten Systems zuliebe, das (geringe) Entgelt per Zahlschein oder hinterher beim Fremdenverkehrsamt entrichten. Da der Wanderweg besonders in seinen entfernteren Abschnitten kaum frequentiert wird, hat man die zuletzt nur noch eine Handvoll Betten aufweisenden Hütten in aller Regel für sich alleine. Alternativ dazu gibt es ab und zu auch ganz einfache Holzunterkünfte (Kåta), in denen man unentgeltlich auf einfachsten Pritschen und Auge in Auge mit den Krabbel- und Stechtieren des Waldes schlafen kann.

So waren wir froh, nach etwa 46 Kilometern Rundweg die Wanderung beenden zu können. Sie führte übrigens durch ein Gebiet, in dem Braunbären vorkommen. Unser abschließendes Urteil: Wenn man schon in der Gegend um Jokkmokk / Kiruna ist, sollte man für Wildniswanderungen statt des Muddus lieber den unweit gelegenen Sarek-Nationalpark aufsuchen.


Idyllisches Zelten am Lilla Luleälv


Der Muddusfallet


Ein Bach


Hütte zur Übernachtung


Moorgegend im Muddus, Heimat der Mücken


Ausgedehnte Feuchtgebiete

Liebliche Ostseebuchten beim Skuleskogen

Auf zur mittelschwedischen Ostseeküste

Wenn man beschäftigt ist weil viel auf dem Reiseplan steht, vergeht die Zeit immer viel zu schnell. So wurde es im Anschluss an die Muddus-Wanderung wieder Zeit, die Gegend nördlich des Polarkreises zu verlassen, um in größeren Etappen gen Süden zu fahren. Wehmütig verließen wir Jokkmokk und folgten ab Luleå der E04, die an der sehenswerten Ostseeküste entlang führt. Letztere ist hier in weiten Teilen sehr zerklüftet und von fjordähnlichen Einbuchtungen durchzogen. Unser letztes Wanderziel, den südlich von Örnsköldsvik gelegenen Nationalpark Skuleskogen, erreichten wir nach einer abwechslungsreichen Fahrt bei bestem Wetter. Am darauffolgenden Tag machten wir uns auf den Weg zu einer kürzeren Wanderung durch den Nationalpark, die durch abwechslungsreiche Wald- und Küstenlandschaften führte. Ihr Höhepunkt war die 40 Meter tiefe und 200 Meter lange Felsschlucht Slåtterdalsskrevan, zwischen deren senkrecht aufragenden Wänden man hindurchwandern kann. Die Wanderung führte uns weiter zu idyllischen Waldseen, über Felslandschaften und an kleinen Grotten vorbei, an die Küste der Ostsee, die hier durch Buchten und Schären ein völlig anderes Bild erzeugt, als etwa in Travemünde. Hätten wir genügend Zeit gehabt, hätten wir unser Zelt auf dem Sandstrand aufgebaut und noch ein paar Tage hier verbracht. Unsere Planung zwang uns leider weiter nach Stockholm, wo wir noch anderthalb Tage lang städtische Luft schnuppern wollten.


Blick auf die Ostsee


Panoramablick auf Ostsee und Schären


Die durch Verwitterung entstandene Schlucht Slåtterdalsskrevan


Herrlicher Strand an einer Ostseebucht



Karte

  • Schweden


Alle Inhalte © Frank Spatzier 2004