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Süditalien, Sizilien und die Äolischen Inseln (Juli 2002)

Abschnitt 6: Bergwandern auf Lìpari und Vulcano

Zwei Berge auf der Insel

Auf Lìpari standen zwei ausgedehnte Bergwanderungen an. Der erste Marsch führte uns hinauf auf den 364 Meter hohen Monte Guardia, der zweite am übernächsten Tag auf den höchsten Berg der Insel, den Monte Chirica (602 m). Weil erlebnisreicher, soll hier nur von der letztgenannten Wanderung berichtet werden, die uns zwar sehr viel Kraft abverlangte, dafür mit unvergleichlichen Ausblicken reich belohnte.

Am Vormittag des 20. Juli ging es mit dem Bus von Lìpari aus los nach Quattropani. Der Ort besteht im wesentlichen aus lose zusammenstehenden Häusern und wirkt wenig geschlossen, so dass er sich trotz der geringen Einwohnerzahl erstaunlich weit in die Länge zieht. Wir stiegen an der erstbesten Station aus, was sich als ein Fehler erweisen sollte, denn bis wir schließlich die im Wanderführer genannten Wege fanden, waren nach einigem Umherirren runde zwei Stunden vergangen und es mittlerweile Mittag geworden. Zuvor hatte Claudia bereits wagemutig vorgeschlagen, uns einfach quer durch das Gelände in Richtung Berg durchzuarbeiten, was wir schließlich auch in Ermangelung einer besseren Alternative taten. Einer wundersamen Fügung des Schicksals war es dann auch zu verdanken, dass wir trotz des Querfeldeinmarsches auf den richtigen Wanderweg stießen.

Die Route führte anschließend zu einem Steinbruch, dann an einem Pinienhain vorbei schließlich auf den Berg hinauf. Die überwiegend aus Pinien und mittelhohem Gebüsch bestehende Vegetation sowie der alles dominierende weiße Bimsstein schufen eine fremdartig-eigenwillige Optik. Über schmale Wege und durch dieses wundersame Dickicht hindurch gelangten wir auf den Gipfel des Monte Chirica, auf dem man einen faszinierenden Rundblick über das gesamte Archipel genießen kann.

Nachdem wir uns sattgesehen hatten, traten wir den Abstieg an, der uns aber nicht zurück nach Quattropani, sondern nach Acquacalda führen sollte. Über teilweise extrem steile Pfade, auf denen wir über den Bimssteinkies mehr herabrutschten als wanderten, ging es auf der anderen Seite des Berges hinab. Nach ein bis zwei Kilometern erreichten wir eine Flanke des Monte Chirica, die von Verwitterung bizarr geformtem weißem Bimssteinfelsen geprägt ist. Da hier die Vegetation nur aus sehr bodennahen Pflanzen bestand, hatten wir einen äußerst lohnenswerten Ausblick über die Bergflanke (Fossa Castagna) hinab ins Tal und über das Meer an Bimssteinfelsen. Im Tal angekommen, führte uns der Weg einen weiteren Berg hinauf, was wir wegen der Hitze nicht unbedingt begrüßten. Schwitzend kämpften wir uns wieder in die Höhe. Oben angekommen, führte uns der Weg durch ein Terrain voller Erdbeerbäume und roter Felsen, den Rocche Rosse. In Serpentinen ging es schließlich wieder hinunter, wobei direkt vor uns das Meer, und links neben uns die riesige weiße Flanke eines Bims-Steinbruchs lag. Abgekämpft kamen wir nach über sechs Stunden Wanderung in praller und heißer Sonne in Acquacalda an, tranken ein kühles Bier und fuhren mit dem Bus zurück nach Lìpari.

Lìpari
Blick auf die Stadt Lìpari.

Ausblick
Ausblick auf Vulcano

Zwischen Massentourismus und Vulkanismus: Vulcano

Am frühen Morgen des 21. Juli standen wir müde an der Anlegestelle der Tragflächenboote nach Vulcano. Für 4,63 Euro pro Person erreichten wir schnell und bequem die Nachbarinsel, auf der im Gegensatz zu Lìpari und den übrigen äolischen Inseln (außer Stromboli) vulkanische Aktivitäten zu bestaunen sind.

Vulcano besteht aus drei Teilen: Der erste, größte und am dünnsten besiedelte, ist von größeren Bergen geprägt; der mittlere Teil, der zwischen Hauptinsel und ihrem Wurmfortsatz liegt, ist ein ein einziger Touristen-Supermarkt; und der dritte Teil, der Wurmfortsatz Vulcanello, ist Wohnort reichen Bonzen. Vulcano empfängt seine Besucher mit intensivem Schwefelgeruch. Gleich bei der Schiffsanlegestelle befinden sich einige der Fumarolen, aus denen heiße Gase ausströmen, die für den Geruch verantwortlich sind. Unser erster Weg auf der Insel führte uns auf dessen Hauptattraktion, den 391 Meter hohen Gran Cratere, den Krater des immer noch aktiven und potenziell hochgefährlichen Vulkans der Insel. Der gut ausgeschilderte Aufstieg führt durch Ginsterfelder und ausgewaschenen Sandstein zum Kraterrand. Die Hauptattraktion des Gran Cratere sind die Schwefelspalten, aus denen heiße Dämpfe austreten. An vielen Stellen im Gestein befinden sich verschieden große Austrittsöffnungen, aus denen unablässig Dämpfe herausströmen. Um die Dampflöcher herum sind Schwefelkristalle zu finden, die man jedoch nicht aus mineralogischem Sammlereifer abbrechen und mitnehmen sollte. Der Gran Cratere ist ein rundum interessanter Ort, auf dem man halbwegs ungefährlichen Vulkanismus zusammen mit einem herrlichen Ausblick über das Meer bestaunen kann. Dennoch sollte man in der Nähe der Schwefeldämpfe ständige Vorsicht walten lassen, denn nur zu leicht gerät man in eine größere Dampfwolke hinein, in der man es tunlichst vermeiden sollte, zu atmen.

Bei unserer Wanderung auf den Gran Cratere haben wir die Erfahrung gemacht, dass es sinnvoll ist, frühzeitig hinaufzuwandern. Am späten Vormittag, als wir wieder herabliefen, kamen uns immer größer werdende Menschenmassen entgegen. Unser nächstes Ziel war der Wurmfortsatz Vulcanello, der bei einem Ausbruch im Jahre 183 v.u.Z. aus dem Meer aufgetaucht ist und damit die jüngste Vulkaninsel Italiens ist. Die Verbindungsstelle zwischen beiden Inselteilen (Isthmus) hatte sich inzwischen mit unzähligen Touristen gefüllt, und weitere Menschenmassen quollen aus den Bäuchen der regelmäßig anlandenden Schiffe. Auf dem Isthmus befinden sich außer den schwefeligen Fumarolen Schlammquellen, in denen man ein Fangobad nehmen kann (Eintritt: 1 Euro). Angesichts der Massen an kurwilligen Besuchern verwarfen wir ein solches Vorhaben und besichtigten Vulcanello. Dabei stellte sich schnell heraus, dass wir darauf durchaus hätten verzichten können. Die Halbinsel ist Standort vieler Villen und Privatgrundstücke, so dass wir oft vor Absperrungen standen. Die Vegetation auf Vulcanello ist geprägt von Eukalyptus- und Pinienwäldern, die im Gegensatz zum typisch modrigen Geruch Mittel- und Nordeuropäischer Wälder einen würzig-angenehmen Geruch verbreiten. Etwas gelangweilt von Vulcanos Wurmfortsatz traten wir den Rückweg nach Lípari an.

Fazit: Vulcano ist eine überaus interessante und reizvolle Insel. Schade nur, dass unzählige andere Besucher die gleiche Meinung haben und das Eiland in Massen betreten. Es ist auch schade, dass die Inselbevölkerung auf die Attraktivität ihrer Heimatinsel mit der Entwicklung eines teuren Touristenepps reagiert hat, anstelle verträglichere Tourismuskonzepte zu implementieren. So verlangte ein schlichter Händler über 1,60 Euro für eine einfache Flasche Mineralwasser, was nicht nur ärgerlich ist, sondern das Image der Insel nachhaltig verschlechtert. Wer also Vulcano unbedingt einen Besuch abstatten möchte, ist gut beraten, das nur Vormittags oder vielleicht in der Nebensaison zu tun.


Blick auf die Stadt Lìpari.


Ausblick auf Vulcano

Am Ende der Reise

Nachdem wir uns ausgiebig auf den Äolischen Inseln umgeschaut hatten, galt es langsam, Abschied zu nehmen. Am 23. Juli setzten wir mit der Fähre wieder nach Milazzo über, fuhren nach Messina und befanden uns schon bald auf dem italienischen Festland. Unser letztes Ziel in Süditalien war der Camping San Fantino im kalabrischen Palmi, auf dem wir uns mit Bekannten trafen. Der Camping San Fantino liegt auf einem Felsen etwa 80 Meter über dem Meer, das über eine steile Treppe schnell zu erreichen ist. Der Platz selbst ist ein freundlicher Pinienhain, auf dem es sich hervorragend Campen lässt. Nach drei entspannenden Tagen traten wir schließlich die Rückfahrt an. Die Großwetterlage hatte sich mittlerweile ein wenig verschlechtert, es war stürmisch geworden und hatte sogar geregnet. Mitten im kalabrischen Gebirge gerieten wir dann unvermittelt in eine Schlechtwetterzone hinein, die mit einem extremen Temperatursturz einherging. Zu unserem allergrößten Erstaunen fiel die Außentemperatur plötzlich unter die 20 Grad Marke bis auf stellenweise 14 Grad herab. In Süditalien mittags im Juli 14 Grad Außentemperatur zu messen, dürfte selbst im Gebirge Seltenheitswert besitzen. Einem auf diese Wetterkapriolen angesprochenen Tankwart schien das Wetter allerdings zu gefallen. Heiß sei es zur Genüge, da könne man über etwas Abkühlung mal froh sein, sagte er.

Karte

  • Route Italien


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