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Radreise Südskandinavien 2005 (Tag 14 - 17)

Tag 14: Mörkö/ Skansholmen - Stockholm

54,96 Km, Gesamtkilometer: 1128,31 km, Wetter: sonning und warm

Endlich Stockholm! Nach dem Aufstehen unterhielt ich mich mit einem Finnen, der spät in der Nacht noch sein Zelt in meiner Nähe aufgebaut hatte und alleine unterwegs zum Götakanal war. Seine Frau hasste es, mit dem Rad zu reisen und in Zelten zu schlafen. Bei hochsommerlichem Wetter baute ich alles ab und nahm die Fähre zur "Festlandseite" nach Sandviken. Über eine ab und zu recht hügelige Landstraße radelte ich auf die Fernstraße 225 und damit auf den Stockholmer Ballungsraum zu.

In Vårsta bog ich schließlich in die 226 ein, die mich - so hoffte ich anfänglich - bis nach Stockholm bringen sollte. Ab Tumba begann dann die Reihe der so unschönen wie tristen Vorortgemeinden der schwedischen Hauptstadt. Man muss sich Stockholm wie eine Artischocke vorstellen: Um an das begehrenswerte Herz in Gestalt der Innen- und Altstadt zu gelangen, muss man sich durch eine ganze Reihe unappetitlicher Außenhüllen quälen. Der gesamte Ballungsraum umfasst etwa 1,5 Mio Einwohner und besteht aus Gemeinden, die nichts weiter als öde Trabantenstädte sind, dabei aber eigenständige Städte darstellen.

Bis kurz vor Huddinge begleitet der Radweg die 226, die hier zu einer veritablen Schnellstraße anwächst. Obwohl einige Rad-Wegweiser in Richtung Centrum wiesen, verließ der Radweg die leitende Hauptstraße und verlor sich dann irgendwo in der Betonwüste Huddinges. Da keine Wegweiser mehr zu finden waren, beschloss ich kurzerhand, auf der autobahnähnlichen 226 weiter zu fahren - direkt verboten war es wohl nicht. Nach ein paar Kilometern verließ ich die ungastliche Straße (wobei ich das Rad über die Leitplanke wuchten musste) und folgte einem Radweg in Richtung Älvsjö, der mich dann vollends in die Irre führte. Nebenbei bemerkt, ich hatte törichter Weise keinen Stadtplan dabei und auch keine vollständige Information darüber, wie genau der Name des Stadtteils lautete, in dem mein angesteuerter Campingplatz lag. Derart unvorbereitet nutzte mir dann auch die Beschilderung nicht viel, wenn sie denn einmal vorhanden war. Irgendwann blieb mir nichts anderes mehr übrig, als Passanten nach dem rechten Weg fragen. Hierbei muss gesagt werden, dass man erstes mein Englisch immer verstand und mir zweitens äußerst bereitwillig half.


An der 226 bei Flemingsberg


Die E4 von und nach Stockholm

Auf zum Mälarsee

Eine der nach dem Weg gefragten Stockholmerinnen nannte dann auch gleich das Stichwort. "Must be Mälarhöjden", meinte sie, als ich ihr die Lage meines Ziels auf der Karte anzeigte. Nun in der vorteilhaften Lage, den Namen meines Zieles auch nennen zu können, wurde das Durchfragen entschieden einfacher. Und nach einer Weile hatte ich es dann endlich geschafft, nach Mälarhöjden zu kommen. Auf dem Zeltplatz Kullenbergs Camping waren Claudia und ich bereits letztes Jahr einmal gewesen. Es handelt sich dabei um einen idyllisch am Mälarsee gelegenen Platz, der nicht nur sehr günstig, sondern auch mit guten Serviceeinrichtungen ausgestattet ist. Für einen Zeltplatz mitten in der Stadt ist Kullenbergs Camping recht klein und fast schon familär. Bei sommerlicher Hitze baute ich mein Zelt auf, wobei ich fast den gesamten Platz zur Auswahl hatte. Anschließend kaufte ich im nahegelegenen Supermarkt ein und lies den gemütliche Teil des Tages beginnen.

Tag 15: Stockholm 1

48,14 Km, Gesamtkilometer: 1176,54 km, Wetter: hochsommerlich und heiss

Hochsommer in der Hauptstadt!

Nach einem kleinen Frühstück ging es auf in die City. Mein Gepäck lies ich im Zelt zurück und radelte auf dem nun ungewohnt leichten Rad los. Der Weg war diesmal leicht zu finden, denn Mälarhöjden ist nicht allzu weit vom Zentrum abgelegen. Auf einem gut ausgeschilderten Radweg entlang der E4 kam ich bequem über Liljeholmen und Hornstull nach Södermalm und anschließend nach Slussen. Nach einem kurzen Abstecher zum Ableger der Finnlandfähren lies ich mich mit dem Rad einfach in der Stadt treiben. Durch die Altstadt Gamla Stan schob ich das Rad und besuchte das Königsschloss Kungliga Slottet, flanierte über den stets touristengefüllten Västerlånggatan und dann nach dem Zufallsprinzip durch enge Gassen und idyllische Plätze.

Anschließend gings weiter nach Norrmalm. Hier kreuzte ich durch die Straßen, was wegen der gut ausgebauten Radwege innerhalb der Stadt ein Vergnügen ist. Das hochsommerliche Wetter potenzierte dieses Vergnügen um ein Vielfaches, obgleich Stockholm natürlich auch im Regen sehenswert ist. Im modernen Norrmalm flanierte ich über den Drottninggatan, die große Einkaufsstraße, stattete dem Sergels Torg und den architektonisch imposanten Hörtorgshusen einen längeren Besuch ab und lies mich anschließend für mehrere Stunden durch die Straßen treiben.


Blick über den Årstaviken



Katarinahissen von hinten



Räderwerk-Fahrrad vor der Kulisse Gamla Stans



Das Ensemble der Hörtorgshusen (Höhe 71 Meter)



Blick auf das Stadshuset


Tag 16: Stockholm 2

37,04 Km, Gesamtkilometer: 1213,49 km, Wetter: hochsommerlich heiss

Hochsommer und fast keine Wolke am Himmel. Nach dem ausgedehnten Frühstück machte ich mich wieder auf den Weg in die City und lies mich durch die Straßen treiben. Dabei machte ich einige Beobachtungen:


- Schweden sind leidenschaftliche Handy-Telefonierer. An allen Orten und zu fast allen Gelegenheiten haben sie den Knochen am Ohr. Beliebt ist auch, das Telefon in der Tasche zu lassen und über eine Freisprechanlage bei Gehen zu Labern. So laufen viele Leute mit dem Knopf im Ohr durch die Gegend und scheinen Selbstgespräche zu führen.


- Die Wachsoldaten am Königsschloss haben in der Hitze einen besonders schweren Job. Von einer Sitzbank aus beobachtete ich einen Uniformierten, der vor seinem Wachhäuschen stand und regelmäßig von Touristen angesprochen wurde, ob sie sich zusammen mit ihm fotografieren lassen dürften. Die Sonne brannte dem armen Kerl auf den Kopf und irgendwann kamen zwei bewaffnete Kollegen (milit.: Kameraden) in Kampfuniformen vorbei. Einer von ihnen stellte sich nach einer lächerlichen militärischen Grußzeremonie in das Häuschen, während der andere ihm dahinter Wasser zu trinken gab. Anschließend, nach einem erneuten zackigen Ablösungsritus, nahm er wieder seinen Platz ein und die anderen marschierten mit dem Wasser zum nächsten Wachposten.


- Gamla Stan wirkte in der Hitze dieses Sommertages fast, als ob es in Italien läge. Man hätte ohne weiteres meinen können, man sei in Lucca. Die pastellfarbenen Gebäude, ihre Bauweise und die Enge der Gassen sorgten gemeinsam mit der Lufttemperatur für ein eigentümlich reales südländisches Flair.


Stadshuset und Hörtorgshusen



Blick auf Gamla Stan



Der Riksdagen von der Vasabron aus gesehen



Blick von Vasabron auf Riksbron


Tag 17: Stockholm 3

16,15 Km, Gesamtkilometer: 1229,99 Wetter: hochsommerlich heiss

Der fürs erste letzte Tag in Stockholm begann mit einem ausgedehnten Frühstück. Langsam schlenderte ich vormittags zum Küchenhäuschen und bereitete mir gemütlich mein Essen zu, denn es galt, Zeit tot zu schlagen. Meine Fähre sollte erst am Nachmittag gen Helsinki ablegen, und so hatte ich gute Gelegenheit zum Trödeln. Bei bestem Wetter radelte ich mit nun wieder vollgepacktem Rad in die City zum Fähranleger. Dort erfuhr ich zu meinem Erstaunen, dass ich trotz meiner Zeitschinderei noch viel zu früh angekommen war, weil die Angaben auf dem Ticket ein wenig irreführend waren. So hockte ich mich auf einen Betonklotz auf dem Check-In Parkplatz und wartete mir einen ab.

Zwei Stunden später konnte ich endlich an Bord, wo ich sofort meine 3-Mann Couchette bezog. Diese allerbilligste Kabinenkategorie befand sich auf diesem Schiff der Viking-Lines auf dem Ankerdeck, also noch unterhalb der Autodecks. Ich teilte dieses klägliche Domizil für eine Nacht mit einem finnischen Taxifahrer, der einen Motorrad-Urlaub in Deutschland gemacht hatte, und einem jungen kanadischen Touristen, der auf Europatour war. Er tauchte in der Kabine aber nur kurz auf und trieb sich ansonsten bis Frühmorgens irgendwo auf dem Kahn zum Feiern rum. Am Abend versorgte ich mich im Duty-Free-Shop mit dem Allernötigsten (Bier, Wodka, Chips) und begab mich an Deck, um die Fahrt durch die Schären zu bewundern.


Blick in die drei-Mann Couchette auf dem Ankerdeck



Stockholmer Schären



Stockholmer Randgebiete, seeseitig



Rätselhafte Schäreninseln...

Ein gemütlicher Abend auf der Fähre

Durch die endlosen Schären sieht die Ostsee in dieser Gegend nicht im geringsten nach "Meer" aus. Lange saß ich an Deck und ließ die nicht enden wollenden Inseln, Inselchen und Felsen an mit vorüber ziehen. Am späteren Abend versorgte ich mich nochmal mit wichtigen Lebensmitteln aus dem Duty-free-Shop (s.o.) und hockte mich, weil es draußen zu windig wurde, auf einen freien Sitzplatz auf dem Vergnügungsdeck und schaute durch eine Glasscheibe nach draußen. Hinter mir übte ein Gitarrist seinen Job aus und ratterte alle möglichen bekannten Lieder herunter. Auch "Wish You Were Here" von Pink Floy war dabei. Dem armen Lied wurde übel zugesetzt.

Gegen 23 Uhr tauchten die finnischen Åland-Inseln auf und wir legten um halb Zwölf in Mariehamn an. Fasziniert fotografierte ich die Abendstimmung, zumal es sommers in diesen Breiten bereits nicht mehr so richtig dunkel wird. Als sich das Schiff dann auf den Weg nach Helsinki machte, kroch ich in die Koje und ließ mich vom beruhigenden Brummen der nahen Turbinen in den Schlaf singen.


Mariehamn im späten Abend



Einsamkeit und Ruhe auf See



Route

  • Tage 13 - 17


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