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Rund um Hamburg (Juli 2006)

Teil 1: Lübeck - Mölln - Lauenburg - Stove

Der Sommer 2006 wird den Deutschen ähnlich im Gedächtnis haften bleiben, wie jene langen warmen Wochen vor drei Jahren. Mal abgesehen von den vereinzelten Schwierigkeiten, die eine länger andauernde Hitzewelle verursachen kann, sind hohe Temperaturen und das Fehlen der im ozeanisch geprägten Norddeutschland recht häufigen Niederschläge eine begrüßenswerte Wohltat. Während sich viele Mitbürger stöhnend in ihren Zimmern verrammeln und unisono klagen, es müsse doch nicht gleich SOO heiß werden, ist dann für mich jede Minute im Inneren von Gebäuden vergeudete Lebenszeit. Rauf aufs Rad und mit ein wenig Gepäck durch die Lande ziehen - das ist ein Fest, selbst wenn der Schweiß in Strömen fließt.

Vom 19. bis 23. Juli 2006, genau an jenem Wochenende mit den höchsten jemals in Hamburg gemessenen Temperaturen (38°C), radelte ich von Lübeck aus nach Mölln, überquerte in Lauenburg die Elbe, fuhr bei Geesthacht auf die Vierländer Marsch, durchquerte die Hansestadt entlang der Elbe von Ost nach West und radelte schließlich über Wedel, Pinneberg, Quickborn und Bad Segeberg zurück nach Lübeck. Eine Runde um und durch Hamburg, 330 Kilometer Hitzeradeln an einem glutheißen Wochenende - der Sommer 2006 bot die beste Kulisse für eine kurze regionale Radreise.



1) Lübeck - Mölln (Lüttauer See), 52,65 Km


Sommerliche Abendstimmung am Lüttauer See, Mölln
Weil ich an diesem Mittwoch noch viel zu tun hatte, kam ich erst um kurz nach 17 Uhr los. Bei schönstem Sommerwetter verließ ich Lübeck über die Ratzeburger Allee (B 207), die mich bis nach Mölln leiten sollte.

Nun kann man sich natürlich auch schönere Routen für diesen Tourabschnitt ausdenken. Man könnte von Lübeck aus entlang der malerischen Wakenitz bis Rothenhusen radeln und von dort am Ufer des Ratzeburger Sees entlang. Auch könnte man Schleichwege durch den Naturpark Lauenburgische Seen finden oder gar am Elbe-Lübeck-Kanal entlang radeln (ca. 35 Km von Lübeck nach Mölln). Obwohl letzteres die wohl kürzeste Variante ist, ließ ich es wegen der schlechten Wegequalität und einer Reihe von Baustellen am Kanalweg sein. Alles andere schied aus, weil ich trotz später Abfahrt noch früh genug in Mölln sein wollte, um ohne Schwierigkeiten einen freien Platz auf einem Campingplatz zu finden. So ging es entlang des Radweges der B 207 direkt und schnell nach Mölln.


Am Abend zwischen Lehmrade und Neuhorst (ca. 21.30 Uhr)
Die gesamte Bundestraße ist, bis auf einen kurzen Abschnitt bei Ratzeburg, mit einem begleitenden Radweg versehen. Mussten vor einiger Zeit Radler noch bei Einhaus auf die verkehrsreiche Straße überwechseln, wurde bei ihrer jüngsten Erneuerung an einen Radweg gedacht - sehr löblich!

Die kleine und gemütliche Stadt Mölln ist vor allem bekannt durch Till Eulenspiegel, der hier im Mittelalter gewirkt hat und dessen Grabstein an der Kirche St. Nikolai zu bewundern ist. Mölln liegt malerisch zwischen einigen kleinen Seen in einer hügeligen, waldreichen Landschaft.

Ich schraubte mich die Straße in Richtung Gudow hinauf und erreichte abends den Campingplatz am Lüttauer See, der am Ufer des gleichnamigen Gewässers zwischen nah am gegenüberliegenden Drüsensee liegt. Für 9,50 Euro (incl. warmer Dusche) bekam ich von den netten Betreibern einen großzügigen Stellplatz in der Nähe des Badestrandes zugewiesen. Der Platz machte einen sehr angenehmen Eindruck, auch war der mit aufblasbaren Plastikinseln und ähnlichen Attraktionen ausgestattete Sandstrand am See gut besucht. Vor dem Schlafengehen unternahm ich noch eine kleine Fahrt in die tiefe Provinz nach Lehmrade und Neuhorst, wo sich Zecken und Wanzen gute Nacht sagen.

2) Mölln - Stove (Niedersachsen), 71,46 Km


Unrühmliches Ende des Radwegs am Elbe-Lübeck-Kanal in Lauenburg
Der Tag der Hitze begann mit einer vormittäglichen Fahrt nach Breitenfelde und Woltersdorf. Ich hatte nichts gefrühstückt und mir vorgenommen, in Mölln irgendwo etwas zu essen. Natürlich führte meine Route an keinem Imbissstand vorbei. Zumindest keinem, der mir gefiel. Breitenfelde und Woltersdorf sind stark landwirtschaftlich geprägte Ortschaften, die zwar viele Bauernhöfe, aber erst recht keine zusagende Verpflegungsstationen besaßen. Also radelte ich mit leerem Magen weiter über Hornbek und Rosenburg nach Büchen, der nächsten größeren Stadt.

Im ersten Supermarkt versorgte ich mich mit dem Nötigsten und legte die lang ersehnte Esspause auf dem Rathausplatz der Stadt ein. Frisch gestärkt gings weiter nach Wizeeze und von dort an den Elbe-Lübeck-Kanal. Die Mittagssonne stand hoch am Himmel, als ich mich über die wenig erbauliche Oberfläche des Radwegs am Kanal in Richtung Lauenburg bewegte. Man muss dazu sagen, dass es sich dabei eigentlich um keinen reinrassigen Radweg handelt, sondern um einen Betriebs- und Wartungsweg, der zum Beradeln freigegeben ist. Ausgeglichen wird der Rüttelschotter durch einen schönen Blick auf den Kanal und die Abwesenheit von KFZ-Verkehr.


Blick von der Elbbrücke auf Lauenburgs Altstadt und eine (eher repräsentative) Hafenhalle
Mit der Zeit wurde das Fahren am Kanal anstrengend. Während im nahen Hamburg die höchsten Temperaturen seit Beginn der amtlichen Messungen erreicht wurden, durchnässte Schweiß meine Klamotten. Der Durst war entsprechend hoch, das Wasser wurde knapp. Dazu gab es kaum Schatten am Kanal, während mir die Mittagssonne erbarmungslos auf den Kopf briet.

Je näher ich an Lauenburg heran kam, desto schlechter wurde die Oberfläche des Radwegs, was mich zusätzlich nervte. In Lauenburg schließlich endete der Radweg ohne Vorankündigung im Nichts einer Baustelle. Auch gab es keine Hinweise darauf, wie von dieser plötzlichen Sackgasse in die Stadt zu kommen wäre. Lauenburg lässt grüßen, dachte ich mir.

In der Tat ist mir Lauenburg als eher unschöne und wenig erbauliche Stadt in Erinnerung. Man kann die Stadt in Ober- und Unterstadt aufteilen, wobei es eher letztere ist, die zuweilen als Sehenswürdigkeit gehandelt wird. Sie beinhaltet die Altstadt und kann mit einem schönen Blick auf die Elbe aufwarten. Die Oberstadt dagegen ist eigentlich nur gesichtslos bis hässlich. Hier gibt es außer Wohnblocks Geschäftsviertel, die ebenso im Ruhrpott liegen könnten. Zudem quälen sich erstaunliche Mengen an Leicht- und Schwerverkehr durch den Ort, was zusätzlich zu Abstrichen führt. Lauenburg ist ein Nadelöhr für den Verkehr, der sich hier stinkend über die Elbe zwingt und nach Norden (Lübeck), Westen (Hamburg) oder in die neuen Bundesländer weiterwälzt.

Außerdem ist die Stadt ausgesprochen hügelig. Will man in die Oberstadt, muss man sich entlang der verkehrsreichen Berliner Straße einen ansehnlichen Berg hinaufschrauben. Will man Lauenburg allerdings über die Elbbrücke nach Niedersachsen verlassen, geht es zum Glück bergab, so dass man dem Kaff schnell den Rücken zukehren kann.

Lauenburg soll aber dennoch einige Sehenswürdigkeiten bieten, die der Stadt gewisse Einkommen durch den Tourismus bescheren. Hierzu gehört etwa die um 1600 erbaute Palmschleuse, die noch aus jener Zeit stammt, als der Elbe-Lübeck-Kanal Streknitz-Kanal hieß (erbaut im 14. Jhd.) und wichtig für den Salztransport nach Lübeck war. Auch soll der Blick von der Elbstraße auf den Strom sehr schön sein, und das nahe Elbschifffahrtsmuseum informiert über die Geschichte einer in weiten Teilen wenig anschaulichen Stadt.


Niedersächsisches Elbufer:

Die niedersächsische Elbseite ist durchgehend flach und wird durch gemütliche Ortschaften hinter dem Elbdeich geprägt. Über das idyllische Artlenburg und Avendorf radelte ich nach Tespe, wobei mir ein aus Westen blasender Gegenwind ein wenig Kühlung in der Hitze verschuf.


Nur die Elbe trennt von AKW Krümmel: Ob die Herren Clement und Koch hier wohnen und ihre Kinder aufwachsen lassen möchten? Mein Vorschlag: Lobbyisten der Atomindustrie umsiedeln!
Ab Tespe ist der Elbdeich mit einem asphaltierten Radweg versehen, auf dem sich - fern ab jeglichen KFZ-Verkehrs - prächtig radeln lässt. So schön Tespe wirkt, so sehr stört ein hässliches Industriebauwerk auf der gegenüberliegenden Elbseite: das Atomkraftwerk Krümmel.

Hoch überragt der Schornstein der grauen Strahlenanlage die kleinen Häuser der Stadt und den Elbdeich. In Tespe dürften sicherlich kaum jene Politiker und Lobbyisten wohnen, die so vehement wie undurchdacht ein Ende des Atomausstiegs sowie die Errichtung neuer AKWs fordern. Bei all ihren propagandistischen Verharmlosungsparolen und Sicherheitsbeteuerungen fühlen sich auch feiste Atomkraftbefürworter wenig wohl in der unmittelbaren Nähe ihrer Fetische, da verwette ich mein bestes Teil drauf!

So schön der Radweg am Elbdeich zu fahren war, so wenig Schatten gab es hier unter der sengenden Sonne. Bei jeder Unterbrechung der Fahrt triefte ich aus allen Poren, weil der Fahrtwind nicht mehr den massenhaften Schweiß verdunsten ließ. Das Thermometer kletterte auf 42°C in der Sonne, die auch der Gegenwind nicht mehr großartig abmildern konnte. Als ich an der Elbbrücke bei Geesthacht vorbeifuhr, wusste ich, dass die Fahrt in der Hitze bald vorbei sein würde.

Hochsommerliche Hitze auf dem Elbe-Radweg
Ein wenig später erreichte ich das Camping Land Stover Strand bei Stove. Während der Name eine durchorganisierte Massenunterkunft erwarten lässt, erscheint dieser Campingplatz eher als gemütliche Zeltfläche - jedenfalls dann, wenn man hinterm Deich am Elbufer campieren will (den Rest habe ich nicht gesehen).

Die Betreiber sind sehr nett, die sanitären Einrichtungen gut und die großzügige Zeltfläche an der Elbe bietet viel Platz und schöne Aussichten. Für günstige sieben Euro kann man sogar warm Duschen, ohne zusätzlich etwas zu zahlen. Einen halben Kilometer weiter in Richtung Hamburg liegt ein weiterer Campingplatz an der Elbe. Dieser aber entpuppte sich als wahre Massenunterkunft, so dass ich froh war, hier nicht zufällig untergekommen zu sein.

Nach dem Zeltaufbau und einer dringend nötigen Dusche holte ich den Kocher aus dem Packsack und bereitete das Abendessen zu. Abends und in der Nacht überquerte eine Gewitterfront die Gegend und richtete ganz in der Nähe passable Wasser- und Sturmschäden an. Von all dem merkte ich nicht viel und schlief tief dem nächsten spannenden Tourentag entgegen.

Route

  • Hamburg und Umgebung


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