Mit dem Rad von Lübeck nach Berlin (Juni 2011)


Endlich ist der Sommer da! Zeit für eine zweigeteilte Radreise der besonderen Art: Mit dem bepackten Rad geht es zunächst von Lübeck nach Berlin. Geschlafen wird im neuen und superleichten Einmannzelt "Gosamer"von Jack Wolfskin, das ich so ein erstes Mal testen kann. In Berlin quartiere ich mich anschließend für eine ganze Woche in einem Appartement-Hotel ein und erkunde die Stadt auf dem Rad.

Diese Radreise hat auch eine weitere Besonderheit: sie erfolgt zu 100% vegan. Das heißt, dass ich auf sämtliche tierlichen Produkte verzichte - im Essen, im Trinken und auch sonst. Zu Hause ist das eine Selbstverständlichkeit, aber auf Radreise ein Novum. Schließlich bin ich Neu-Veganer und erst einige Wochen zuvor vom Vegetarismus zum Veganismus umgestiegen. Halten wir also fest: Nachhaltiger und umweltschonender kann man nicht nach Berlin reisen, als vegan und mit dem Fahrrad!


Teil Zwei dieser Reise finden Sie unter der Rubrik Berliner Streifzüge: Berlin mit dem Rad

Lübeck - Raben-Steinfeld / Schwerin (107,56 km)


Carlow, Mecklenburg
Meine Reise beginnt im Garten - am Pfingstmontag und bei strahlendem Sonnenschein. Idyllisch im Gartenfeld Strecknitz in der Nähe der Wakenitz gelegen, sorgt dieser Startpunkt für einen entspannten Einstieg. Nur zwei Kilometer muss ich radeln, dann lasse ich mit Lübeck auch Schleswig-Holstein hinter mir und habe mecklenburgischen Boden unter den Laufrädern.

Entspannt rolle ich durch Herrnburg und weiter nach Raddingsdorf. Auf den Straßen ist wegen des Feiertages nicht viel los, was das Radeln zusätzlich angenehm macht. Zumeist sind es kleine Landstraßen, über die ich mich von Ort zu Ort hangele. Und die meisten dieser Orte sind nur kleine Ansammlungen von Häuschen und Gehöften. Vielerorts scheint die Zeit noch stehengeblieben zu sein, nur die überall herumstehenden Autos stören das Idyll.

Meckenburg-Vopommern ist das Bundesland mit der dünnsten Bevölkerungsdichte. Nur 71 Menschen teilen sich im Schnitt einen Quadratkilometer. Auch in Sachen Straßenoberfläche geht es dort gerne mal dürftig zu. Grobes Kopfsteinpflaster verleidet dem Radler so manche Ortsdurchfahrt, und auch Schotter- und Sandwege kommen ab und vor. Bei amtlichen Landstraßen wohlgemerkt, und nicht etwa auf abgelegenen Fahrradrouten.


Schwachsinnige Umlaufsperre bei Alt Meteln
In Seedorf habe ich endlich den Schweriner See erreicht. Noch sehe ich nichts vom fünftgrößten See Deutschlands, doch die Straße nähert sich immer mehr seinem Ufer. So ganz kann ich die Größenangabe des Gewässers allerdings nicht nachvollziehen, denn im Grunde ist der Schweriner See zwei Seen. Beide nur verbunden durch den schmalen Paulsdammkanal in der Mitte des Paulsdamms, auf dem ich auf die andere Seite komme.

Drüben, bereits im Landkreis Parchim, kann ich gelegentlich über den See nach Schwerin sehen. Deutlich zu erkennen ist der Turm des Domes und die langgezogenen Plattenbauten vom "Großen Dresch". In Raben Steinfeld baue ich mein kleines Zelt auf dem Campingplatz Seeperle auf. Er liegt direkt am Ufer des Schweriner Sees und ich habe einen prima Blick auf die namensgebende Landeshauptstadt.


Der Paulsdammkanal im Schweriner See
Langsam, aber sicher wird es Abend. Ich schwinge mich nochmal aufs Rad und kurbele die knapp zehn Kilometer in die Innenstadt. Vor dem Hauptbahnhof fällt mir ein kleiner Imbiss auf, der auch Vegetarisches und Exotisches verkauft. Ersteres ist leider ausverkauft, so dass mein Abendessen aus einer doppelten Portion Pommes besteht. Auch nicht das Schlechteste...


Blick von Raben-Steinfeld nach Schwerin

Abends am Schweriner See

Raben-Steinfeld - Alt Schwerin (Plauer See) (98 km; ges: 205,56 km)

Ich wache mit dem einzigartigen Geräusch auf, das nur Regen auf einer Zeltplane verursachen kann. Dicke Wolken hängen in der Luft, das Sommerhoch von gestern scheint wohl eine Pause zu brauchen. Ohne Frühstück geht es bei leichtem Nieseln los. Irgendwo wird schon ein Laden geöffnet haben, und die Pfingstfeiertage sind vorbei.


Die "Landstraße" zwischen Tramm und Ruthenbeck
Ich radele in Richtung Pinnow, biege dann nach rechts in die Provinz ab. Es geht durch Dörfer, die auf Namen wie Sukow, Göhren oder Tramm hören. In letzterem stutze ich, als die Landstraße nach Ruthenbeck nach wenigen Metern kaum mehr wie ein üblicher Verkehrsweg aussieht.

Ich rolle über einen sandigen Feldweg, der an seinen besten Stellen eher geeignet für schweres Gerät ist, weniger aber für ein beladenes Reiserad. Während mir immer mulmiger wird, weil ich mich bereits von den endlosen mecklenburgischen Feldern absorbiert sehe, kommt wenigstens die Sonne wieder heraus.

Glück gehabt, nach sechs Kilometern Gerüttele und Gerutsche erreiche ich Ruthenbeck. An Frauenmark, Grebbin und Granzin vorbei komme ich nach Werder. Lübz, Sitz der überregional bekannten Brauerei Lübzer, ist nur wenige Kilometer entfernt. Trotzdem mache ich einen Bogen um die kleine Stadt, weil ich keine Lust habe, mich in ihrem Zentrum zu verfahren.


Landkreis Müritz

Dazu muss man wissen, dass in meinem Magen noch immer gähnende Leere herrscht. In keinem der kleinen mecklenburgischen Dörfer gab es einen Lebensmittelladen. Keine Tankstelle, keinen Imbiss, keinen Kiosk. Lübz wäre sicher groß genug für ein Minimum an Infrastruktur - aber noch lässt sich das Magenknurren ignorieren.


Zelten am Plauer See
An Plau komme ich allerdings dann doch nicht vorbei. Ich nehme sogar einen kleinen Umweg von der Optimalroute in Kauf um mich zu versorgen. Der erste Dönerladen im Ort gehört mir, bestellt wird eine vegane Doppelportion Pommes Frites. Anschließend versorge ich mich im Discounter mit Nüssen, Studentenfutter, Reisgebäck und einem Feierabendbier.

Die Nacht verbringe ich auf dem "Camping am See" bei Alt Schwerin. Mit dem Bier in der Hand sitze ich am Ufer des Plauer Sees, während mir der Vollmond kräftig auf die Dose scheint. Aus dem iPod kommentieren The New Pornographers die Szenerie treffend mit ihrem Song "Go Places". Radreise at it′s best.


Nächtlicher Vollmond über dem Plauer See

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