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Lofoten und Stormdal

Zu den touristischen Höhepunkten einer Norwegen-Reise gehört zweifellos der Besuch der Lofoten, die mit ihren steil aus dem Meer aufragenden und bizarr geformten Bergen eine ganz besondere Landschaftsformation darstellen. Die einzelnen Inseln sind nur durch wenige Meter Meer getrennt, so dass nicht das Bild einer Inselgruppe entsteht, sondern das einer steil aus dem Wasser aufragenden Gebirgswand - die Lofotenwand. Unsere enge Reisplanung sah allerdings keinen längeren Aufenthalt auf der Inselgruppe vor. Wir begnügten uns mit einer Überquerung des gesamten Archipels auf der E10, die bis auf die letzte Insel reichte und erst kurz vor der am äußersten Lofotenzipfel gelegenen Stadt Å endete. Bei bestem Wetter, strahlendem Sonnenschein und für die Lofoten hochsommerlichen 20 Grad Außentemperatur machten wir uns auf den Weg über die Inseln. In Solvaer, dem 4.000 Einwohner zählenden Hauptort der Inselgruppe, machten wir einen kleinen Halt und promenierten durch das geschäftige Zentrum, in dem viele kleine Läden und einige größere Supermärkte zur Befriedigung materieller Bedürfnisse zur Verfügung stehen. In einem zentralen Informationsbüro kann man sich über alle nützlichen und interessanten Dinge informieren, so zum Beispiel über die Fährverbindungen zum Festland. Diese waren für die Planung unserer Lofotenfahrt nicht unwichtig, da im Falle der Inselkette das Draufkommen zwar einfach, das Runterkommen aber durchaus problematisch sein kann, da der Endpunkt der E10 bei Støvågen bereits recht weit im Meer liegt und eine Rückfahrt über die Straße unzählige Zusatzkilometer bedeutet. Da viele andere Lofotenreisende vor dem gleichen Problem stehen, können sich in der Hochsaison lange Autoschlangen vor der Fähre auf das festländische Bodø bilden.

Nachdem wir uns in Solvaer mit Eis und anderem Proviant versorgt hatten, fuhren wir über die E10 über die komplette Inselkette bis nach Støvågen, dessen Bedeutung sich aus der Anwesenheit des Fährhafens ergibt. Unterwegs präsentierten sich die Lofoten als durchaus faszinierende Kombination aus maritimer Atmosphäre und schroffem, teils schneebedecktem Gebirge. An einem gut zugänglichem Strand machten wir einen kleinen Halt, da der strahlende Sonnenschein und das tiefblaue Meer zu einem kleinen Bad animierten. Es zeigte sich schnell, dass der optische Eindruck trügerisch war, denn die niedrige Wassertemperatur erlaubte höchstens ein Fußbad. In Støvågen angekommen, stellten wir mit Erleichterung fest, dass die Autoschlange vor der Fähre nach Bodø eine überschaubare Länge hatte. Auch waren die Preise für die vierstündige Überfahrt aufs Festland durchaus moderat.


Bestes Wetter auf den Lofoten


Klassische Ansicht der schroffen Felsen


Einladend, aber viel zu kalt zum Baden...



Bodø, Saltstraumen und eine Nacht im Auto

Nach einigen Stunden auf der Fährte tauchte am Horizont die von der leichten Abenddämmerung in goldgelbe Farbtöne gehüllte Stadt Bodø auf. Bodø (42.000 EW) ist eine moderne Stadt mit zuweilen wenig norwegisch anmutender Architektur und einem großen Hafen, der nicht nur für den Fährbetrieb zu den Lofoten und für die Hurtigrute von Bedeutung ist. Auf gut beschilderten und großzügig bemessenen Straßen verließen wir die Stadt, um über die Landstraße 80 wieder die E6 zu kommen. Vorher aber machten wir einen Abstecher zum Saltstraumen, dem stärksten Gezeitenstrom der Welt. Durch die knapp 50 Meter breite Öffnung zwischen den Inseln Straumen und Straumøy müssen sich im Wechsel der Gezeiten gigantische Wassermassen zwischen dem Skjerstadfjord und dem Saltfjord hin und her bewegen. Jeweils 370 Mio. Kubikmeter Wasser werden in sechsstündig wechselndern Richtung durch die Meerenge gepresst, was eine respektable Strömung ergibt.

Die Stelle ist gut ausgeschildert und von einem Parkplatz aus in wenigen Minuten zu erreichen. In der leichten Nachtdämmerung präsentierte sich der Saltstraumen als gefährlich aussehender Riesenstrudel, dem die immense Gewalt der bewegten Wassermassen durchaus anzusehen war. Verschönt wird das Naturschauspiel durch eine schmucklose Betonbrücke, die hoch über dem Saltstraumen die beiden Inseln miteinander verbindet, was die Faszinationskraft des Strudels aber kaum beeinträchtigt.

Nachdem wir uns am Saltstraumen sattgesehen hatten, ging es wieder zurück in Richtung E6. Da es mittlerweile spät und damit Schlafenszeit geworden war, hielten wir angestrengt Ausschau nach einer geeigneten Stelle zum Aufschlagen unseres Zeltes. Ein solcher Platz ließ sich allerdings nicht finden, da die Landstraße zwischen den Städten Bodø und Fauske auf der dem Skjerstadfjord zugewandten Seite nur aus Privatgrundstücken und einer Eisenbahntrasse (die Nordlandbahn) besteht, während auf der anderen Seite nur steil ansteigendes Bergland zu finden war. Auch an der E6 hinter Fauske erwies sich die Gegend nicht als besonders geeignet zum wilden Campen. In unserer Not verließen wir die Hauptverkehrsader Norwegens und suchten auf der Landstraße 77, die durch das Junkerdal in Richtung Schweden führt, unser Glück. In der Hoffnung, auf einer kleinen Stichstraße in die so oft gerühmte norwegische zivilisationsferne Wildnis zu gelangen, bogen wir spät in der Nacht in das finstere und neblige Junkerdal ab. Doch auch dieser Versuch brachte uns nicht zu einem geeigneten Zeltplatz; die kleine Stichstraße führte statt in die Einsamkeit auf mehrere Gehöfte nebst großer landwirtschaftlich genutzter Flächen zu, bei denen wildes Campen mit hoher Wahrscheinlichkeit den Unmut der Bauern nach sich gezogen hätte. Entmutigt fuhren wir wieder auf die E6, stellten uns mit dem Wagen auf den nächsten Autobahnparkplatz und schliefen im Auto - einziger Nutzen: zumindest hatten wir mal das Junkerdal gesehen.


Blick auf Bodø von der Fähre


Saltstraumen, der gigantische Gezeitenstrom

Gebirgswanderung durch das Stormdal

Nach der kurzen und bescheidenen Nachtruhe im Auto ging die Fahrt weiter, diesmal zu einem Campingplatz kurz vor Storvollen. Mittlerweile hatte es zu Regnen begonnen, womit sich, das konnten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen, eine Wende vom für Norwegen außergewöhnlich warmen Sommerwetter hin zum eher regnerisch-kühlen Durchschnittswetter vollzogen hatte. So kostete es uns zunächst ein wenig Überwindung, das trockene Zelt für eine ausgedehnte Wanderung durch das Stormdal zu verlassen. Ausgerüstet mit der richtigen Kleidung fuhren wir zum Ausgangspunkt am Parkplatz Storvollen und schlugen uns in die Wildnis. Über steile Waldwege und moorastiges Gelände gelangten wir zum Wasserfall Bredekfossen, der tosend die Felsen hinabrauschte. Unser Weg führte uns weiter durch den nördlichsten natürlichen Fichtenwald der Welt zu verlassenen Gehöften, deren noch originales Interieur nach vorheriger Absprache besichtigt werden kann. Weiter ging es durch urige Wälder auf den Tespa-Fluss zu, der tief einer Schlucht gelegen auf einer wackeligen Hängebrücke überquert werden muss. Überhaupt hatten wir auf dieser Wanderung viele Hängebrücken zu überschreiten und viele steile Schluchtwände herauf- und herabzuklettern, was noch erschwert wurde, weil der Wanderpfad von Pflanzen überwuchert und stellenweise auch gefährlich rutschig war. Am Ende der Wanderung, nach mehreren Stunden angestrengter Kletterei, beglückwünschten wir uns zu dem Entschluss, trotz des Regens in dieser äußerst abwechslungsreichen und sehenswerten Gegend Wandern gegangen zu sein.


Im Stormdal


Hängebrücke über den Tespa






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