Abschnitt 6: Laos, Lunag Prabang

Weitere Fotos am Ende der Seite .

Eine andere Welt


Pause in Muong Say
Gleich hinter der Grenze verändert sich alles. Noch bis Natheuy, wo sich die Straße in die Richtungen Luang Prabang und Luang Nam Tha aufgabelt, rollen wir auf Asphalt, danach beginnt die Schotterpiste. Der Bus wird hin und her gerüttelt, rollt durch Schlaglöcher, Streift Bäume und Gestrüpp. Wir fragen uns, wie das Fahrzeug diese Tortour heil übersteht, zumal der Bus nicht das erste Mal auf dieser Strecke unterwegs ist. Zum Glück sind unsere Liegen gut umrandet, so dass wir nicht herausfallen können.

Die Landschaft indes ist grandios. Dichter Dschungel zieht sich über die Berge, und die Straße fühtrt genau mittendurch. Laos gehört zu den ärmsten Ländern der Erde, so dass auch für den Straßenbau keine MIttel zur Verfügung stehen. Daher gibt es auch keine Brücken, Tunnels oder gar eine breite Asphaltdecke, sondern nur eine ruckelige Schotterpiste, die zum Teil in engen Serpentinen mitten durch das Gebirge führt. Ab und an tun sich grandiose Ausblicke auf, etwa wenn die Böschung steil abfällt und die Vegetation den Blick in die Ferne freigibt. Zum Glück fährt unser chinesischer Fahrer sehr vorsichtig und geht kein Risiko ein, denn die Strecke ist nicht arm an gefährlichen Abgründen und engen Kurven.

Verglichen mit den Paradeautobahnen Chinas und seinen Glitzerstädten sind wir hier in einer ganz anderen Welt. Das Durchschnittstempo sinkt auf sehr gemütliche Werte, was die lange Fahrtdauer erklärt, die für die noch knapp 200 Kilometer anberaumt ist. Zum Ausgleich können wir Nordlaos aus unseren bequemen Liegen besonders gut auf uns wirken lassen. In größeren Abständen streifen kleine Dörfer an uns vorbei. Für Laos typisch, bestehen sie aus kleinen Holzhütten, die auf Pfählen stehen. Diese Bauweise hat den Vorteil, dass man in der Regenzeit kein Wasser in der Wohnung hat und in der heissen Trockenzeit unter seinem Haus im Schatten sitzen kann. Jedes Dorf hat einen oder mehrere Brunnen, aus denen Wasser geholt und an denen sogar Körperpflege betrieben wird. Und dazwischen läuft alles herum, was Beine hat - Kinder, Erwachsene, Schweine, Hühner und Ameisen.


Muong Say
Mit einem Pro-Kopf Einkommen von rund 240 Euro zählt Laos zu den ärmsten Ländern der Erde. Diese Armut tritt allerdings kaum offen zutage, wie etwa im Nachbarland Kambodscha, sondern verbrigt sich vielmehr hinter den sehr ursprünglichen und einfachen Lebensformen auf Basis einer sehr mühseligen Subsistenzwirtschaft. Je weiter die Dörfer von den ohnehin spärlichen Verkehrswegen entfernt sind, desto weniger haben sie Teil an den Errungenschaften gesellschaftlicher Entwicklung, wie etwa Bildungs- und Kommunikationsmöglichkeiten.

Ab Mitte der 1960er Jahre war Laos Schauplatz eines so massiven wie geheimen Kriegseinsatzes der USA, der erst 1970 durch Präsident Nixon öffentlich zugegeben wurde. Bis 1973 warfen die US-Militärs über 3 Millionen Bomben über dem kleinen Land ab - mehr als im gesamten Zweiten Weltkrieg. Genützt hat den Amerikanern ihre Zerstörungswut nicht viel, und auch die aus den Reihen Hmong rekrutierten Special Forces Söldner konnten den laotisch-vietnamesischen Truppen kaum Einhalt gebieten. Man kam zu der sehr späten Einsicht, den Indochinakrieg nicht gewinnen zu können und zog sich gedemütigt aus Vietnam, Laos und Kambodscha zurück.

Seit 1975 wird das Land von der kommunistischen Partei Pathet Lao (Land Laos) geführt. In diesem Jahr wurde die Volksdemokratische Republik ausgerufen und der König zur Abdankung gezwungen. In der Folge wurde Laos von einer vergleichsweise friedlichen Revolution durch die kommunistische Partei erfasst und verschwand schließich für Jahre hinter dem "Bambusvorhang". Zunehmende wirtschaftliche Schwierigkeiten veranlassten die laotische Führung zu einer vorsichtigen Öffnung der Wirtschaft gegenüber ausländischen Investoren. Mit dem Zusammenbruch des Ostblocks verschwanden jedoch auch die wichtigsten Geldgeber, so dass Laos nun beinahe vollständig von den Zuwendungen westlicher Staaten abhängig ist - eine prekäre Lage, die das arme Land zu einer wirtschaftlichen wie auch politischen Öffnung gegenüber dem Westen zwang.



Nordlaotische Landschaft


Luang Prabang




Unser Bungalow (re.) im Bel Air Resort, Fotografiert von der Old Bridge
Uns kommt die Öffnung des Landes allerdings recht gelegen, denn sonst würden wir nicht in diesem Bus liegen und auf Luang Prabang zufahren. Am Abend um kurz vor Acht schließlich erreichen wir die alte Königsstadt. Der Busbahnhof liegt ein wenig ausserhalb, damit die Atmosphäre des UNESCO-Weltkulturerbes zumindest von diesem Teil des KFZ-Verkehrs verschont bleibt.

Wir haben erst für den nächsten Tag ein Hotel vorgebucht und müssen uns für heute noch eine Unterkunft suchen. Die Suche wird uns von einem Schlepper abgenommen, der in gutem Englisch die Vorzüge seines eigenen Hotels anpreist. "Schlepper" ist in diesem Falle etwas übertrieben, denn der nette Mann ist der Cousin des Hotelbesitzers und sucht lediglich nach Kunden für den Familienbetrieb. Dieser liegt sehr günstig am Rande des historischen Stadtzentrums am Ufer des Nam Kham Flusses, ist sehr preiswert (12 US-$), sauber und nett eingerichtet. Da tut es uns schon ein wenig leid, dass wir den netten Mann morgen schon enttäschen müssen und in eine luxoriöse und nicht mehr ganz so preiswerte Unterkunft am gegenüberliegenden Flussufer umziehen werden. Wie sich am nächsten Morgen bei Tageslicht herausstellen wird, kann man vom Guesthouse sogar zu unserem Luxus-Ressort hinüberschauen.Für den Moment aber sind wir ganz zufrieden, genehmigen uns noch ein Feierabendbier und schlummern müde ein.


Blick von der Old Bridge zum Bel Air Resort
Am nächsten Morgen trägt es der Guesthouse-Besitzer mit Fassung, dass wir sein Haus schon nach einer Nacht wieder verlassen wollen, und auch, dass wir für eine Nacht im Bel Air Resort klaglos etwa das fünffache seines Tarifes berappen werden. Doch nach den Strapazen der bisherigen Reise wollen wir uns ein paar wohlverdiente Tage der Ruhe in Luang Prabang gönnen und es uns dabei als dekadente Westler auch richtig gut gehen lassen. Man lebt ja vermutlich nur einmal - auch wenn die Buddhisten das ein wenig anders sehen.

Unsere erste Amtshandlung in Luang Prabang ist der Gang zu einer Bank, denn noch immer sind wir praktisch ohne Kip, der laotischen Landeswährung. Zwar ist auch der US-Dollar weit verbreitet, doch für kleinere Transaktionen ein wenig zu sperrig. Anschließend frühstücken wir in einem kleinen Straßenrestaurant, finden noch ein Internetcafe für den aktuellen Blogeintrag und packen dann im Guesthouse wieder unsere Sachen. Püntlich wie verabredet holt uns dann der Fahrer vom Bel Air Resort ab, während wir einen etwas zerknirscht wirkenden Guesthouse-Besitzer zurücklassen.

Website des Bel Air Resort



Blick in Richtung Altastadt von der Old Bridge
Das Bel Air Resort ist eine wunderschöne Anlage am Westufer des Nam Kha Flusses. Auf einem ausgedehnten Gartengelände befinden sich komfortable Holzbungalows, ein Restaurant und gemütliche Sitzecken. Von der Stadt aus erreicht man das Resort in aller Regel über die Old Bridge, eine Fußgänger- und Zweiradbrücke, die den Nam Kha in unmittelbarer Nähe unseres Bungalows überquert. Vor allem abends und morgens rattert allerhand Kleinverkehr &uuber;ber die Holzbohlen, was jedoch in keiner Weise stört .Schließlich wohnt man ja inmitten des südostasiatischen Lebens, nur eben zeitweilig um einiges komfortabler.

Es hat auch Resortgäste gegeben, die die Lage ihrer Unterkunft als zu weit entfernt von den Sehenswürdigkeiten Luang Prabangs empfunden haben und auch in der Old Bridge nur eine rostige Belästigung sahen. Diese Leute sollten sich aber ernsthaft fragen, ob sie nicht vielleicht besser in einer Clubanlage oder einem Seniorenkreuzer aufgehoben wären, denn zu Fuß hat man die Altstadt in einer guten Viertelstunde, mit dem kostenlosen Leihfahrrad gar in wenigen Minuten erreicht. Aber da müsste man sich ja bewegen und könnte durch allzu viele Eindrücke überlastet werden...


Blick vom Phou Si zur Old Bridge
Luang Prabangs Altstadt liegt auf einer Landzunge, die von Mekong (laotisch: Nam Khong) und seinem Nebenfluss Nam Khan gebildet wird. Hier befinden sich die meisten Sehenswürdigkeiten, die Bootsablegestellen und natürlich auch der größte Touristenrummel. Der Berg Phou Si markiert den Übergang zum südlichen Teil der Stadt, der ärmer an Tempeln, als Wohngegend der Einheimischen aber um so reicher an günstigen Restaurants und Einkaufsläden ist. Auch die Touristenkonzentration nimmt hier deutlich ab.

Kaum ein Tourist dagegen verirrt sich in das Viertel westlich des Nam Khan, das nur über die Old Bridge und für Autos auf einer weiter südlich gelegenen neuen Brücke zu erreichen ist. Hier liegen einige der Märkte Luang Prabangs, sehr einfache Wohnungen und einige Kneipen, deren Wirte keine Ausländer mehr unter ihren Gästen erwarten dürften. Die Bierpreise sind entsprechend moderat, die Atmosphäre ursprünglich bis funktional.

Bereits im Jahre 1353 wurde Luang Prabang vom Reichsgründer Fa Ngoum zur Hauptstadt von Lane Xang Hom Khao (Reich der Millionen Elefanten und des Weißen Schirms) erhoben, dem historischen Vorgängerreich des heutigen Laos. Damals hö,;rte die Stadt noch auf den etwas schwerfälligen Namen Xieng Dong Xieng Thong und Regierungssitz eines erfolgreich expandierenden Reiches, das sich bis Nordostthailand erstreckte. Bei aller Größe gab es in Lane Xang jedoch kaum eine zentralistische Organisation der Regierung, sonder vielmehr eine mittlere Zahl lose miteinander verbundener Fürstentümer, die dem König in irgend einer Weise verpflichtet waren.

Bereits Fa Ngoum brachte den Theravada-Buddhismus als Staatsreligion ins Land, der sich jedoch nicht bis in die entlegeneren Ecken des sehr dünn besiedelten Landes ausbreiten konnte. Dort spielten Geisterglaube, Ahnenkult und Animismus eine größere Rolle, was insbesondere in den Bergdörfern noch bis heute der Fall ist. Da half es auch nicht, dass König Photisarath den Geisterglauben per Gesetz verbat.


Abends im Bel Air Resort, Blick vom Bungalow
1560 schließlich verlegte König Setthathirath den Regierungssitz ins heutige Vientiane, weil Xieng Dong Xieng Thong zu nah an der burmesischen Grenze lag und so den Expansionsgelüsten des Nachbarreiches ausgeliefert war. Zur Entschädigung beließ er die vom König von Angkor gestiftete Buddha-Figur Pha Bang in der Stadt, die als Wallfahrtsort von nun an Luang Prabang hieß.Mit der Figur kamen zudem noch tausende Mönche, Handwerker und Künstler in die Stadt, die von da an eine ganz spezielle Entwicklung in Sachen Architektur und Stadtplanung vollziehen konnte.

Nach vielen Wirren wurde Luang Prabang Angang des 18. Jahrhunderts erneut Hauptstadt, aber nur des kleineren Teilreiches Luang Prabang, in das Lane Xang nach seiner Teilung unter anderem zerfiel. Mit dem Einmarsch der Burmesen 1753 und schließlich der Siamesen schien das Schicksal der einst so glänzenden Stadt besiegelt. Erst, nachdem der Franzose Auguste Pavie dem laotischen König Oun Kham anbot, die Stadt als Protektorat unter französischen Schutz zu stellen, schien der Aufstieg zu alten Ehren möglich. Und tatsächlich, Luang Prabang avancierte in dieser Zeit zu einem neuen kulturellen, geistigen und politischen Zentrum des Landes. Erst 1975, als König Si Savang Vatthana seine Abdankungsurkunde unterschrieb, war das Luang Prabangs Ära als Königsstadt endgütig Geschichte geworden. Die steinernen Zeugnisse und immensen Kulturschätze der Stadt sorgten jedoch dafür, dass der Glanz der Stadt niemals verblasste. Im Gegenteil, sie wurden zur Grundlage der zutiefst exotischen Aura Luang Prabangs, die bis ins ferne Ausland strahlte und die ersten Rucksacktouristen veranlasste, den ausgesprochen beschwerlichen Weg in die Tiefen des laotischen Dschungels auf sich zu nehmen.

Die Verheißungen goldener Pagoden und Wats, rotgekleideter Mönche und einer durch und durch mystischen Atmosphäre inmitten tropischer Vegetation lockten immer weitere Abenteurer nach Luang Prabang. Und es folgte, was folgen musste - man stellte sich immer mehr auf die Bedürfnisse der auslänidschen Besucher ein, die ihrerseits in immer größeren Scharen anreisten.

Heute ist Lunag Prabang das touristische Zentrum des Landes. Zwar gibt es noch keine Hotelhochbauten in der Stadt, wie etwa im kambodschanischen Siem Reap. Dennoch ist besonders die Altstadthalbinsel zwischen Mekong und Nam Khan fest in der Hand des Tourismus. Hier reiht sich ein Lokal an das andere, hier gibt es Reiseagenturen für Kurztrips, jede Menge Gästehäser, Internet-Cafes und Reisebedarfsläden. Und auf dem Nachtmarkt an der Nordseite des Phou Si wird ausschließlich kunsthandwerklicher Trödel verkauft; in der Regel irgendwie exotisch aussehendes Zeug, das genauso gut aus chinesischen Fabriken stammen kann und zu überh&oul;hten Preisen als Souvenir nach Wanne-Eickel oder Wuppertal wandert.



Blick vom Phou Si 1



Blick vom Phou Si 2



Mit dem Rad lässt sich LP am besten erkunden





Bootsfahrt auf dem Mekong
Die Höhle Tham Thing

An zwei Dingen kommt man in Luang Prabang nicht vorbei: Der Höhle Tham Thing an der Mündung des Pak Ou in den Mekong und dem Wasserfall Tat Kuang Si. Jedes Reisebüro in der Stadt bietet Touren zu diesen Sehenswürdigkeiten an, ebenso wie viele der Boots- und Tuk-Tuk-Fahrer. In aller Regel bucht man die Touren in einem Zweier-Paket, bei dem man morgens zur Höhle gebracht wird und am Nachnmittag den Wasserfall bestaunen kann.

Wir haben keine Lust, uns den Touristenströmen anzuschließen und buchen individuell und antizyklisch. Das heißt, wir chartern ein ganzes Boot für uns alleine, das uns über den Mekong zur Höhle bringt, und zwar am frühen Nachmittag, wenn die Touristenhorden schon längst auf dem Weg zum Wasserfall sind. Diesen wollen wir dann am Tag darauf zeitig am Morgen besuchen. Und dazwischen bleibt noch genug Zeit, um in den Straßen Luang Prabangs umher zu schlendern, bzw. nicht so viel Zeit, dass einem in dem eher überschaubaren Städtchen langweilig wird.


Im "Whiskydorf" Ban Sang Hay
Gegen Mittag bringt uns ein Tuk-Tuk zur Bootsanlegestelle am Mekong. Der Fahrer informiert die Bootsleute, die in einem Grüppchen im Schatten stehen und auf Kundschaft warten. Gemeinsam mit unserem Kapitän klettern wir dann die steilen Stufen zum Flussufer herunter. Jetzt, am Ende der Trockenzeit, hat der Mekong einen sehr niedrigen Wasserstand. In der Regenzeit würden wir sicher nicht so viele Stufen zu Fluss herunter steigen müssen.

Wir bestiegen eins der typischen Langboote, die vollbesetzt bis über 20 Personen aufnehmen können. Weil wir für einen etwas höheren Preis das ganze Boot für uns alleine gebucht haben, können wir uns nun so richtig ausbreiten, während wir die Landschaft bestaunen. Der Bootsmann schmeisst den Motor an, und schon gleiten wir über den auch mit niedrigem Wasserstand noch sehr imposanten Fluss. Die Sonne brennt vom Himmel und wir sind heilfroh über das Dach, das uns vor dem Sonnenbrand schützt.

Die Landschaft fliegt förmlich an uns vorbei. Einzig das Dröhnen des Bootsmotors stört ein wenig das Naturerlebnis. Immer wieder muss unser Captain Felsen umschiffen, die bei dem niedrigen Wasserstand bedrohlich aus den Fluten ragen. Er fährt die Strecke gewiss nicht zum ersten mal und weiß sicher auch, wo auch die unter dem Wasserspiegel liegenden Gefahren drohen.


Landschaft am Mekong
Zu beiden Seiten des Mekong erheben sich mit Dschungel überwachsene Berge; Dörfer sind dagegen nur sehr wenige zu sehen. Nach einer knappen Stunde Fahrt verlangsamt der Kapitän das Boot und steuert eine kleine Anlegestelle an. Der erste obligatorische Zwangshalt steht bevor, und zwar in Ban Sang Hay, dem Whiskydorf. Dieses liegt stattliche 50 Meter über dem Wasserspiegel und hat sich - wohl als einzige größere Siedlung auf dem zwischen Lunag Prabang und der berühmten Höhle - auf den Verkauf landestypischer Waren spezialisiert, allen voran dem Lao-Whisky. Weil wir entgegen der üblichen Touristenströme reisen, sind wir die einzigen Gäste in Ban Sang Hay. Ein paar Verkaufsstände stehen verwaist in der Sonne und uns scheint auch niemand erwartet zu haben. Es dauert eine kleine Weile, bis man uns sichtet und eher verhalten die Waren anbietet. Für leidenschaftliche Verkaufsgespräche ist es jetzt in der Mittagshitze ohnehin zu heiß.

Ban Sang Hay bedeutet übersetzt soviel wie "Dorf der Töpfer", die wahre Spezialität der Einwohner ist jedoch seit jeher das Brennen von Reisschnaps. Man vergärt Reispampe in Tonkrügen und brennt daraus über einem Holzkohlefeuer den Lau Lao. Ob sich dieses berühmte Tröpfchen auch in den beiden Flaschen befindet, die ich gleich am Ortseingang für einen moderaten Preis erstehe, weiß ich nicht. Hauptsache ist, es zockt. Claudi ersteht nach längeren Preisverhandlungen noch ein paar bunte Seidentücher, dann geht es wieder runter zum Boot und weiter zur Höhle.

Diese ist zum Glück nicht mehr weit entfernt und kündigt sich durch eine etwas vollere Anlegestelle an. Wir müssen erst über eine Reihe anderer Boote balancieren, bevor wir am Eingang schließlich unseren Obolus entrichten können. Die Höhle selbst liegt hinter einer weißen Mauer, die über eine Treppe zu erreichen ist, und ragt im Grunde nicht besonders weit in den Kalksteinfelsen hinein. Um so mehr fasziniert die eigentliche Besonderheit von Tham Thing, die tausenden Buddhafiguren, die von den laotischen Königen seit 1560 in Pilgerfahrten hier aufgestellt worden sind. Früher muss ihre Zahl um ein Vielfaches höher gelegen haben, da so mancher Tourist kostenlose Reiseandenken aus der Höhle mit nach Hause genommen hat.


Höhle Tham Thing
Über der Haupthöhle gibt es noch eine zweite, die über einen erstaunlich langen Treppenweg zu erreichen ist. Diese obere Höhle kann schon viel eher als eine solche bezeichnet werden. Sie ist vollkommen unbeleuchtet und führt etwa 50 Meter weit in den Fels hinein. Auch hier stehen noch einige wenige Buddhafiguren - ihre Kollegen müssen die Höhle zu Tausenden in Richtung Wanne-Eickel oder Pittsburgh verlassen haben. An dieser Stelle hoffen wir inständig, dass diesen Leuten jenes Pech wiederfahren möge, von dem einheimische Reiseführer sprechen.

Vor dem Eingangstor verkaufen ein paar Kinder Vögel, die der Käufer freilassen soll um sein Karma verbessern. Dass die Kinder die armen Tierchen dabei so sehr quälen, dass ihr eigenes Karma für die nächsten Leben im Negativbereich liegen dürfte, ist ihnen allerdings nicht bewusst. Um das Ganze durch unsere Nachfrage nicht noch zu unterstützen, werfen wir den Kindern nur verächtliche Blicke zu, als sie uns ihre Käfige unter die Nasen halten.

Anschließend gehts wieder zurück ins Boot, denn die 25 Kilometer Heimfahrt wollen auch noch bewältigt werden. Alleine betrachtet, ist die Höhle Tham Thing die weite Anreise nicht unbedingt wert. In Kombination mit den Ausblicken über den Mekong hat sie sich allerdings mehr als gelohnt. Bei Einer Anreise über Land, die ebenfalls möglich ist, sieht das aber schon wieder ganz anders aus.



Tham Thing



Mekong-Ausblick



Die obere Höhle





Eines der unteren Becken
Der Wasserfall Tat Kuang Si

Die zweite Standard-Sehenswürdigkeit der Umgebung Luang Prabangs steht einen Tag später auf dem Programm. Gemäss unserer antizyklischen Besichtigungsplanung geht es schon am frühen Vormittag mit dem Tuk-Tuk zum Wasserfall. Gleich nach Verlassen Luang Prabangs muss unser Fahrer an einem Posten anhalten, sich in ein Buch eintragen und Maut bezahlen. Die 29 Kilometer lange Straße zum Wasserfall wurde eigens zur besseren Erreichbarkeit der Attraktion geteert und ist seitdem zumindest für touristische Fahrzeuge kostenpflichtig. Unterwegs gibt es wieder einen der obligatorischen Stopps, diesmal an einem Dorf der Hmong-Minderheit, einem Bergvolk, das zuweilen durch separatistische Bestrebungen auf sich aufmerksam macht. Hier fallen die Leute eher durch kommerzielle Bestrebungen auf, denn der Besuch des ach so authentischen Dorfes ist nichts weiter, als das Abschreiten eines Parcours durch Verkaufsstände. Gelangweilt bringen wir den Besuch hinter uns und kaufen nicht ein müdes Batiktuch.

Kurz darauf erreichen wir schließlich den großen Parkplatz, wo unser Fahrer so lange wartet, bis wir irgendwann geruhen, uns zurückfahren zu lassen. Der Tat Kuang Si kündigt sich zunächst mit ein paar türkisfarbenen Becken an, die inmitten der tropischen Flora eine exotische Augenweide abgeben. Der gesamte Wasserfall ergießt sich über mehrere Stufen, auf denen sich das Wasser in weiteren Becken sammelt, bevor es die nächste Etage nach unten fällt. Über einen steilen und rutschigen Dschungelpfad arbeiten wir uns zum obersten Becken vor, das knappe 100 Meter über dem untersten liegt. Unterwegs begegnet uns eine mittelgroße Schlange, die sich von unserem Herumgetrampele gestört schnell ins Gebüsch bewegt. Erst zögern wir weiterzugehen, marschieren dann aber unbekümmert drauf los, denn im Dschungel sind wir ständig von wilden Tieren umgeben, ob wir sie nun sehen oder nicht.


Ganz oben an der Abbruchkante
In der schwülheißen Luft ist es garnicht so einfach, den steilen Weg hinauf zu klettern. Der Schweiß rinnt uns in Strömen die Glieder herab und die Klamotten kleben auf der Haut. Die Belohnung für die kleine Strapaze erhalten wir dann oben auf dem Berg. Hier staut sich ein kleiner Fluss in einem knietiefen Bassin, bevor sein Wasser über eine Abbruchkante in die Tiefe rauscht. Letztere ist durch ein paar Bretter nur notdürftig gesichert, so dass wir recht ungehindert grandiose Ausblicke genießen können. So stehen wir bis zu den Oberschnekeln im erfrischenden Wasser und können uns an den Ausblicken kaum satt sehen.

Wieder unten, nimmt Claudi in einem der Becken mit dem türkisfarbenen Wasser noch ein Bad, bevor es wieder zurück in die Stadt geht. Aber auch auf der Rückfahrt erwartet uns noch ein kleiner Stopp, diesmal jedoch nicht in einem geschäftstüchtigen Hmong-Dorf, sonder einer ärmlichen Dorfschule, die der sozial engagierte Besitzer des Bel Air Resort finanziell unterstützt. Ohne eine derartige Hilfe wäre der Unterricht kaum mehr möglich, da es an elementaren Ausstattungsgegenständen mangelt.

Die Kinder spielen vor dem Schulgebäude, als unser Tuk-Tuk auf das Gelände rollt. Zusammen mit dem Fahrer betreten wir den einzigen Klassenraum, und sofort versammeln sich alle Kinder auf ihren Plätzen. Wir fühlen uns ein wenig fehl am Platz, da wir keinen Brocken Laotisch sprechen und Englisch noch nicht auf dem Stundenplan steht. Trotzdem freuen sich alle über unsere Anwesenheit und verfolgen gespannt, wie die beiden Langnasen vorne an der Tafel lustige Dinge tun. Bevor wir gehen, überreichen wir dem Lehrer eine kleine Spende und verlassen die Dorfschule mit dem Gefühl, unser Geld mal für etwas Sinnvolles ausgegeben zu haben.



Am unteren Becken



Paradiesisches Ambiente



Absturzkante mit Fernsicht





Wat Chomsi
Auf den Phou Si

Auf unserer Fahrt zum Wasserfall haben wir über den Tuk-Tuk Fahrer erfahren, dass es in Luang Prabang eine Deutsche gibt, die ihr Leben den Sorgen und Nöten der Laoten gewidmet hat. Genauer gesagt, er hat uns einfach sein Handy in Hand gedrückt, nachdem wir ihm unsere Nationalität verraten haben. Er kenne auch eine Deutsche und wir müssten mit reden, freute er sich, wählte die Nummer von "Irene" und prompt hatten wir sie am Hörer.

Nun sind wir auf dem Weg zu einem Treffen mit ihr. Irene hat sich für eine längere Zeit in einem kleinen Guesthouse einquartiert und betreibt eine Initiative, die sich insbesondere der Verbesserung im Schul- und Erziehungswesen widmet. Auf einer Reise wurde sie auf die sehr unbefriedigende Situation in Laos aufmerksam und verbringt seitdem die Hälfte des Jahres vor Ort, um die in Deutschland gesammelten Gelder korrekt verteilen zu können sowie in Zusammenarbeit mit den lokalen Verantwortlichen soziale Projekte voranzutreiben. Wir unterhalten uns lange. Sie schwärmt von der Liebenswürdigkeit der Laoten und berichtet davon, wie sehr man sich vor allem in den abgelegenen Dörfern über ihre Hilfe freue. Die laotische Jugend sei sehr lernbegeistert, erzählt sie, und würde bereits im jungen Lebensalter den hohen Stellenwert schulischer Bildung erkennen. Allerdings fehle es an allen Ecken und Enden, besonders Unterrichtsmaterial sei Mangelware.

Wir unterhalten uns sehr nett bis zum Mittag und machen uns dann an die Bestiegung des Phou Si Berges, der gleich hinter der Haustür von Irenes Unterkunft beginnt. Sie schüttelt ein wenig den Kopf über unser Vorhaben, zur heißesten Mittagszeit auf einen Berg wandern zu wollen. Ganz unrecht hat sie damit nicht, denn in Luang Prabang herrscht zurzeit eine Hitzewelle mit selbst für diese Breiten ungewöhnlich hohen Temperaturen jenseits der 40°C-Marke. Doch da wir kühles Schietwetter aus unserer eigenen Heimat zur genüge kennen, kommen wir bei dieser Gluthitze erst so richtig in Schwung.


Wat Pha Phuttabat: Geschosshülsen als Blumentöpfe
Der Phou Si, von mir auch gelegentlich und respektlos auch "Pussy-Berg" genannt, ist ein markanter Punkt in der Topographie Luang Prabangs und beherbergt gleich sechs Tempel. Diese und die grandiose Aussicht über die Stadt, den Mekong und Nam Kham machen ihn zu einem beliebten Ausflugsziel für Touristen. Besonders am Abend soll der heilige Berg der Stadt stark frequentiert sein, da sich von oben ein besonders toller Blick auf den Sonnenuntergang ergeben soll. Jetzt, am Mittag und bei geschätzten 45 Grad Lufttemperatur, sind wir weit und breit die Einzigen, die sich über den Treppenweg nach oben kämpfen.

Auf der Spitze des Phou Si thront der Wat Chomsi, ein zierlicher Tempel, auf dem regelmässig die Zeremonien zum laotischen Neujahr begangen werden. Die Aussicht von hier ist in der Tat fantastisch, der Aufstieg hat sich also mehr als gelohnt. Eine Etage weiter unten liegt Wat Pha Phuttabat, auf dessen Gelände nicht nur die "Wochentagsbuddhas" stehen, sondern auch eine Meditationshöhle und ein angeblicher Fußabdruck Buddhas. Letzterer befindet sich in einem etwas abseits stehenden schmucklosen Gebäude, das eine Wolke kleiner Fliegen umschwirrt. Vielleicht waren die Füsse des Erleuchteten so schmutzig, dass sich der käsige Belag über die Jahrhunderte erhalten konnte.

In den restlichen Tagen entspannen wir uns und sammeln Kräfte, bevor es mit dem Bus weiter in die laotische Hauptstadt Vientiane geht.


Fotoblock Luang Prabang
Highslide-Galerie: Auf Bilder klicken und dann Navigationsleiste in der Großansicht nutzen!


Home
Reiseberichte
  Asien 2009
    Abs. 1, China
    Abs. 2, China
    Abs. 3, China
    Abs. 4, China
    Abs. 5, China
    Abs. 6, Laos
    Abs. 7, Laos
    Abs. 8, Bangkok
    Abs. 9, Dubai
Radreiseberichte
Politische Texte
Sozialwissenschaft
Brennpunkt Demokratie
Textpool
Foto des Monats

Oriental Pearl Tower, Shanghai