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Radreise Südskandinavien 2005 (Tag 29 - 32)

Tag 29: Välje - Brösarp (70,39 Km)

70,39 Km, Gesamtkilometer: 2005,75km, Wetter: heiter und warm, gelegentlich nieselig

Militärische Sperrgebiete und liebliche Landschaften

Am Morgen war das Wetter merklich besser geworden, auch der starke Wind hatte sich weitgehend in Wohlgefallen aufgelöst. Wir tranken gemütlich Kaffee und hatten es nicht besonders eilig, loszufahren. Erst um halb elf stiegen wir auf die Räder und machten uns an unser Tagwerk. Der erste Teil der Route verlief durch angenehm flache Landschaften, gemütliche Dörfer und lies sich bestens erradeln. Die überwiegend aus Stein gebauten Häuser sahen nun nicht mehr typisch schwedisch aus, was ein deutliches Zeichen dafür war, dass wir uns im dänisch geprägten Schonen befanden. In Trolle Ljungby wunderten wir uns fast über das plötzliche Auftauchen einer idyllischen Schloßanalge.

Via Vanneberga und Gälltofta ging es nach Rinkaby, wobei militärische Übungsgelände der schwedischen Armee allgegenwärtig waren. Kleine Nebenstraßen kamen daher für uns nicht in Frage, da sie sicherlich mitten in den Kriegs-Spielplatz geführt hätten. Über die Fernstraße 118 radelten wir, sogar auf separatem Radweg, nach Åhus. Die kleine Hafenstadt begeisterte uns durch ihr schönes Stadtbild. Weniger begeistert waren wir über die zwar vorhandenen, aber irreführenden Rad-Wegweiser. Mangels Alternativen nahmen wir wieder die 118, die aber diesmal keinen Radweg mehr hatte, dafür mit massig Verkehr aufwartete. Es hätte wohl einen parallel zur Landstraße und im Wald verlaufenden Radweg gegeben. Doch dank der seltsamen Beschilderung blieb uns nur eine Ahnung davon. Bei jedem neuen Örtchen suchten wir nach einem rettenden Alternativweg zur nervigen 118. Erst in Nyehusen fanden wir eine Nebenstraße, die durch ausgedehnte Feriengebiete in einem Naturreservat an der Ostseeküste führte.

Über viele Kilometer radelten wir durch diese Erholungslandschaft, die von seichten Fichtenwäldchen und darin eingebetteten Häuschen geprägt war. Auffällig waren die vielen Verbotsschilder, die sich gegen wildes Campen richteten. Irgendwann bei Degeberga Sommarby war das Ende des Küsten-Parallelweges erreicht, der am "Ortsausgang" in ein weiteres militärisches Sperrgebiet mündete. Wir bogen nach rechts Richtung Fernstraße 19 ab und hatten bei Maglehem unangenehme Steigungen zu bewältigen. Zu allem Überdruss fing es zu nieseln an.

Nach dem Erreichen der Fernstraße 19 begann zur Unterhaltung wieder ein Stück Radeln unter Lebensgefahr, weil es keinen Seitenstreifen, aber massigen und schnellen Verkehr gab. Selbst der Cyclespåret wurde hier über die gefährliche 19 geleitet. Dass es hier keinerlei Alternativroute für Radler gab, erinnerte wieder einmal an die KFZ-Fixiertheit mancher Verkehrsplaner. Zum Glück war es nicht mehr weit bis Brösarp, wo wir in einer vorbildlich ausgestatteten Touristen-Info am kostenlosen Internet-Terminal unsere Fähre nach Travemünde buchten. Dann radelten wir über eine lange, stetig bergauf führende Straße zum gemütlichen Campingplatz von Brösarp, der in den hiesigen Sportplatz integriert war. Selbst die Mannschaftsduschen konnten wir benutzen - immer mit Blick auf die abgestellten Schuhe der Sportler. Zum Glück rochen sie nicht.


Blick zurück auf den Campingplatz von Välje



Liebliche Landschaften im nördlichen Skåne



Orientierungspause in Tosteberga



Schloß in Trolle Ljungby



Schilder mit dem Hinweis für den Cyclespåret



Schönes Stadtbild von Åhus

Tag 30: Brösarp - Ystad (61,69 Km)

61,69 Km, Gesamtkilometer: 2067,44 km, Wetter: bewölkt, windig, kühl

Auf ins Gebirge...

Vor den wenigen Klos des CP Brösarp bildeten sich am Morgen lange Schlangen. Wir packten unsere Sachen und machten uns gegen neun Uhr auf den Weg. Dunkle Wolken klebten bedrohlich am Himmel. Fünf böse Kilometer lang mussten wir auf der Fernstraße 9 radeln, was wegen des Verkehrs und des ausgesprochen hügeligen Geländes kein Vergnügen war. Dann bogen wir ab und nahmen eine Nebenstrecke über Vitaby, Altosa und Orslanda, wo es über zuweilen beträchtliche Anstiege ins südschonische Bergland ging.

In Orslanda schließlich begingen wir einen Fehler, indem wir den ausgeschilderten Radweg Richtung Tomellila benutzten. Dieser aber verlief durch die weiten Agrarfelder, hatte des Öfteren eine erbärmliche Qualität und war alles andere als ein halbwegs direkter Weg. Außerdem hätte das Fehlen auch nur eines der irgendwie wenig offiziell aussehenden Wegweiser inmitten der Feldwege heillose Verirrung bedeutet. Irgendwann waren wir die ständigen Umwege leid und beschlossen, auf die nächstmögliche Landstraße zu fahren. Das war dann Fernstraße 11. Bezahlen mussten wir diese Entscheidung allerdings mit einigen Kilometern Lebensgefahr, was dieselbe gleich auch wieder in Frage stellte. Lieber ein paar Kilometer mehr, als tot. Im südlichen Schweden fahren entgegen so manch schönfärberischer Information viele Autofahrer alles andere als rücksichtsvoll. Sie unterscheiden sich in dieser Hinsicht kaum von ihren deutschen Kollegen, was aber wohl damit zusammenhängen mag, dass es am Steuer PS-starker Fahrspaß-Mobile subjektiv schwer fällt, mal auf die Bremse zu drücken oder Abstände einzuhalten.

In Tomellila machten wir Frühstückspause und radelten schließlich ins südschonische Agrarland. Um die lebensgefährliche Fernstraße 19 zu umgehen, benutzten wir hierzu ausnahmslos Nebenwege, die für Radfahrer gut ausgeschildert waren ("gelber Radweg"). Während die Landstraße relativ eben verlief, mussten wir Radler uns dann über steile und schlechte Wege quälen. Bis Ystad ging es durch eintönige und von weiten Feldern geprägte Landschaften. Wegen fehlender Wälder blies der Wind hier heftig und natürlich von vorn.

In Ystad fiel es uns wegen der grotesken Wegführung zunächst schwer, in die Stadt hinein zu finden. Erstmal drinnen, wurden wir vom schönen Stadtbild Ystads mehr als entschädigt. Wir quartierten uns im Hotel Bäckgränd ein, dass bei günstigen Preisen nicht nur von außen und innen sehr hübsch war, sondern auch einen Platz zum Einschließen unserer Räder bot. Abschließend bummelten wir durch die Gassen und gingen gut Essen (übrigens in der Pizzeria Foffo, einem Stammlokal von Romanheld Wallander).


Radpilot in Schonen



Reduzierte Landschaft in Skåne



Gässchen in Ystad



Einkaufsstraße von Ystad



Unser gemütliches Bäckgränd-Hotel



Ystad hat nicht nur schöne Ecken

Tag 31: Ystad - Trelleborg (58,80 Km)

58,80 Km, Gesamtkilometer: 2126,24 km, Wetter: regnerisch, sehr gegenwindig

Im Schietwetter durch Agrar-Schweden

Am Morgen frühstückten wir ausgiebig am reichhaltigen Buffet des Bäckgränd-Hotels. Anschließend karrten wir unsere Siebensachen über die enge Treppe nach unten und bepackten unsere Räder. Dann ging es los auf die letzte Etappe in Schweden. Es war kühl, windig und bedrohliche Wolken veranlassten uns, die Regensachen griffbereit zu deponieren.

Bis Svarte konnten wir einem gut ausgebauten Radweg direkt an der Küste folgen, der dann aber leider aufhörte. Radler wurden dann über Nebenstraßen ins Inland geleitet, auf denen das Verkehrsaufkommen zwar erträglich war, wir dafür Bekanntschaft mit dem schonischen Hügelland machen konnten (Hauptsache, dem KFZ-Verkehr bleibt die flache und schöne Küstenstraße...). Fortan ging es bei beständigem Auf und Ab durch die weiten Agrargebiete des südlichen Schonens. Diese immergleiche und eintönige Landschaft, die uns bis Trelleborg begleiten sollte, besteht im wesentlichen aus Äckern und Feldern, in denen wie Inseln verstreut Gehöfte liegen. Um den Wind etwas abzumildern, haben ihre Bewohner Bäume um die Anwesen gepflanzt. Ansonsten gibt es nur weite Äcker und Felder, was uns Radler mit zwei speziellen Problemen konfrontierte: Zum einen gab es keine Hindernisse für den heftigen Gegenwind, zum anderen gab es auch kaum Gelegenheiten, unbeobachtet einigen menschlichen Bedürfnissen nachzugehen.

Als wir bei Skivarp auf die Fernstraße 101 wechselten, begann es zu regnen und der Gegenwind blies stürmisch. Selbst bergab mussten wir kräftig in die Pedalen treten. Mit Tempo 10 krochen wir entnervt durch die Ackerlandschaft, während uns ein paar Regenschauer den Schweiss aus dem Gesicht wuschen. Irgendwann verließen wir die 101 und fuhren auf einer kleinen Landstraße in Richtung Klagstorp und Trelleborg. Hier verschwanden die Hügel langsam und die Landschaft wurde flach, was unser Durchschnittstempo erhöhte, auch ebbte der Wind merklich ab. So kamen wir besser voran und konnten die eintönige Gegend schneller hinter uns lassen.

Am frühen Nachmittag erreichten wir schließlich Trelleborg. Die meisten Touristen kommen hier in Schweden an oder verlassen das Land über die großen Fähren, kaum einer bleibt aber in der Hafenstadt. Boshafter Weise könnte man sagen: zu Recht. Trelleborg ist grau und kaum sehenswert, obgleich es auch ein paar Attraktionen gibt und der Stadt bei besserem Wetter bestimmt auch schöne Seiten abzugewinnen wären. Dafür wartet Trelleborg mit einer Palmenpromenade auf, was in diesen Breiten eine Kuriosität ist. Die Erklärung: Weil die Stadt die südlichste Schwedens ist, kam man irgendwann auf die Idee, zur Unterstreichung dieser Tatsache Palmen zu pflanzen. Im Winter kommen sie freilich in Gewächshäuser.

Weil in Trelleborg gerade ein Golfturnier stattfand, verließen wir Schweden schließlich schneller als geplant. Alle Hotels waren belegt, nur teure oder weit abgelegene hatten noch Zimmer frei. Bei der Suche nach einer Unterkunft half uns im Übrigen die sehr freundliche und geduldige Dame der Trelleborger Touristen-Info. Sie telefonierte mit mehreren Hotels und fragte auch nach, ob man Fahrräder sicher unterbringen könne. Am Ende beschlossen wir, unsere Fährtickets umzubuchen und die Abendfähre nach Travemünde zu nehmen. Bis zur Abfahrt hatten wir so Gelegenheit, einige Stunden in Trelleborger Imbissläden herumzusitzen und Zeit totzuschlagen. Am Abend gings dann auf die Fähre und ab nach Deutschland.


Südschonische Einheitslandschaft



Leider lässt sich Wind nicht fotografieren



Palmenpromenade in Trelleborg



Gelegentlich verströmt die Stadt südländisches Flair

Tag 32: Lübeck-Travemünde - Lübeck-Marli (15,20 Km)

15,20 Km, Gesamtkilometer: 2141,44 km, Wetter: Dauerregen

Die letzte Etappe im strömenden Dauerregen

Auf der gesamten Reise war das Wetter relativ gut gewesen. Gegen Ende vermehrten sich die Tage mit Schlechtwetter, was allerdings in einem erträglichen Rahmen blieb. Das allerübelste Wetter aber, das uns auf der Radtour je begegnete, war jener strömende Dauerregen, der uns in Lübeck-Travemünde gründlich durchnässte. Aus einem einheitlich dunkelgrauen Himmel ergossen sich ohne Unterlass Ströme von Wasser. Auf der Landstraße in Richtung Lübeck-City, die wegen des Fährhafens stark von LKWs befahren wird, sorgte fast jeder vorbeifahrende Laster für eine seitliche Dusche. Wir ertrugen alles mit ruhiger Gelassenheit, da wir kein Zelt mehr aufzubauen und im Freien zu nächtigen hatten, sondern auf dem Weg in die trockene Wohnung waren. Nach einer knappen Stunde kamen wir zu Hause an und überlegten, wohin denn die nächste Fahrradreise gehen soll.


Ankunft im verregneten Travemünde


Route

  • Tage 29 - 32


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