spatzier.net

Service-Navigation


Abschnitt 5 Jΐnghóng, Mengla, chinesisch-laotische Grenze:

Weitere Fotos am Ende der Seite

Südostasien wartet!


Straßenbild Jinghong
Gut die Hälfe aller Minoritäten Chinas lebt in der Provinz Yunnan. Während sich im Nordosten bereits ein starker tibetischer Einfluss bemerkbar macht, wird der Süden hauptsächlich von Ethnien bevölkert, die ursprünglich aus den südlichen Nachbarländern Vietnam, Laos und Myanmar stammen. Auch in landschaftlicher und klimatischer Hinsicht weist Yunnan ein entsprechendes Gefälle auf. Passend zum tibetischen Gepräge des Nordostens ragen hier die Gipfel der Himalayaausläufer zum Teil bis weit über 6000 Meter in den Himmel. Der Süden hingegen ist nur mittelgebirgig, dafür reichen bis hier die Arme der südostasiatischen Tropen.

Eine besonders prominente Minderheit dieser Region sind die Dai, die den Hinayana-Buddhismus (im Gegensatz zum Mahayana-Buddhismus der Han-Chinesen) praktizieren und in linguistischer Hinsicht der Thai-Sprachfamilie angehören. Dementsprechend ist die Region Xishuangbanna so etwas wie das Klein-Thailand Chinas, nicht nur in sprachlicher, sondern auch in kultureller Hinsicht. Hier erwartet uns das Tor zu Südostasien.

Ausgesprochen ausgeruht steigen wir am Flughafen Xishuangbanna aus dem Flieger. Feuchtwarme Luft empfängt uns, das Klima lässt die unmittelbare Nähe zu den Tropen erahnen. Allerdings liegt der Flughafen einige Kilometer ausserhalb der Stadt, einen Pendelbus soll es angeblich nicht geben - das ideale Umfeld also für die Taximafia. Gleich nach Verlassen des kleinen Terminalgebäudes nehmen uns auch schon einige Droschkenfahrer oder ihre Schlepper in Empfang. Doch wir haben einen Kleintransporter ins Visier genommen, in den einige unserer Mitpassagiere einsteigen. Es riecht geradezu nach einem Bus in die Stadt. Kurzerhand steigen auch wir ein, und als der Fahrer auf mein in bestem Pseudochinesisch hervorgebrachtes "Dschinghong", kräftig nickt, machen wir es uns an Bord bequem.


Peacock Lake Park
Der Kleinbus setzt sich in Bewegung und düst über eine Schnellstraße auf Jΐnghóng zu. Draußen wird es langsam dunkel und ich versuche, anhand eines Stadtplanes im Lonely Planet die Route nachzuvollziehen. In die Stadt zu gelangen ist zwar schon die halbe Miete, doch wollen wir natürlich auch noch unser Hotel finden, bevor die Sonne wieder aufgeht - im Idealfalle ohne Inanspruchnahme der Taxizunft.

Und in der Tat, Jΐnghóng ist so überschaubar, dass es mir recht gut gelingt, aus dem fahrenden Kleinbus heraus und ohne Tageslicht Pi mal Daumen zu wissen, wo uns der Fahrer schließlich rausschmeisst. Von hier ist es nur noch ein knapper Kilometer bis zu unserem Domizil. Und dieser vergeht sehr kurzweilig, da uns Jΐnghóng schon auf den ersten Gehweg-Metern fasziniert. Die Straßen sind mit Palmen gesäumt, zwischen denen bunte kugelige Lampions alles in ein angenehmes grünliches Licht tauchen. Einfach toll. Zierbögen in thailändischem Stil überspannen hie und da die Straßige, während eine laue Tropenluft die Szenerie in ein angenehm warmes Kleid hüllt.

Zufrieden marschieren wir auf unser Hotel zu, das diesmal eigentlich nur ein billiges Hostel ist, unsere Reisekasse aber nach all den Luxusherbergen der vergangenen Tage ein wenig schont. Das Banna College Hotel liegt, wie der Name vermuten lässt, gleich neben der Provinzoberschule der Stadt. In der weißgekachelten Rezeption spricht niemand Englisch, die Formalitäten gehen trotzdem problemlos über die Bühne. Das liegt wohl auch daran, dass es der jungen Frau hinter dem Tresen eigentlich egal ist, was ich auf das Anmeldeformular schreibe. Auch meinen Pass will sie nicht kopieren; wie es scheint, nimmt man es hier mit der polizeilichen Registrierung von Touristen nicht allzu genau. Unser Zimmer kostet pro Nacht 70 Yuan (ca. 7 Euro), ist recht geräumig und sauber. Dass die unterdimensionierte Klimaanlage den feuchtwarmen Raum kaum kühlen kann und aus der Duschattrappe nur ein müdes Rinnsal tröpfelt, stört uns da nicht besonders. Direkt am Hosteleingang befindet sich ein Kiosk mit Sitzbänken, der von den Collegestudenten rege frequentiert wird. Wie es sich gehört, verkauft man hier auch gut gekühltes Bier - nach dem langen Tag genau das Richtige.

Und so sitzen wir am späten Abend vor unserer Stube und schauen dem Treiben auf der Straße zu, während uns ein warmer Wind um die frisch gekühlten Kehlen weht.


Straßentreiben

Jΐnghóng


In der Mengle Dadao
Jΐnghóng ist die Hauptstadt der Provinz Xishuangbanna und beherbergt im unmittelbaren Stadtgebiet knapp 100.000 Einwohner, von denen die Han-Chinesen nur ein knappes Drittel stellen, dicht gefolgt von den Dai und Hani. Die Stadt liegt am hier noch überschaubaren Mekong und ist umgeben von einer grandiosen Dschungellandschaft, die sich über weite Bergketten erstreckt und in der es sich angeblich bestens trekken lässt. Obwohl hie und da Glasfassaden auf Stahlbeton durch die Palmen blinken, ist Jinghong eher ein schläfriges Dschungelstädtchen als eine geschäftige Provinzhauptstadt. Exotisch und liebevoll hat man die Straßen gestaltet, so dass man selbst im Zentrum den umgebenden Dschungel spürt. Und wenn sich schon am späten Vormittag eine bleierne Schwüle über die Stadt legt und jede Bewegung in Arbeit ausarten lässt, ist klar, dass die Tropen in Jΐnghóng bereits begonnen haben.

Abgesehen von den nett angelegten Straßen, gibt es in Jΐnghóng nicht allzu viel zu sehen. Unser erster Tag beginnt mit einem Besuch beim örtlichen CITS zwecks Organisation der Weiterreise. Wie in China nicht unüblich, hat die Stadt mehrere Busbahnhöfe, so dass der Fahrkartenkauf bereits an der Auswahl des richtigen Abfahrtortes scheitern kann. Der Mann im unscheinbaren CITS-Büro versteht allerdings auch nur Bahnhof, kann uns immerhin aber auf dem Stadtplan zeigen, wohin wir uns wenden mü:ssen, um eine Fahrkarte in Richtung Laos zu erhalten.

Dieser Reiseabschnitt droht unversehens ein wenig kniffelig zu werden. Es gibt mehrere Möglichkteiten, von Jΐnghóng aus nach Luang Prabang zu kommen. Am liebsten wäre uns eine Direktverbindung, die es aber erst im 60 Kilometer entfernten Mengla gibt. Fahrkarten für diesen Schlafbus können wir allerdings auch erst dort kaufen, was zudem noch davon abhängt, ob überhaupt noch Plätze frei sind, da der Bus bereits in Kunming startet. Sollte das nicht der Fall sein, bliebe uns nur der tägliche Schrottbus ins laotische Luang Nam Tha. Wir haben also keine andere Wahl, als einen Bus nach Mengla zu nehmen, dort zu übernachten und am darauf folgenden Morgen auf freie Plätze zu hoffen.


Grüner Kreisverkehr
Ein wenig angesäuert machen wir uns noch vor dem Mittagsmahl auf den Weg zum Busbahnhof Nummer Zwei und können dort im allgemeinen asiatischen Durcheinander nicht einmal den Eingang finden. Überhaupt versteckt sich der Busbahnhof hinter ganz gewöhnlichen Häuserfassaden und ist als solcher kaum zu erkennen. Nur die vielen Minibusse, die auffällig oft aus einer Art grösserem Hinterhof herausfahren, machen uns schließlich stutzig. Orientierungslos betreten wir die kleine Schalterhalle durch die Ausgänge und blicken kurz darauf auf die gelb leuchtenden Symbole auf der Fahrplananzeige - chinesische, versteht sich.

So müssen sich Analphabeten fühlen, denken wir uns beim Anblick der vielen Leute, die den Zeichensalat interessiert studieren. Allerdings sind wir nicht nur Analphabeten, sondern auch noch taubstumm. Als wir am Fahrkartenschalter an die Reihe kommen, halten wir der Dame unseren Sprachführer hin und deuten lächelnd auf die Zeichen für "Mengla" und "morgen". Die wortlose Kommunikation funktioniert, und da die Uhrzeiten auch hier in arabischen Ziffern angegeben werden, fällt die Einigung nicht schwer. Glücklich und mit zwei Fahrkarten in der Tasche marschieren wir erstmal in ein Restaurant und essen unseren wohlverdienten Fried Rice.

Bummel durch eine entspannte Stadt


Auf dem Weg zur Mekong-Brücke
In Jΐnghóng tanzt der Bär in der Manting Lu, einer engen Straße, in der sich ein Laden an den anderen Reiht. Hier hat auch das Mei Mei Café seinen Sitz, dessen europäischer Besitzer den Travellern außer (nicht unbedingt preiswerten) Snacks auch allerlei Reisetipps serviert. Letztere hat er in einer dicken Mappe gesammelt, die man uns auf Nachfrage an den Tisch bringt. Die Infos zur Weiterfahrt nach Laos stimmen mit unseren Erfahrungen vom Vormittag überein, und als Dreingabe schreiben wir uns noch die Adresse eines empfohlenen Hotels in Mengla heraus.

Neben dem Mei Mei Cafe gibt es noch eine zweite Informationsstelle für Traveller, nämlich das Mekong Café, das wir erst nicht finden können, weil es in die Jingde Lu umgezogen ist. Auch hier nehmen wir eine Kleinigkeit zu uns, trinken ein leckeres Tsingtao Bier und kommen mit dem französischen Wirt ins Gespräch, der vom Leben in seiner Heimat kaum mehr angezogen ist. Er meint, in China könne man gut und ohne Schikanen leben, wenn man sich an einige Regeln für Expats hielte. Auch sei man hier viel aufgeschlossener und freundlicher, als in seiner Heimat. Einmal sei er wegen einer Hochzeit in Paris gewesen. Als er in einem Café einem anderen Gast freundlich zugelächelte, habe dieser gleich angenommen, er wolle Geld schnorren. Auch wir lächeln Wirt und Bedienung an, zahlen aber anstaltslos unsere Zeche.


Der Mekong bei Jΐnghóng
Mittlerweile hat ein leichter Regenschauer eingesetzt. Auf dem Weg ins Hotel kaufen wir uns noch zwei tellergroße Platten Pu-Erh-Tee, der hier in der Region eine Spezialität ist. Zurück im Hotel ruhen wir uns sodann für den großen Showdown aus. Nach Einbruch der Dunkelheit geht es zurück in die Manting Lu, wo wir ein einladendes Thai-Restaurant endeckt haben. In Unkenntnis der Portionsgrössen bestellen wir, was das Zeug hält und finden uns kurz darauf an einem völlig überladenen Tisch wieder. Wir brauchen fast bis zum Ladenschluss, um die Sachen zumindest soweit aufzuessen, dass wir den Laden ohne grösseren Gesichtsverlust verlassen können.

Jΐnghóng ist gerade am Abend besonders sehens- und auch hörenswert. Letzteres deshalb, weil jeder auch noch so kleine Laden nach Sonnenuntergang veritable Lautsprecherboxen vor seinen Laden stellt und den Bürgersteig beschallt. Das ist vor allem in der westlichen Xuanwei Dadao der Fall, wo ein Beschallungstechnikladen neben dem anderen liegt. Hier stellt man einfach ein paar mannshohe Boxen vor die Tür und kann so auch gleich seine Produkte vorstellen. Wenn um kurz nach zehn Uhr dann alle Läden reihum schlieÃßen, werden in Jinghong die Bürgersteige hochgeklappt. Zum Glück hat noch unser College-Kiosk auf und versorgt uns mit einem Schlummertrunk. Wir brauchen einen guten Schlaf, denn morgen geht es weiter nach Mengla.


Brücke über den Mekong



Der ziemlich trockene Mekong



Jΐnghóng


Fahrt in den tiefsten Süden Yunnans - nach Mengla


Mengla Jie
Am Morgen nach dem opulenten Thai-Mahl schlafen wir erst eimal aus, denn unser Bus rollt erst um 11.30 Uhr nach Mengla. Auf dem Weg zum Busbahnhof Nummer Zwei haben wir sogar noch Zeit für einen Besuch im Internet-Café. "Café" trifft die Sache nicht so richtig, denn hier handelt es sich vielmehr um einen ungemütlichen abgedunkelten Saal mit einer Unmenge von Rechnern. Auf den Bildschirmen flackern zumeist bunte Spielchen; wir hingegen kontrollieren nochmal, ob unsere Hotelbuchung für Luang Prabang geklappt hat. Sie hat, und so gehen wir zufrieden zum Busbahnhof, lassen auch hier unser Gepäck durchleuchten und harren dem Ablauf der Dinge.

Die Fahrt ins 60 Kilometer entfernte Mengla findet im Ford-Transit Minibus statt. Es ist ein wenig eng für die langen Westlerbeine, und zudem wird die Aussicht auf die Landschaft ein wenig durch zwei Frauen getrübt, die unablässig auf ihren Handys angerufen werden, aber die Gesprä,che aus welchen Gründen auch immer nicht annehmen. In der Folge dudeln die chinesischen Pop-Klingeltöne durch den ganzen Bus - hier stört sich aber niemand daran. Die Fahrt geht über eine bestens ausgebaute Autobahn, die über Brücken und durch durch Tunnels ein veritables Mittelgebirge durchquert. Hie und da fällt unser Blick auf traditionelle Dai-Dörfer mit ihren typischen Pfahlbauten aus Holz. Eine Bauweise genau wie im südlichen Nachbarland Laos.


Straßenszene
Der Lonely Planet tut Mengla ein wenig Unrecht, wenn er behauptet, dass der einzige Grund für einen Aufenthalt hier sei, es nicht rechtzeitig über die Grenze geschafft zu haben. So schlimm sieht es in der Kleinstadt bei weitem nicht aus, eher im Gegenteil. Mengla besteht hauptsächlich aus der Mengla Jie, die einem Talverlauf folgt und von der aus nur kurze Seitenstraßen zu beiden Seiten abgehen. Die Mengla Jie ist eine palmbestandene Allee, auf der sich eine erstaunlich große Menge an Läden und Restaurants aufreiht. Auch gibt es hier gleich drei (!) Busbahnhöfe, und eine unserer dringendsten Aufgaben ist es wieder mal, den richtigen ausfindig zu machen.

Dabei hilft uns prompt ein kleiner Chinese mit einer Fahrradrikscha, der ein wenig Englisch kann und uns Langnasen sofort als lukrative Kundschaft ausgemacht hat. Er will uns zum Hotel radeln, was wir jedoch ablehnen. Nach eingen Verhandlungen transportiert er schließlich unser Gepäck auf der Rikscha, während wir ihm hinterher joggen. Der kleine Mann hat jede Menge praktische Infos für uns; er kann uns nicht nur sagen, wo unser Bus nach Laos abfährt, sondern auch, wie das Prozedere mit dem Ticketkauf abläuft und wo wir Geld wechseln können. Nachdem er auch noch unser Zimmer in einem günstigen Chinesenhotel (Tianja Hotel) für uns klargemacht hat, geben wir ihm gerne ein gutes Trinkgeld für seine Dienste.


Wohnen am Fluss
Das Tianja Hotel ist ein typisches Chinesenhotel mit standardisierter Zimmereinrichtung - zweckmässig, nüchtern, sauber. Wir logieren in der vierten Etage und haben aus unserem Fenstern einen guten Blick auf das Treiben auf der Mengla Jie. Kurios ist, dass das Hotel keine gemauerte Rückwand besitzt. Hier wird der Flur auf der einen Seite von den Zimmertüren, auf der anderen Seite von einem mit losen Planen behängten Gerüst begrenzt. Viel zu sehen gibt es in Mengla nicht, und so wandern wir die ellenlange Mengla Jie hoch und runter. Uns ist, als würden wir hier von den Leuten besonders intensiv beäugt. Schulkinder winken uns fröhlich zu und freuen sich wie die kleinen Könige, wenn wir zurückwinken. Nur ein alter Mann fällt aus der Reihe und sondert laute Tiraden ab, als er uns anspricht und wir kaum darauf antworten können. Aber auch Mengla braucht seinen Dorfdeppen. Am Abend suchen wir uns ein einfaches Restaurant mit den typischen runden Tischen und dem obligatorischen Grünteeausschank. Kaum ist das Glas etwas weniger als halbvoll, wird auch schon wieder ausgeschenkt. Der verwendete Tee ist für deutsche Teelandenverhältnisse sehr gut, in China aber wohl eher ein mittelmäßiger Gebrauchsaufguss.

Auf dem Heimweg erleben wir, dass Mengla nach Sonnenuntergang eine kleine Metamorphose durchlebt. Salons mit schummrigem Rotlicht und leichtbekleideten Angestellten öffnen ihre Pforten und auf der Mengla Jie tummelt sich zunehmend zwielichtiges Publikum. Und ein recht ausdauerndes dazu, denn während wir am nächsten Morgen um kurz nach sechs Uhr zum Busbahnhof stolpern, scheint das gleiche Klientel vom Vorabend immer noch auf den Bürgersteigen unterwegs zu sein.


Auf der Mengla Jie



Rückwand des Tianja Hotels



Unser Gepäck auf der Fahrradrikscha


Zur Grenze nach Laos


Im Schlafbus von Mengla nach Luang Prabang
Unser Wecker reisst uns mitten in der Nacht aus dem Schlaf. Um kurz vor Sechs heisst es aufstehen, duschen, noch schnell einen Kaffee reinschütten und zum Busbahnhof tapern. Zum Glück wissen wir, welcher der drei Busbahnhöfe für uns zuständig ist - und das ist praktischer Weise der, auf dem wir gestern angekommen sind. Die Schalterhalle hat bereits geöffnet und es warten erstaunlich viele Menschen auf ihren Bus irgendwohin in China oder Laos. Irgendwie schaffen wir es wieder, unseren Wunsch der netten Dame am Fahrkartenschalter verständlich zu machen. Kurz darauf halten wir überglücklich zwei Tickets für eine Non-Stop-Fahrt nach Luang Prabang in den Händen. Der Bus aus Kunming wartet auch schon auf dem Hof, so dass unsere größten Sorgen weggeblasen sind. Bleibt nur noch, im fast vollbesetzten Bus zwei Plätze zu finden, und die wenn es geht, zusammen und am Fenster.

Der Bus ist ein Schlafbus, was in China bedeutet, dass es keine Sitze, sondern nur Liegen gibt. Diese sind doppelstöckig und durchziehen den Bus in drei langen Reihen. Da der Bus am vorigen Abend in Kunming gestartet ist, ist Mengla der erste lägere Halt und die Passagiere sind gerade dabei, aufzuwachen und sich frisch zu machen. Wir quetschen uns zwischen die Leute und finden in der Tat zwei benachbarte Liegen, die noch frei sind. Dann machen wir es uns bequem und warten auf die Abfahrt.


Grenzort Mohan
Wir stellen schnell fest, dass Reisen im Schlafbus eine ausgesprochen angenehme Sache ist. Man liegt ausgestreckt in bequemen Liegen und kann dabei aus dem Fenster schauen und die Landschaft an sich vorbeiziehen lassen. Damit man in scharfen Kurven nicht aus der Liege fallen kann, gibt es eine hochgezogene Umrandung an der Bettkante. So rollen wir in totaler Entspannung durch die letzten Kilometer auf chinesischem Boden. Die Autobahn ist bestens ausgebaut und kann es locker mit deutschen Hochleistungsverkehrswegen aufnehmen, nur mit dem Unterschied, dass hier viel weniger Verkehr ist und dank eines Tempolimits auch niemand der Versuchung unterliegt, sein fehlendes Selbstbewusstsein durch Raserei zu kompensieren. Besonders gut gefällt uns dabei ein stilisierter Elefant, der den Autofahrern von großen Schildern herunter Tipps gibt, wie etwa nicht betrunken zu fahren, sich anzuschnallen oder nicht zu drängeln.

Nach einer Dreiviertelstunde ist die angenehmen Fahrt erstmal vorbei - wir sind in Mohan, dem Grenzort. Mohan wirkt aufgeräumt und sauber, hier scheinen viele der chinesischen Grenzbeamten auch zu wohnen. Ohne dass wir wissen, was los, ist, hält der Bus und alle steigen aus. Ein Chinese bemerkt unsere Ratlosigkeit und führt uns mit dem Wort "Passport" auf die richtige Fährte. Kurz darauf stehen wir uns in einer langen Schlange die Beine in den Bauch, denn es wollen ziemlich viele Menschen hinüber ins Nachbarland Laos.


Eingang zum Niemandsland
Die Ausreiseformalitäten gehen schnell und problemlos über die Bühne. Nur bei Claudia dauert es ein wenig länger, weil der Beamte Schwierigkeiten hat, ihren langen Nachnamen in den Computer zu tippen. Überhaupt sind die Beamten ausgesprochen freundlich und hilfsbereit; es gibt sogar eine Beschwerdebox, falls man mit dem "Service" nicht ganz zufrieden sein sollte.

Danach ist wieder Warten angesagt, denn der Zoll muss noch den Bus durchsuchen. Nach einer halben Stunde kommen schließlich zwei Beamte herbei und beginnen mit der Arbeit. Wahllos und ein wenig gelangweilt greifen sie zwei Koffer heraus und lassen sie sich öffnen. Nix Interessantes drin. Als ihre Blicke auf unsere Westler-Rucksäcke fallen, ist für die Beamten natürlich ein wenig Abwechslung in Sicht. Wir legen unser Gepäck vor den Bus und schauen zu, wie die Grenzsoldaten darin herumwühlen. Aber nicht nur wir schauen zu, sondern auch die Häfte der Busbesatzung - Privatsphäre sieht anders aus, aber in China nimmt man auch das zuweilen nicht so genau. Interessant ist, was die Beamten näher unter die Lupe nehmen. So wird ein Roman von Claudia auf das genauste durchgeblättert; vielleicht um zu sehen, ob verbotene Bilder drin sind oder plattgepresste Drogen zwischen den Seiten kleben. Oder auch nur, um einmal im Leben ein echtes Buch in den Händen zu halten.

In meinem Rucksack hat des dem Beamten meine Duschtasche angetan, in der neben Zahnbürste und Rasierzeug auch ein Teil unserer Reiseapotheke untergebracht ist. Der Beamte schaut sich die Tabletten an, kann aber wenig damit anfangen. Dann stöbert er noch halbherzig in den Klamotten herum und bedeutet uns, die Sachen wieder in den Bus zu packen. Irgendwie kommt es uns vor, als täte es ihm leid, in unseren Sachen wühlen zu müssen; und auch interessieren sie sich nicht für die brisanteren Geheimtaschen der Rucksäcke, die viel besser zur Aufnahme von Verbotenem geeignet wären, als die Duschtasche oder ein Roman. Egal, wir steigen endlich wieder in den Bus und durchfahren das Niemandsland zwischen China und Laos, an dessen Ende noch ein letztes Plakat mit dem Autobahnelefanten und einer Sprechblase mit "Hope to see you again!" hängt. Es ist schon ein wenig schade, China zu verlassen, denn wir haben uns im Reich der Mitte ausgesprochen wohl gefühlt.


Erste Straßenkreuzung in Laos
Ganz im Gegensatz zu den gepflegten und aufwändigen Grenzgebäuden der chinesischen Seite, wartet Laos nur mit einer blaugetünchten Holzbude auf. Keine Schlagbäme, keine herausgeputzten Beamten - nur eine Holzbude mit einer Dreckfläche davor, auf der ein schäbiges Klo steht. Uns ist ein wenig flau im Magen, denn wir haben kein laotisches Visum und könnten theoretisch an der Grenze abgewiesen werden. Es werden zwar Visa-upon-arrival an der Grenze ausgestellt, aber eigentlich nur für Bürger aus Staaten, in denen es keine laotische Botschaft gibt. Deutschland gehört also nicht dazu, und man weiß ja nie, wie die politische Situation sich in einem südostasiatischen Land ändert oder ob die Grenzer am Vortag gezecht und daher mies drauf sind. Würde man uns abweisen, bliebe uns auch der Weg zurück nach China versperrt, weswegen wir den Rest unseres Lebens wohl als Bettler im Niemandsland verbringen müssten.

Unsere Sorgen sind unbegründet, denn im ersten Schalter der Holzbude sitzt ein leger in Zivil gekleideter Mann, der uns Visaanträge aushändigt und uns nach Zahlung von je 32 US$ einen dicken Stempel in die Pässe drückt. Wir sind darüber so erfreut, dass wir glatt vergessen, am nächsten Schalter die Einreiseformalitäten zu erledigen. Ein Kontrollbeamter bemerkt unser Versämnis jedoch und schickt uns freundlich zurück.

Auf dem Parkplatz wartet der Bus bereits auf uns. Wir flözen uns wieder in unsere Liegen, denn geht die Reise weiter - diesmal durch Laos.

Highslide-Galerie: Auf Bilder klicken und dann Navigationsleiste in der Großansicht nutzen!

Vorheriger Abschnitt Nächster Abschnitt

Karten

  • image

    China / Laos


Alle Inhalte © Frank Spatzier 2009