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Radreise Südskandinavien 2005 (Tag 9 - 13)

Tag 9: Mariannelund - Gamleby (70,15 Km)

70,15 Km, Gesamtkilometer: 527,61 km, Wetter: erst wolkig und windig, dann wolkenlos und sonnig. Mäßg warm bis warm

Aus dem småländischen Hochland an die Ostküste

Die Planung für diesen Tag sah eine beträchtliche Strecke auf der Fernstraße 33 vor, was mir einige Sorgen bereitete, zumal schon "dreistellige" Fernstraßen schrecklich verkehrsreich und unbequem sein können. Entgegen meiner Befürchtungen war die 33 hinter Mariannelund sehr gut ausgebaut und nicht sehr stark befahren. Zum Ausgleich schraubte sie sich endlose drei Kilometer auf einen Berg hinauf. Das Wetter hatte sich gebessert, allerdings blies ein mäßiger Wind aus Ost - also mir entgegen. Bei Vimmerby, Astrid Lingrens Geburtsort, wurde das Gelände schließlich flacher. Aus der Ferne sah das Städtchen gemütlich aus und wäre sicher einen Besuch wert gewesen, hätte mich nicht meine reisebedingte Rastlosigkeit weiter getrieben.

Auf der hervorragend ausgebauten Fernstraße 33 radelte ich auf einem großzügig bemessenen Seitenstreifen vergnügt in Richtung Västervik. In Toverum verließ ich die Prachtstraße und gelangte in hügeliges Gelände mit viel Landwirtschaft. Ab Blackstad, einem weit zerfaserten Landkaff, begann die Landschaft stark an das süddeutsche Allgäu zu erinnern. Idyllische Seen wechselten sich ab mit einsamen Gehöften und sanften Hügeln. Allerdings wurde das Radeln wegen vieler kurzer und heftiger Anstiege wieder mühseliger.

Tag 10: Gamleby - Söderköping

85,25 Km, Gesamtkilometer: 905,91 km, Wetter: Bewölkt mit gelegentlichen kurzen Nieselschauern. Starker, kalter Wind.

Der Tag der Autobahn

Um 9.30 Uhr, nach einem kurzen warmen Frühstück, ging es bei stark bewölktem Wetter auf die E 22. Wenn man sich die Straßenkarte dieses Abschnitts genau ansieht, fällt auf, dass die Europastraße die direkteste Route nach Söderköping ist. Sie auf Nebenwegen vermeiden zu wollen, würde unverhältnismäßig viele Zusatzkilometer kosten. Und wie es für KfZ-Gesellschaften nun mal üblich ist, werden die umweltbelastenden Motorfahrzeuge auf die bequeme Diretissima geleitet, während Radfahrer auf unpraktische Ausweichrouten verwiesen werden. Natürlich ist es Radfahrern erlaubt, die unschöne E 22 zu benutzen. Doch angesichts des Fahrverhaltens vieler Automobilisten und der unvermeidlichen Gewaltträchtigkeit rasender Blechhaufen verkommt diese Erlaubnis zur realitätsfernen Farce.

Allerdings war die E 22 bis zur Abfahrt Valdemarsvik mit einem komfortablen Seitenstreifen ausgerüstet, der ein relativ sicheres und bequemes Radeln durch die recht hügelige Landschaft ermöglichte. Zunächst allerdings war das Wetter das weitaus unangenehmste Ärgernis. Der Himmel zeigte tristes Einheitsgrau und es blies ein recht kalter und vor allem starker Wind aus Nord - also wieder mal frontal gegen meine Fahrtrichtung. Um nicht auszukühlen zog ich meine winddichte Regenjacke an. Der Gegenwind blies oft so heftig, dass die Anstiege nur in kleinsten Gängen bewältigt werden konnten und bei Abfahrten kräftig mitgetreten werden musste.

Ab dem Anschluss Valdemarsvik fiel mit der folgenden Ausbaustrecke der E 22 der Seitenstreifen dem Wunsch nach dichterem und schnellerem Autoverkehr zum Opfer. Und damit auch die Sicherheit der Radfahrer. Fortan wechselten sich ein- und zweispurige Streckenführungen ab. Ging es zweispurig in eine Richtung, blieben mir gerade wenige Handbreit Randstreifen. Im Gegenzug hätte ich mich über eine zusätzliche Fahrspur freuen können. Doch auch bei nicht allzu starkem Verkehrsaufkommen schien es ziemlich vielen KFZ-Fahrern den Fahrspaß zu vermiesen, wenn sie beim Überholen auf die innere Spur hätten wechseln müssen. Hinzu kam, dass es wegen des Windes oft nicht leicht war, die Spur zu halten. Während des mühsamen Pedalierens formulierte ich wieder und wieder eine Forderung: Jeder Autofahrer soll einmal jährlich während einer vergleichbaren Radfahrt sein Leben riskieren. Vielleicht lernen einige Fahrspaß-Jünger dann die Gewalt kennen, die von ihren Blechkisten ausgeht.

Nach einigen unbequemen und nervigen Stunden auf der E 22 kam ich schließlich unversehrt in Söderköping an. Der erste der beiden Campingplätze lag direkt an der Hauptstraße und schied daher aus. Das erwies sich als gute Entscheidung, denn der zweite liegt etwas abseits der Stadt direkt am Götakanal. Sein recht hoher Preis (140 Skr) wird durch seine schöne Lage und sehr gute Serviceeinrichtungen gerechtfertigt. Nach einem kurzen Lebensmitteleinkauf erholte ich mich von den E 22 - Strapazen.


Blick vom CP über Götakanal auf Söderköping



Götakanal

Tag 11: Ruhetag in Söderköping (8,94 Km)

8,94 Km, Gesamtkilometer: 914,85 km, Wetter: Leicht bewölkt mit sonnigen Abschnitten. Um die 20°C.

Nach dem Aufwachen war ich zunächst unentschlossen, ob ich einen weiteren Ruhetag einlegen sollte oder nicht. Das Wetter hatte sich gebessert, war für das Weiterfahren sprach. Da die Vorhersage für die nächsten Tagen aber vielversprechend aussah, entschied ich mich für einen Mußetag. Nach Dusche und Frühstück radelte ich in das Zentrum der kleinen Stadt und genoß ihre Beschaulichkeit. Söderköping "besteht" im wesentlichen aus einem kleinen Marktplatz, einer knapp 50 Meter langen Fußgängerzone und einer kleinen Promenade am Götakanal. In wenigen Minuten hat man mit dem Rad alles gesehen. Die Popularität der kleinen Stadt rührt wohl auch daher, dass es in Schweden nicht allzu viele malerische Stadtbilder gibt und daher alles, was sich irgendwie Beschaulichkeit bewahren konnte, mit touristischer Bedeutung geadelt wird.


Kleinstadtidyll in Söderköping



Beschauliche Straßen



Skulptur "Rabbit Crossing" am Götakanal



Blick zur kleinen Promenade am Götakanal

Tag 12: Söderköping - Nyköping

82,00 Km, Gesamtkilometer: 996,85 Wetter: Bewölkt und regnerisch, dann gewittriger Wolkenbruch. Anschließend hochsommerlich.

Die Wetterprognose hielt natürlich nicht, was sie versprach. Das gefürchtete Regenprasseln auf der Zeltplane ließ mich schon um 5.30 Uhr aufwachen. Müde wartete ich auf eine Regenpause, baute schnell ab und kam so sehr früh los. Meine Route führte zunächst über das Vikbolandet, eine Halbinsel zwischen fjordähnlichen Ostseeausläufern. Hier fuhr es sich im ebenen Gelände sehr angenehm. Die landwirtschaftlich geprägte Landschaft erinnerte ein wenig an Schleswig-Holstein und war trotz des Nieselwetters eine entspannende Abwechslung zur letzten Autobahn-Etappe.

Auf einer kostenlosen Fähre überquerte ich den Bråviken, der als langgezogener Meeresarm weit ins Land bis Norrköping reicht. Mit dem flachen Gelände war es auf der anderen Seite dann zunächst wieder vorbei. Bis Jönåker ging es auf Nebenstraßen durch sanfte Wälder, anschließend dann parallel zur E4 in Richtung Nyköping über eine mittelgroße Landstraße. Zehn Kilometer vor der Stadt verließ ich die gut zu befahrende Straße und radelte über Enstaberga auf die Fernstraße 53, weil an dieser der anvisierte CP liegen sollte.

Dem war aber nicht so. Das Gelände war verwaist und der Platz offensichtlich nicht mehr dort. Während ich mir Gedanken über eine Alternative machte, begann es aus einer dicken Walzenwolke kräftig zu schütten, die fast punktgenau über Nyköping waberte. Mir blieb nichts anderes übrig, als zum über zehn Kilometer südlich der Stadt gelegenen CP zu fahren, der sich in der Nähe von Örstingnäs direkt an der Ostee befand und zum Glück ausgeschildert war.

So fuhr ich bei strömenden Regen durch wenig beschauliche Teile von Nyköping und erreichte schließlich, nass bis auf die Haut, den idyllisch am Meer gelegenen Campingplatz. Wenige Minuten später vollzog sich dann das Wunder: es klarte auf, wurde sonnig und sollte von da an für viele Tage hochsommerlich warm bis heiß bleiben. Mein Abendessen verspeiste ich auf einem Stein am Strand und in der Sonne sitzend. Fortan gut gelaunt, konnte mir dann auch der musikalische Abfall nichts anhaben, der zu einer Tanzveranstaltung für Kinder und infantile Erwachsene am Rezeptionshäuschen bis in den späten Abend hinein aus den Boxen quoll.


Nach dem Regen: bestes Sommerwetter an der Ostsee



Zelten am Sandstrand


Tag 13: Nyköping - Mörkö/ Skansholmen (82 Km)

82,00 Km, Gesamtkilometer: 1073,35 Wetter: sommerlich warm

Das gute Wetter, das am Vortag unmittelbar nach dem Sturzregen aufgetreten war, versüßte mir das Aufstehen. Nach dem obligatorischen und manchmal auch nervigen Lagerabbau schmierte ich mir Sonnencreme auf unbedeckte Hautstellen und machte mich auf den Weg nach Nyköping (30.000 EW). Hier musste erstmal der Ortsausgang zur Fernstraße 219 gefunden werden, wobei ich in den Genuß kam, das Stadtzentrum kennen zu lernen. Ganz so hässlich wie am Vortag wirkte es zwar nicht, aber als besonders schön lässt sich sie kleine Stadt auch nicht bezeichnen.

Von der 219 bog ich in die 223 und von dort schließlich in eine schöne Nebenstraße ein, die in weiten Teilen der E4 folgte und nach Södertälje führte. Fortan ging es durch idyllische Bauernlandschaften mit sanften Wiesen, Wäldern und auch Mooren. Kleine Ortschaften, wie etwa Norrby und Näsby, zogen sich weit zerfasert hin und wirkten kaum wie geschlossene Siedlungen. Diese Siedlungsform ist typisch für Skandinavien und unterscheidet sich von jenen in Südeuropa, in denen die Menschen dicht zusammenrücken. Die gelegentlichen längeren Anstiege gingen im sommerlichen Wetter nicht so sehr in die Beine. Während einer kurzen Pause in Vagnhärad, einem freundlichen Landstädtchen, kaufte ich in einem großen Supermarkt ein paar Lebensmittel ein und fuhr weiter. Kurz vor dem Überqueren der Grenze zur Provinz Stockholms Län raubte mir ein außerordentlich langer Anstieg ein wenig die Nerven. Unschlüssig, ob ich in Richtung Mörkö oder Södertälje fahren sollte, wartete ich auf eine Eingebung. Diese kam in Form eines Campingplatz - Wegweisers, der zur Insel Mörkö wies.

Über eine Brücke ging es kurz darauf über den Stavbofjärden, der hier wie ein gewöhnlicher Fluß aussieht, eigentlich aber ein Ausläufer der Ostsee ist. Die Insel Mörkö empfing mich mit lieblichen Feldern und Wäldern; speziell aber mit einer kräftigen Portion Gegenwind. Kurz hinter dem Schloss Hörnigsholm endete mit der Straße auch die Insel Mörkö. Zu sehen waren eine Art Yachthafen und die Fähre nach Sandviken, aber nicht der anvisierte Campingplatz Skansholmen. Dieser fand sich erst nach kurzem Suchen oberhalb des Yachthafens, weil kaum ein Hinweis vorhanden war. Der Grund dafür war dann auch schnell gefunden. Es handelte sich um einen Platz, der fast ausschließlich von Dauercampern besiedelt war. Diese drängten sich eng an eng auf einem relativ kleinen Gelände. Viele von ihnen hatten ihre Parzellen mit kleinen Vorgärten versehen und alles wirkte beinahe spießbürgerlicher, als man es von deutschen Vorzeigeplätzen kennt. Es war nicht leicht, einen Platz für mein Zelt zu finden, da fast alles aus den Vorgärten der Spießercamper bestand. Schließlich fand ich einen kleinen Platz, der oberhalb eines Bade- und Angelsteges nahe am Wasser lag.


Landstraße bei Norrby



Blick vom Zeltstandort über den Skansund



Der Fähranleger am Ende Mörkös

Route

  • Tage 9 - 13


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