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Süditalien, Sizilien und die Äolischen Inseln (Juli 2002)

Abschnitt 3: Sizilien Südost

Von Acireale bis Avolà

Nachdem wir die geplante Wanderung auf den höchsten Vulkan Europas verschoben hatten, bauten wir am 11. Juli unsere Zelte in Acireale ab und machten uns auf den Weg nach Süden. Auf der Landstraße fuhren wir durch Acireale auf Catania zu. Wir hätten anstelle dieser Landstraße auch eine Autobahn nehmen können, die dem großstädtischen Moloch weitgehend aus dem Wege gegangen wäre, doch wollten wir auch einige Eindrücke aus der wundersamen Welt sizilianischer Ballungsräume mitnehmen. Catania ist mit 400.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt auf Sizilien und liegt wie auf einem Präsentierteller am Fuße des Ätna, der der Stadt schon häufig zugesetzt hat. Da wir nicht vorhatten, Catania zu besuchen, verließen wir die Landstraße in Richtung Zentrum, um zu einer Autobahnanschlußstelle zu gelangen. Die Übergänge zwischen den einzelnen Städten sind hier nicht mehr festzustellen. Acrieale geht unbemerkt in Aci S. Filippo über, dieses in Aci Trezza, dieses in Aci Castello und danach befindet sich der Reisende schon in den unmittelbaren Vororten Catanias, die sich durch dichte Besiedlung, vielspurige Straßen und flächige Industrieansiedlungen ausweisen. Der Verkehrsfluss nahm hier rapide zu und bei jeder roten Ampel mussten wir Einzelfallentscheidungen zwischen dem Risiko eines Strafmandats wegen Mißachtung der Signalanlage oder der Entladung des Unmutes unzähliger hupender Autofahrer treffen. Kurz vor Misterbianco, das immer noch im großstädtischen Ballungsgebiet liegt und keinen sehr einladenden Eindruck auf uns machte, stießen wir auf wieder auf die Autobahn A 19, die uns geradewegs in die Piana di Catánia hineinleitete.

Die Ebene von Catania ist die flächengrößte Ebene Siziliens und Hauptanbaugebiet für Zitrusfrüchte. Optisch bietet sie ein eher eintöniges Bild. Ihr südliches Ende wird durch die Stadt Augusta (35.000 EW) markiert, die schon von weitem an den hohen Schornsteinen der vorwiegend petrochemischen Industrie zu erkennen ist. Der Umfang der Industrieanlagen ist beachtlich, und auf der Autostraße weisen mehr Schilder auf die einzelnen Firmen hin, als auf die umliegenden Ortschaften. Ist man an Augusta vorbei gefahren, beginnt der Süden Siziliens, der sich auch durch eine Veränderung des Landschaftsbildes anzeigt. Immer mehr beherrschen helle Kalksteinhügel und -berge die Umgebung, die eine merkwürdig geruhsame und ruhige Atmosphäre ausstrahlen. Die Straße führt vorbei an Siracusa und trifft nach einer halben Stunde Fahrt auf das Städtchen Àvola, in dessen Nähe unser Campingplatz lag. Der Camping Sabbiadoro liegt zwei Kilometer vor dem Ortseingang zu Àvola direkt am Meer und ist in Terrassen angelegt. Jede der Terrassen bietet genügend Platz für weiträumige Zeltaufstellung mit genügend Abstand zu den Nachbarn. Zwischen den einzelnen Terrassen sind Beete mit unzähligen tropischen und subtropischen Pflanzen angelegt, was sich ungemein positiv auf die Atmosphäre dieses Campingplatzes auswirkt. Das Campen inmitten eines üppigen Paradiesgartens tröstet dann auch über die sehr bescheidenen und unterdimensionierten Sanitäranlagen hinweg.

Das Naturreservat Vendicari

Nur noch wenige Kilometer nördlich vom südlichsten Punkt Siziliens liegt das Naturreservat Vendicari. Es handelt sich dabei um ein Biotop aus Macciagebüsch, Feigenkakteen und Feuchtzonen, das gerne von Vögeln und Wasserschildkröten aufgesucht wird. Das Naturschutzgebiet verläuft entlang der Küste und ist außer einigen Hügeln beinahe völlig eben. Vor dem Eingang kann das Auto auf einem bewachten Parkplatz für einen geringen Betrag abgestellt werden, der Eintritt selbst ist frei.

Auf befestigten Wegen wird der Besucher durch das weitflächige Gelände geführt. Im Groben bieten sich vom Eingang aus zwei Wanderrouten an, von denen die erste nach Norden zur Calamoshe, einer sandigen Meeresbucht, und die zweite in Richtung Süden zur Cittadella führt. Wir entschieden uns für den Weg zur Calamoshe. Vorbei an einem ausgetrockneten Salzsee, dem Torre Vendicari, und der verwaisten Tonnara führt der Weg durch eine Landschaft, die mal an eine Wüste, ein anderes mal an eine Heide erinnert. Einmal beherrscht Macciagewächs die Fläche, dann wiederum sind nur Feigenkakteen zu sehen - so weit das Auge reicht. Alles in allem ist das Naturreservat Vendicari ein beeindruckender Ort mit einer unvergleichlichen Atmosphäre. Vor allem in der langsam untergehenden Sonne bieten sich einzigartige Ausblicke und Landschaftsstimmungen. Wir brauchten für den gemächlichen Marsch vom Reservateingang zur Calamoshe und wieder zurück knapp drei Stunden. Die Temperatur schwankte zwischen 30 und 35 Grad und schmerzhafte Sonnenbrände auf den Waden rückten langsam die Bedeutung von Sonnenschutzcremes und des gelegentlichen Aufsuchens von Schattenflächen in das rechte Licht.

Eindrücke aus dem Naturreservat Vendicari

Agaven
Hohe Agaven

Schattenspiele
Schattenspiele

Calamoshe
An der Calamoshe

, Wilde Hunde
Wilde Hunde (harmlos)

Salzsee
Ausgetrockneter Salzsee (Pantano Grande)

Die Nekropolen von Pantálica

Seit dem 13. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung errichteten Menschen im weichen Kalkgestein des Hibläischen Gebirges Wohnhöhlen, Schlupflöcher und Grabstätten. Bei den Nekropolen von Pantálica handelt es sich um eine riesigen antike Grabanlage, die aus mehr als 5.000 in den Fels geschlagenen Grabhöhlen besteht. Im Gebiet der Nekropolen befindet sich zudem die Schlucht des Flusses Anapo. Ihre hohen Steilwände sind ebenfalls mit unzähligen Grablöchern durchsetzt.

Früh um 9 Uhr morgens fuhren wir los zum Ausgangspunkt unserer Nekropolen-Wanderung. Dieser sollte ursprünglich bei den Nord-Nekropolen in der Nähe der Stadt Sortino liegen, die von Avola aus nach einer kurzen Autobahnfahrt in Richtung Syrakus über die SS 124 zu erreichen ist. Weit hinter Solarino bogen wir auf eine kleine Landstraße ab und fuhren über das Bergdorf Ferla (556m) schließlich in das weiträumige Gebiet der Nekropolen. Nach der Ortsdurchfahrt landeten wir auf einem schmalen Sträßchen, das nach einigen Kilometern unverhofft und unangekündigt in einen winzigen Parkplatz mündete und sich damit als eine sehr lange Sackgasse herausgestellt hat. Diese Stelle war zwar nicht der ursprünglich anvisierte Ausgangspunkt unserer Wanderung, entpuppte sich aber auch als guter Startplatz, zumal Nekropolen und Anapo-Schlucht direkt vor uns lagen.

Auf einem schmalen Weg stiegen wir hinab in das Tal, vorbei an jeder Menge in den Stein geschlagener Löcher. Unten angelangt, kamen wir durch dichtere Vegetation an den Anapo-Fluss, der über eine Furt aus Steinen zu überqueren war. Kurz darauf stiegen wir in den Fluß und und wateten, so weit es ging, durch das Wasser. In der Mittagshitze, die an diesem Tag Temperaturen von über 40 Grad erreichte, erwies sich dieser Marsch durch das kühle Wasser nicht nur als Ausflug in ein äußerst reizvolles Terrain, sondern auch als eine willkommene Erfrischung. Wir kletterten über Felsen und wühlten uns durch die Vegetation, bis das Wasser schließlich Bauchtiefe erreichte und nur noch schwimmend zu durchqueren gewesen wäre. Überall begegneten uns Massen von Libellen (oder libellenähnlichen Insekten), die wir bei der Wasserdurchquerung aufscheuchen und stören mussten. Keines von ihnen stach uns, was darauf schließen lässt, dass diese Tiere entweder sehr friedfertig sind, oder aber garkeinen Stachel besitzen. Auf einem in den Fluß hinein ragenden Felsvorsprung hatten zwei seltsame Gestalten ihr Quartier aufgestellt. Als das Wasser zu tief wurde kehrten wir um, machten eine kleine Rast und stiegen wieder die Schlucht hinauf zum Parkplatz.

Bergdorf Ferla
Bergdorf Ferla (556 müNN)

Im Anapo
Im Anapo

Am Fluß Anapo
Unten am Fiume Anapo

Eine Großhöhle
Eine Großhöhle

Karte

  • Route Italien


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