Radreise "Pommern im Herbst" - Teil 2


Tristesse

Etappe 4, Kołobrzeg (Kolberg) - Darłowo (Rügenwalde): 81,73 km

5 - 8 °C



Neuer Radweg nach Ustronie Morskie
Es ist paradiesisch. Von Kolberg bis Ustronie Morskie (Henkenhagen) kann man nun auf einem nagelneuen Radweg fahren. Man spürt, dass Radtouristen willkommen sind. Weiter geht′s durch Plesna und Gąski, dann sind wir in Sarbinowo (Sorenbohm).

Sorenbohm soll vorerst das letzte sehenswete Seebad sein. In den Dörfern Mielenko und Mielno geht die Optik sukzessive den Bach hinunter, wobei der Jezioro Jamno (Jamno-See) die Grenze des Unschönen markiert. Das graue Mielno wächst schier endlos in die Nehrung zwischen Jamno-See und Ostsee hinein. Danach kommt Ödland, etwas Industrie und dann schließlich mit Łazy das andere Ende der Nehrung. Keine schöne Gegend.


Protest gegen das geplante AKW in Gąski
Langsam schöner wird es ab Osieki. Der Kolonnenweg hinauf nach Rzepkowo macht uns munter, damit wir uns mit voller Aufmerksamkeit dem Schleichweg widmen können, der von Iwiłcino (Eventin) auf die Woiwodschaftsstraße 203 führt.

Bis Dąbki (Neuwasser) lässt es sich auch prima radeln, da die 203 mit einem neuen Radweg ausgestattet wurde. Zwischen Dąbki und Darłowo wird die komplette Straße erneuert und natürlich auch mit einem Radweg versehen. Für uns bedeutet das nur Unannehmlichkeiten.

Alle zwei Kilometer hat es die typisch polnischen Baustellen, an denen der Verkehr für jeweils eine Fahrtrichtung per Ampel abgesperrt wird. Die Grünphasen sind natürlich an das Tempo der Autos angepasst, so dass wir regelmäßig in den Gegenverkehr geraten. Irgendwann ignorieren wir die Baustellenampeln einfach, da sie uns eh nichts nützen.

In der Abenddämmerung kommen wir nach einer langen Etappe endlich in Darłowo an, der Heimatstadt der Teewurst.




Auf nach Rzepkowo


Baustellen-Marathon vor Darłowo


Darłowo

Etappe 5, Darłowo (Rügenwalde) - Ustka (Stolpmünde): 53,12 km

5 - 8 °C


Es geht zur Sache bei Drozdowo
Aus Darłowo herauszukommen ist nervig. In der engen mittelalterlichen Kleinstadt wird der Verkehr abgebremst und reibt sich an allem, was ihn stört. Also auch an uns. Hinzu kommen einige kurze aber heftige Steigungen für die Extraportion Abgas in unseren Lungen.

Die Lage entspannt sich auf der 203, die wir zur Sicherheit in Drozdowo nach Norden verlassen. Dort dürfen wir uns erst einmal einen langen Anstieg hinaufarbeiten, den wir in Barzowice wieder herunterbremsen können.

In Rusinowo schlagen wir Ostkurs ein. Die Straße ist kaum befahren, so dass wir gut, sicher und schnell vorankommen. Zwei Kilometer hinter Złatkowo überfahren wir die Grenze zur Woiwodschaft Pomorskie (Pommern) mit der Hauptstadt Danzig. Bisher hatte für Westpommern (Zachodniopomorskie) Stettin (Szczecin) das Sagen.

Grenze zur Woiwodwschaft Pommern


In Zaleskie müssen wir wieder rauf auf die Woiwodschaftsstraße 203, den direktesten Weg nach Ustka. Duninowo (Dünnow) ist das nächste Dorf, und es verfügt über einen schönen Einkaufsladen. Da es Zeit für eine Pause ist, besorgen wir dort Bier und trinken es auf einem Bänkchen, das vor der alten Kirche steht.

Wir haben kaum ausgetrunken, als ein Mann mit priesterlichem Kollar zu uns kommt. Wohl besorgt über trinkendes Gesindel vor dem Kirchenportal deuchte es ihm, nach dem Rechten zu sehen. Ein nettes Gespräch ergab sich, danach begleitete ich ihn ins Pfarrhaus. Zurück kehrte ich mit dem gigantischen in Kirchenschlüssel in der Hand. Anschließend konnten wir die aus dem 14. Jahrhundert stammende Dorfkirche besichtigen.

Solchermaßen gesegnet, lassen wir die letzten Kilometer bis Ustka schnell hinter uns. Unter der Kulisse des grauen Herbsthimmels wirkt das alte Seebad Stolpmünde trist und öde. Hinzu kommt, dass selbst hier auf der Promenade sowie im Ortskern nicht viel los ist. Nebensaison eben.


Herbstliche Allee


Ustka

Etappe 6, Ustka (Stolpmünde) - Słupsk (Stolp): 25,04 km

5 - 10 °C



Bei Bruskowo Wielkie
Die letzte Etappe soll eine kurze sein, damit uns noch etwas Zeit bleibt, Słupsk zu erkunden. Dazu müssen wir bis Duninowo wieder die 203 zurückradeln und dort nach Pęplino abbiegen. Bei dieser Gelegenheit fällt uns auf, dass polnische Ortsnamen oft auch in Italien ein gutes Bild abgeben würden.

Die Straße ist ruhig und eben, sogar die Wolkendecke lichtet sich ein wenig und lässt goldene Sonnenstrahlen durchscheinen. Zusammen mit dem bunten Laub der Bäume entsteht ein Hauch von Indian Summer. Ab Wielichowo erhält die ohnehin verkehrsarme Landstraße noch einen guten Radweg samt ausgesprochen vorbildlicher Beschilderung.

Eine Nebenstrecke des Eurovelo 1 führt hier nach Słupsk.

Zielort erreicht!
Słupsk (Stolp) ist mit seinen 95. 000 Einwohnern das hiesige Regionalzentrum. Die Fast-Großstadt beginnt gemütlich und aufgelockert mit langgezogenen Schrebergartenkolonien. Ins Zentrum geht es entlang immer verkehrsreicheren Straßen über holperige Radwege. Man ist fleißig am Bauen und verbessert die Fahrradinfrastruktur merklich.

Słupsk selbst hat allerdings optisch nur wenig zu bieten. Ein paar alte Gebäude stehen versprenkelt inmitten neuzeitlichen Häusern aus dem letzten Jahrhundert. Dabei ist die Stadt keineswegs hässlich, allerdings auch kein Ort, den man unbedingt gesehen haben muss. Zu den wenigen Sehenswürdigkeiten Stolps gehört u.a. auch unsere sehr empfehlenswerte Unterkunft, das Hotel Piast. Dieses befindet sich im Gebäude des früheren Hotels Zum Franziskaner aus dem Jahre 1897.


Słupsk


Słupsk, Rathaus samt Riesenparkplatz


Słupsk

Gesamtstrecke: ca. 310 km

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