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Lüneburger Heide im Vorfrühling; März 2009

Tag 1: Lübeck - Stove

92,39km, Vav 17,07 km/h, Vmax 33,09 km/h

8 - 12 °C


Straße von Krummesse nach Bliestorf
Das Jahr 2009 soll wieder im Zeichen der Radreise stehen. Nach meinem kleinen Stand in der "Boxengasse" der Hamburger ADFC-Radreisemesse und meinem Vortrag zum Thema Südskandinavien in der Vereinsgeschäftsstelle ist nichts besser geeignet, als eine leibhaftige Radreise, um dieses Motto auch in Taten zu bekräftigen. Mein Ziel: Winsen an der Aller. In diesem kleinen Städtchen in der südlichen Lüneburger Heide wohnt Frank Haake, der im Sommer 2007 von Winsen bis zum Nordkap geradelt ist - praktisch zur gleichen Zeit, wie ich. Wir haben uns am Kap nur um einen Tag verpasst; und unterwegs sind wir zuweilen auch nur um Haaresbreite aneinander vorbeigeradelt.

Mitte März, an einem lauschige Samstag, geht es los auf die erste Radreise des noch jungen Jahres. Der diesmal recht zähe Winter ist erst seit ein paar Tagen in der meteorologischen Versenkung verschwunden und ein wackeres Zwischenhoch lässt erste frühlingshafte Sonnenstrahlen auf die jungen Knospen der norddeutschen Vegetation fallen. Wie so oft bin ich nach einem ausgiebigen Frühstück erst reichlich spät losgekommen, dafür schafft die Mittagssonne ein für diese Jahreszeit nahezu optimales Radfahrwetter. Gut gelaunt kurbele ich über die Kronsforder Allee hinaus aus dem Lübecker Stadtgebiet und überquere in Krummesse den Elbe-Lübeck-Kanal. Vier Tage später werde ich genau unter dieser Brücke auf den letzten Kilometern dieser Tour das erste Mal meine Route kreuzen.

Bis Bliestorf verläuft die Straße über knapp vier Kilometer schnurgerade. Während ich in die nachmittägliche Ruhe hineinradele, brausen ein Polizei- und ein Krankenwagen an mir vorbei. Am Ende der Geraden, wo die Landstraße in einer Kurve auf Bliestorf zustrebt, liegt ein zerbeultes Rad; am Straßenrad stehen aufgeregte und aufgelöste Leute, genaues kann und will ich nicht erkennen. Mal wieder ist die Konfrontation von Fahrrad und PS-starker Blechkarosse zu Ungunsten des umweltfreundlichen Gefährts ausgegangen. Zum Unfallverlauf kann ich nichts sagen, allerdings verleitet eine durchgehend gerade Strecke die Anhänger der motorisierten Fahrspaßfraktion nur allzu oft dazu, das Gaspedal besonders tief zu drücken. Wenn dann, wie an dieser Stelle, ein Waldweg hinter einer Kurve in die Asphaltpiste mündet, ist Leid vorprogrammiert.


Zwischen Schiphorst und Eichede


Von Dwerkaten nach Grönwohld
Kastorf stellt den ersten veritablen Anstieg dar. Im Verlauf der kompletten Hauptstraße geht es von etwa 30 müNN bis hinauf zur Christianshöhe auf 108 müNN - natürlich nichts Ernstes, aber oben angekommen bemerkt man als Flachlandradler schon eine gewisse Wärme in den Waden. Über die gemütlichen Dörfer Labenz und Steinhorst geht es schließlich nach Schiphorst, von wo ein ruhiger Feldweg nach Eichede führt. Der Himmel hat sich mittlerweile ein wenig mit Wolken zugekleistert. Mit der fehlenden Sonne wird auch die Luft kühler, so dass ich besonders bei Abfahrten fröstele.

Mein Plan ist, hinter Mollhagen auf die B404 zu radeln und vom straßenbegleitenden Radweg bis vor die Tore Geesthachts getragen zu werden. Freiheit vom Kartengepfriemel versus Naturerlebnis; Kilometermachen auf durchgehender Streckenführung anstelle umständlicher Quälerei durch die Käffer. Meine Radkarte zeigt schon bei Mollhagen einen begleitenden Radweg an, und ich nehme wagemutig die Auffahrt auf die ausgebaute Bundesstraße. Dort allerdings ist von einem Radweg keine Spur, und der Ausbau betrifft nur die KFZ-Fraktion, die hier reichlich vertreten ist. Obwohl das Befahren der B404 für Radler nicht verboten ist, will man unter sich sein und hupt mich böse an. Nicht auf meinem Recht zu beharren fällt mir indes sehr leicht, und ich verlasse die ungastliche Quasi-Autobahn an der nächstmöglichen Ausfahrt. Dann doch lieber die Käffer....


Im Sachsenwald, einem letzten Urwaldrest
Weiter geht es über Dwerkaten nach Grönwohld und anschließend nach Trittau, das bereits im Dunstkreis Hamburgs liegt. Die kleine Gemeinde (7.600 EW) hat optisch eher wenig zu bieten. Ich halte hier bloß deswegen kurz inne, um in meiner Karte die weitere Route zu bestimmen. Diese führt mich dann ab Grande auf der L208 durch den Sachsenwald - leider ohne Radweg, was mich im dunklen Tann dazu veranlasst, die Beleuchtung einzuschalten. Beim Sachsenwald handelt es sich im Übrigen um das einzige Überbleibsel eines flächendeckenden Urwaldes, der sich von Ostsee bis ins heutige Niedersachsen ausbreitete. In Friedrichsruh ist es auch schon wieder vorbei mit dem Urwaldrest. Ab Dassendorf leitet mich schließlich die fortgesetzte B404 über Hohenhorn direkt nach Geesthacht hinein.


Eine schwachbrüstige Sonne hinter der Kirche von Hohenhorn


Kirche in Geesthacht
In Geesthacht rolle ich zuerst ins Elbtal hinab, bevor ich den Weg zur Elbbrücke suche. Für den KFZ-Verkehr ist er natürlich ausgeschildert, während sich Radler ihre Nebenwege selber suchen müssen. Leichter Nieselregen setzt ein, während ich durch die Straßen der wenig anregenden Stadt radele.

Geesthacht ist mit knapp 30.000 Einwohnern die größte Stadt des Landkreises Herzogtum Lauenburg und dank der Betreibergesellschaft des Atomkraftwerkes im Stadtteil Krümmel auch die reichste. Geesthacht verfügt neben AKW Krümmel noch über eine weitere Strahlenschleuder, nämlich den Forschungsreaktor Geesthacht. Als ab Mitte der 1980er Jahre in der südlich benachbarten Elbmarsch ein verstärktes Aufkommen von Leukämiefällen beobachtet wurde, begann ein langwieriger Prozess der Ursachenforschung, der - wie sollte es unter dem Einfluss der Atomlobby anders sein - alles mögliche herausfinden durfte, außer einer Verantwortlichkeit der Nuklearanlagenbetreiber. Man sollte Atomlobbyisten á la Müntefering & Co. samt ihrer Sippschaft in die Elbmarsch zwangsumsiedeln.


Geesthachter Elbbrücke mit Staustufe


Auf der Elbbrücke


Elbdeichweg auf der niedersächsischen Seite
Während radioaktiv verstrahlte Materie die Elbe zumeist auf dem bequemen Luftweg überquert, benötigen Fahrzeuge dafür idealerweise eine Brücke. Und eine solche hat Geesthacht dem rollenden und gehenden Verkehr wohl zum Ausgleich für seine Strahlenindustrie zu bieten. Die Geesthachter Elbbrücke ist nach den Hamburger Elbbrücken die zweite überirdische Stromüberquerung vor der Mündung in die Nordsee - ein Umstand, der auch die Planung einer Radreise beeinflusst, denn anderorts kommt man praktisch nicht auf die andere Seite.

Die Abenddämmerung bricht langsam herein, während ich langsam über die Elbe radele. Auf der niedersächsischen Seite brauche ich nur noch den Elbdeichweg ein paar Kilometer nach Westen zu rollen, um mein heutiges Etappenziel zu erreichen. Als ob der fiktive Wettergott mein Ankommen abgewartet hätte, beginnt es genau in dem Moment zu regnen, al s ich das Rad abstelle, um im Camping Land Stove mein Quartier anzumelden. Ein Teil des Campingplatzes befindet sich direkt am Elbufer, wo ich dank Vor-Nebensaison der Einzige weit und breit bin. Ich baue mein Zelt einen Steinwurf entfernt vom Ufer auf und mache es mir gemütlich, während der Regen auf die Zeltplane prasselt und mich schon mental auf die morgige Etappe einstimmt.


Gemütliches Zelten


Am Elbufer

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