Letztes Foto vor der Abfahrt
Anschließend radelte ich über Bad Schwartau auf die B 207 und dann auf dem vorbildlichen Radweg über Neustadt i.H. nach Sütel. Das erste von vielen folgenden Malen baute ich das Zelt auf einer schönen und völlig freien Rasenfläche auf dem Süteler Campingplatz auf, der außerhalb dieser Rasenfläche im wesentlichen den Dauercampern gehört. So erklärt es sich auch, dass Gäste in zwei Kategorien eingeteilt werden, zumindest was den Zugang zu Duschen und Toiletten angeht. Jeder hat seine ihm zugedachten Örtlichkeiten, und mit Hilfe eines Magnetschlüssels sollte ich die für mich bestimmten öffnen können. Leider erst am späteren Abend, als die Rezeption geschlossen hatte, stellte ich fest, dass ich mit meinem Schlüssel so gut wie nichts öffnen konnte. Das zwang mich, zu improvisieren. Und nebenbei machte es den nicht gerade billigen und typisch deutschen Campingplatz zum einzigen auf der gesamten Reise, auf dem ich keinen Zugang zu wesentlichen sanitären Einrichtungen hatte. Peinlich für Sütel, unangenehm für mich, schlecht für ein Becken zum Händewaschen.
Dafür besuchte mich am Abend Claudia, brachte einen Picknickkorb mit und schlief die Nacht bei mir im Zelt. Ein schöner Abschied.
Blick von der Fähre auf Fehmarn
Dänisches Inselhopping
Rødbyhavn besteht eigentlich nur aus dem Fährhafen und ein paar zusätzlichen Häusern. Es wirkte ähnlich karg wie Puttgarden. Über vorbildliche Radwege ging es entlang der 153 nach Maribo, einem wenig attraktiven Industriestädtchen, und von dort weiter nach Skakskøbing, das auch nicht viel mehr hermachte. Über die zuweilen schnurgerade 173 radelte ich in das schäbig wirkende Guldborg und erreichte über die ebenso schäbige Guldborgsund-Brücke die Insel Falster. Es galt nun, die nördliche Ecke dieser Insel auf der schnurgeraden 153 zu durchmessen. Die Straße führte durch eintöniges Agrarland, war aber mit einem separaten Radweg ausgestattet und stieg im letzten Drittel merklich an. Kurz vor der Storstrømsbroen füllte ich meine Wasserflaschen an einem gut ausgestatteten Rastplatz auf (übrigens dem einzigen mit Trinkwasser auf der gesamten Reise) und überquerte etwas später die mehrere Kilometer lange Brücke, der man ihr fortgeschrittenes Alter ansah. Das Wasser der Ostsee roch übel.
Vordingborg, die erste Stadt auf der Insel Sjaelland, empfing mich mit hässlichen Industriegebieten. In der gemütlich wirkenden Innenstadt verlor ich aufgrund der unstimmigen Radwegführung die Orientierung und folgte erfolgreich meinem Instinkt. Hier kann auch mit dem Vorurteil aufgeräumt werden, Dänemark sei ein flaches Land. Zuweilen gab es kurze Steigungen von an die 13%, die selbst im kleinsten Gang noch schwer zu bewältigen waren.
Nach kurzer Suche fand ich die Fernstraße 151, über die ich weiter nach Norden fahren wollte. Leider hörten ab hier die so vorbildlichen straßenbegleitenden Radwege auf. Über Nebenstrecken wurden Fernrouten für Radfahrer ausgewiesen, wobei mir jedoch unklar war, welche Umwege in Kauf zu nehmen wären. Also blieb ich auf der 151, wo ich mich bei lebensgefährlichem Verkehr durch hügeliges Auf und Ab quälte. Die Kollegen von der Kraftfahrer-Fraktion fielen hier durch eine besonders ausgeprägte Rücksichtslosigkeit auf. Zur Fahrausbildung jedes KFZ-Führers sollte eine obligatorische Radfahrt entlang einer solchen Straße gehören!
Kurz bevor ich nach wenigen Kilometern in Erwägung zog, auf ruhigere Nebenstrecken auszuweichen, begann wieder ein rettender Radweg. Wie zum Hohn für den Radler endete er nach wenigen Metern und entließ mich wieder in den ungesunden Ernst des Verkehrslebens. Zum Glück blieb mir ein etwas breiterer Seitenstreifen, auf dem ich unversehrt nach Tappernøje kam, dem Ort mit dem Campingplatz. Dieser war fast leer und angenehm zum Übernachten.
Auf der Storstrømbroen, Blick nach Vordingborg
Auf der Storstrømbroen, Blick zurück nach Falster
Rathausplatz in Kopenhagen
Kopenhagens Tivoli
Könnte auch in Hamburg sein...
Per Intuition durch die dänische Hauptstadt
Es ist, untertrieben ausgedrückt, ein strategischer Nachteil, sich in einer Stadt wie Kopenhagen ohne Stadtplan zurechtfinden zu wollen. Man kann es aber auch als Herausforderung an Intuition und Orientierungssinn auffassen, die zudem noch durch die Tatsache gesteigert wird, dass es in Kopenhagen so gut wie keine Wegweiser für Fernziele gibt. Weder für Autos noch für Radfahrer. Also ließ ich mich treiben, folgte ab dem Zoo willkürlich einem passend erscheinenden Radweg. Es ging bergab und ich hielt es für wahrscheinlich, dass mich der Weg in Richtung Meer führen würde. Dort, so nahm ich an, würde ich die Fortsetzung der 151 finden. Diese fand ich zwar nicht, dafür kam ich ins Stadtzentrum zu Tivoli und Hauptbahnhof. Nebenbei entdeckte ich einen winzigen Wegweiser in Richtung Helsingør und folgte ihm dankbar. Leider bestätigte sich schnell mein Verdacht, dass er den Verkehr zur zuständigen Autobahn leitete. Aber immerhin war ich wieder ein Stück weiter gekommen. Zufällig fand ich in der Nähe der Auffahrt einen weiteren Puzzlestein für das erfolgreiche Verlassen der Stadt und gelangte schwer gestresst, vorbei an der schmucken Tuborg-Zentrale, zur rettenden 152.
Der Norden Kopenhagens unterscheidet sich stark vom Süden. Hier wohnen vermehrt wohlhabende Leute, und anstelle gesichtsloser Vororte findet man hier luftige Villengebiete. Über den Øresund bieten sich überall tolle Ausblicke hinüber nach Schweden. Wohl damit genug Platz für die dicken Limousinen der reichen Dänen bleibt, löst sich der Radweg kurz hinter Klampenberg in Wohlgefallen auf. Der Wind blies hier wieder unerbittlich von vorn und die Strecke wurde zunehmend hügeliger.
Ab Skodsberg folgte ich dem Wegweiser zum CP in Naerum, was mich noch eine abschließende Bergüberfahrt kostete. Naerum ist ein gesichtsloser Vorort Kopenhagens und der CP liegt an der Autobahn unter Hochspannungsleitungen. Dafür ist er mit 14 Euro sehr teuer, was sich allenfalls durch die sehr guten Serviceeinrichtungen halbwegs rechtfertigt. Zwischen einer dänischen Jugendgruppe und einem einsamen Deutschen verbrachte ich eine feinstaubgeschwängerte und elektrosmoggeladene Nacht.
Blick über den Øresund nach Helsingborg, Schweden
Sattgrüne Felder bei Skoghus
Bei Kaiserwetter nach Ängelholm
Bei der Ankunft in Helsingborg geschah Erstaunliches: das bisher noch recht bewölkte Wetter vollzog eine Wendung und die Sonne begann heiss aus dem blauen Himmel zu strahlen. Helsingborg (105.000 EW) ist eine recht große Stadt mit angenehmer Atmosphäre und schönen Bauten. Im warmen Wetter herrschte ein fast mediteranes Ambiente. Für mich als Durchreisendem auf dem Rad galt aber wieder einmal, ohne Stadtplan und in richtiger Richtung die Stadt zu verlassen. Auf kleinen Nebenstraßen radelte ich über Allerum, Skoghus und Bjökeröd durch Agrar- und Waldgebiete, die irgendwie ein besonders sattes und tiefes Grün ausstrahlten.
Auf dem breiten Seitenstreifen der Fernstraße 112 näherte ich mich mit hohem Tempo Ängelholm. Die Stadt hat ein nettes Zentrum mit rechteckigem Marktplatz. Der CP liegt ein wenig abseits in einem großen Freizeitarreal am Meer, ist gut durchorganisiert und recht groß. Gegen Abend gesellten sich schwedische Jugendliche auf die Zeltfläche und begannen, den Vorabend des Midsommartages mit schlechter Musik und dünnem Bier zu feiern. Ich ärgerte mich über den lauten und nervigen CP und beschloss, das nächste Mal lieber wild zu campen.