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Lüneburger Heide im Vorfrühling; März 2009

Tag 2: Stove - Winsen / Aller

106,70km, Vav 17,8 km/h, Vmax 34,10 km/h

5 - 10 °C


Nach dem Zeltabbau im Regen
Ich kann nicht sagen, dass ich nicht vorbereitet gewesen wäre. Zum einen hat es fast die gesamte Nacht auf meine Zeltplane geprasselt, zum anderen bin ich mir bewusst, dass das Wetter im norddeutschen März fast alle Gestalten annehmen kann - und besonders gerne die des verregnet-düsteren Schietwetters. Letzteres hat nun Einzug gehalten, und so gestalten sich das Zusammenpacken meiner Siebensachen und der Zeltabbau entsprechend langwierig, schließlich soll möglichst nichts nass werden.

Ein nasskalter Wind fegt durch die Bäume, während ich per Rad zu den Sanitäreinrichtung des Campingplatzes radele. Diese sind wegen der Abgelegenheit meines Außenpostens runde 700 Meter entfernt und liegen jenseits des Elbdeiches. Frisch geduscht und mit etwas Wassermüsli im Magen ziehe ich die Regenmontur an und mache mich an den Zeltabbau. Weil es recht windig ist und zudem ständig regnet, gelingt es mir nicht, das Innenzelt trocken zu verstauen. Sei's drum - heute Abend kann ich zum Glück in Franks Haus im Trockenen schlafen.

Es ist bereits weit nach Zehn Uhr, als das Gerödel endlich am Rad befestigt ist und ich in den düsteren Regentag hineinradeln kann. Zunächst folge ich dem Elbdeichweg ein wenig nach Westen, unangenehmer Weise auch der Hauptwindrichtung. Bei Drage biege ich ab, weil ich durch die Winsener Marsch radeln möchte, einem fast auf Meereshöhe gelegenem Schwemmland entlang der Elbe das - sehr praktisch für Radler - keinerlei natürliche Erhebungen aufweist.


In der Winsener Marsch


In der Winsener Marsch
Die Winsener Marsch ist eine eher eintönige Landschaft, die meditative Züge aufweist. Auf den kleinen Straßen ist kaum Verkehr, einige sind aus Naturschutzgründen für den KFZ-Verkehr gesperrt. Im Nieselregen radele ich auf Winsen an der Luhe zu, dem Namensvetter meines heutigen Zieles. Vom Luhewinsen, das immerhin 33.000 Einwohner besitzt, sehe ich nicht viel. Ich umrunde die Stadt östlich, um auf die Landstraße nach Garstedt zu kommen. Wenige Kilometer nach Luhdorf löst sich dann auch der Radweg auf und ich muss mir die enge Landstraße mit dem nervigen KFZ-Verkehr teilen.

Hinter Garstedt verlasse ich das tiefe Marschland und muss mich in die Geest (hügelige alteiszeitliche Moränenformation) hinaufarbeiten, d.h. es geht zuweilen bergauf. Salzhausen ist ein gemütlicher Erholungsort in der Hohen Geest am Ostrand der Lüneburger Heide. Von hier aus geht es über Eyendorf ins 103 Meter ü. NN gelegene Örtchen Raven, was über eine nicht enden wollende, kilometerlange Steigungsstrecke geschieht. Oben angekommen, nimmt der Weg nach Soderstorf fast schon erholsame Züge an, zumal es zwischendurch auch mal aufhört zu regnen.


Berauf in die Hohe Geest: Lange Steigunsstrecke von Eyendorf nach Raven


Auf dem Weg nach Wietzendorf
Mit der Regenpause ist spätestens in Bispingen wieder Schluss, das ich über Schwindebeck und Streinbeck auf einer vorbildlich mit Radweg ausgestatteten Landstraße erreiche, die dem Lauf der Luhe folgt.

Bispingen ist ein kleiner Ferienort mit großen Attraktionen. Hier gibt es eine Dependance der Center Parcs, wo man seinen Urlaub in einer künstlichen Landschaft unter einer Glaskuppel verbringen kann. Passend dazu gibt es hier auch einen Snow-Dome (riesige überdachte Skihalle mit Kunstschnee) sowie ein Ralf Schumacher Kartcenter für die Benzinköpfe. Bispingen ist gewissermaßen das Mekka des artifiziellen Urlaubs für jene Leute, die sich in natürlichen Landschaften unwohl fühlen und es gerne überdacht haben.

Überdachung ist für einen Radreisenden allerdings ein ausgesprochen seltener Luxus, denn sein Geschäft ist eher der unmittelbare Kontakt zu den Elementen. Und diese machen sich auf dem Weg nach Wietzendorf vornehmlich in ihrer unangenehmen Form bemerkbar. Der Radweg begleitet die Landstraße noch bis Töppingen, dann geht es über Suroide und durch das Wittenmoor weiter nach Wietzendorf.

Dabei radele ich östlich am Truppenübungsplatz Munster-Süd vorbei, der hauptsächlich dem Ausprobieren von Artellerie- und Panzergeschützen dient. Hier prallen liebliche Heidelandschaften und militärische Tötungstechnologien in Form eines perfiden Kriegsspielplatzes aufeinander.


Kriegsspielplatz in der Heide: Truppenübungsplatz Munster-Süd


Radweg bei Bergen-Belsen
In Wietzendorf lege ich eine kleine Pause ein und stärke mich in einem Imbiss auf dem kleinen Rathausmarkt. Dies ist nach knapp 70 Kilometern Radelei der erste geöffnete Laden, der mit zu Gesicht kommt. Nach einem drögen Wassermüsli am Morgen hängt mir der Magen jetzt am späten Nachmittag gehörig in den Kniekehlen, so dass ein Schnitzel mit doppelter Portion Pommes die Lebensgeister wieder weckt. Gestärkt radele ich über die Dörfer Marborstel, Widdershausen und Nindorf in die Kleinstadt Bergen (17.000 EW). Bergen selbst hat nicht allzu viel zu bieten, dafür sind einige seiner Ortsteile um so bekannter.

Von besonders trauriger Berühmtheit ist Bergen-Belsen, wo sich im Dritten Reich ein Konzentrationslager befand, in dem unzählige Menschen einen grausamen Tod fanden. Heute erinnert ein Dokumentationszentrum ebenso an die menschenverachtenden Taten der Nationalsozialisten, wie die riesigen Massengräber und verbliebenen Lagerreste. Leider kann ich der Gedenkstätte keinen Besuch mehr abstatten, da es merklich dunkel geworden ist und noch ein Dutzend Kilometer vor mir liegen. Im Ortsteil Bergen-Hohne fällt mir wieder einmal eine hohe militärische Präsenz ins Auge, denn hier befindet sich ein Hauptzugang zum größten deutschen Truppenübungsplatz, der nicht nur von der Bundeswehr, sondern auch von den NATO-Streitkräften zum Kriegspielen genutzt wird.

In der aufkommenden Dunkelheit radele zügig nach Winsen an der Aller. Ich bin erleichtert und dankbar darüber, dass ich heute in kein nasses Zelt kriechen muss, weil mich im Haus von Radlerkollege Frank Haake und seiner Familie ein trockenes und warmes Zimmer erwartet. Nach dem leckeren Abendessen verbringen wir einen netten Abend beim obligatorischen Feierabenbier, bevor ich müde und zufrieden im Trockenen schlafen darf. An dieser Stelle noch mal ein herzliches Dankeschön für die nette Gastfreundschaft an Frank und seine Familie!


Endlich angekommen


Mit Nordkapradler Frank Haake

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