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Radreise Südskandinavien 2005 (Tag 25 - 28)

Tag 25: Påskallavik - Kalmar

73,74 Km, Gesamtkilometer: 1708,34km, Wetter: sonnig und sehr warm

Unser Weg sollte uns an diesem Tag immer an der Ostseeküste entlang südwärts führen. Um die dabei dominierende E22 zu vermeiden, ging es nach dem Aufsatteln über kleine Nebenwege durch idyllische Wälder über Emsfors nach Forsa. Hier fanden wir uns inmitten von Bilderbuch-Schweden. Kleine Dörfer mit falunroten Holzhäusern lagen verstreut im Wald. Durch die laue und mildwarme Luft erklangen fast ausschließlich die Geräusche einer natürlichen Ruhe und alles war von der lieblichen Aura eines friedvollen Naturidylls umgeben. Hinter Forsa war es dann wieder vorbei mit dieser Beschaulichkeit. Es galt, die E22 zu überqueren, und zum Glück fanden wir einen Radweg nach Mönsterås, einer ruhig und aufgeräumt wirkenden Hafenstadt. Leider löste sich der Ostküsten-Radweg ein wenig später in Wohlgefallen auf und entließ uns mit der Aufgabe, Alternativen zur E22 zu finden.

Wir wurden fündig und radelten nach Timmernabben, wo wir uns auf Sitzbänken am Dorfstrand zum Vesper niederließen. Mit vollerem Magen gings anschließend über weitere, teilweise sogar unasphaltierte Nebenwege, vorbei an Pataholm und Fågelsudd wieder auf die Europastraße. Sie verwöhnte uns allerdings mit einem halbwegs ausreichenden Seitenstreifen, auf dem wir so lange blieben, bis sie kurz vor Kalmar zur Autobahn mutierte.

Durch das mit seinen weißgetünchten Reihenhäusern spießig wirkende Lindsdal kamen wir am späten Nachmittag endlich in Kalmar an. Wir nahmen uns nicht die vom Reiseführer vorgeschlagenen "mehrere Tage Zeit", sondern radelten direkt zum angenehmen Stensö Camping. Das mochte der Grund dafür gewesen sein, dass wir nur die weniger schönen Seiten der 55.000 Einwohner zählenden Stadt zu Gesicht bekommen haben. Auch wenn Kalmar mit einem tollen Schloss und einer anheimelnden Altstadt aufwarten kann - der Rest erinnerte eher an Frankfurt-Unterliederbach. Wie dem auch sei, der Campingplatz lag sehr schön und war ein idealer Ort, um uns von den vorangegangenen Strapazen auszuruhen.


Schwedisches Idyll

>Tag 26: Kalmar - Kristianopel (66,96 Km)

66,96 Km, Gesamtkilometer: 1775,45 km, Wetter: stark bewölkt, kühl-windig, dann heiter und wärmer

Das Kaiseretter schwächelt...

Die vorangegangenen Tage des Hochsommers hatten uns ohne Zweifel verwöhnt. Um so schlimmer kam uns der grau verhangene Himmel vor, den unsere müden Augen am Morgen erblicken mussten. Bedrohliche Wolken waberten über uns und sorgten für eine Atmosphäre, die uns beim Packen die Regenponchos griffbereit auf die Packtaschen schnallen lies. Anhand eines kleinen Stadtplanes manövrierten wir uns durch unschöne Vororte aus Kalmar heraus und radelten auf Nebenwegen über Smedby und Ljungbyholm durch eher mäßig interessante Landschaften bei leichtem Gegenwind. Auf der E-22-S, der auch für schwächere Verkehrsteilnehmer zugelassenen Autobahn-Ersatzstraße, durchquerten wir eher agrarisch geprägtes Land.

Unser Vesper aßen wir in einer netten Pizzeria im Köpcenter von Södernåkra, wo es für kleines Geld große Pizza gab. Das Köpcenter von der Größe eines mittleren Supermarktes schien die einzig nennenswerte Attraktion des verschlafenen Städtchens zu sein.

Ab Söderåkra hatten wir keine andere Wahl, als die alternativlose E22 zu nehmen. Trotz ihres Europastraßen-Daseins war sie recht gut zu befahren und der Verkehr hielt sich in erträglichen Grenzen. Zudem hatte sich das Wetter gebessert und die bedrohlichen Wolken waren einem wohlwollend heiterem Himmel gewichen. Bei Brömsebro, das auf unserer Landkarte aus unerfindlichen Gründen fehlte und die Grenze zur Provinz Blekinge markierte, verließen wir die E22 und fuhren durch nun wieder idyllische Landschaften nach Kristianopel. Dieser kleine Ort wirkte wie ein Museumsort, nur eben, dass er nicht von Schauspielern, sondern von echten Bewohnern besiedelt war. Ein lebendiger Hessenpark auf schwedisch.

Wir quartierten uns im örtlichen Campingplatz ein und gingen im angrenzenden Gasthaus, wo gerade eine weniger gute Bluesband musizierte, essen. Zur gleichen Zeit wurde der Himmel von einer Parade-Walzenwolke in Weltuntergangsstimmung getaucht. Noch bevor ich dieses metereologische Schauspiel fotografieren konnte, ging ein Wolkenbruch allererster Ordnung nieder. In letzter Sekunde schaffte ich es, die zum Trocknen ausgehängten Klamotten ins Zelt zu stopfen. Nass kehrte ich zum Restaurant zurück und aß, während es durch das Dach auf mein Hemd tropfte. Nach einigen schwedischen Starkbieren, die es in Kneipen mit Schanklizenz z.T. in beachtlicher Auswahl gibt, war mir das egal. Nachts gingen noch ein paar Wolkenbrüche auf unser Zelt nieder. Es hielt natürlich dicht.


Im CP von Kristianopel

Tag 27: Kristianopel - Järnavik (94,12 Km)

94,12 Km, Gesamtkilometer: 1869,57 km, Wetter: bewölkt, windig, kühl

In Blekinge ist nicht gut Radfahren

Am Morgen waren die Gewitter wieder fortgezogen und die Sonne lukte sogar hie und da aus dem Himmel. Ein paar sehr dunkle Wolken verhießen aber insgesamt nichts Gutes. Außerdem war es windig und der Wind blies natürlich von vorn. Nach wenigen Kilometern mussten wir bei Fågelmora wieder auf die E22, weil es in dieser Gegend einfach keine akzeptablen Alternativwege gab. Dank eines breiten Seitenstreifens lies es sich aber komfortabel fahren und wir kamen schnell voran. Das änderte sich aber schlagartig ab Jämjö. Während der Seitenstreifen stetig schrumpfte, nahm der Autoverkehr rapide zu. Die Situation wurde selbst für hartgesottene Radfahrer wie uns zu einer bedrohlichen Gefahr, zumal die Landschaft hügelig wurde.

Um unser Leben außer Gefahr zu bringen, wichen wir bei Ramdala auf den ausgeschilderten Radweg (Cyclespåret) aus. Der Preis für die Sicherheit war ein größerer Umweg. Auf diese Weise bekamen wir wieder mal hautnah mit, wie es ist, wenn Straßenplaner nur motorisierte Verkehrsteilnehmer im Auge haben und umwelt- wie auch gesundheitsfreundliche Formen der Fortbewegung vergessen. Und in diesem Teil Blekinges schien die KFZ-Gesellschaft besonders ausgeprägt zu sein.

Der Cyclespåret leitete uns nach Karlskrona und führte uns ausnahmsweise einmal vollständig beschildert durch die Stadt hindurch. Der weitere Weg konnte dann nur noch als straßenplanerische Unverschämtheit bezeichnet werden. Die E22 wurde zur Autobahn, während Radfahrer weite Umwege durch bergiges Land in Kauf nehmen mussten, nur um ein paar Kilometer nach Westen zu kommen. Die Blechkisten-Hirne ließen grüßen. Bei Nättraby, wo die E22 ihren Autobahn-Status zu verliert, war das Befahren mit dem Rad noch verboten. So hatten wir keine Wahl, als auf dem Cyclespåret wieder mal Umwege zu fahren. Irgendwann kamen wir dann wieder zur E22 und fanden dort zu unserer Überraschung einen von der Fahrbahn abgetrennten Radweg vor. Warum nicht gleich so?

Recht komfortabel kamen wir so bis nach Roneby, wo wir in Richtung Ronnebyhamn, einem nur als häßlich zu bezeichnenden Kaff, abbogen. Weiter ging es über recht hügelige Straßen quer durch die Pampa bis nach Törp. Von da war es dann nicht mehr weit zum Campingplatz bei Järnavik.


Warum nicht gleich so? Aber leider bleib dieser Radweg an der E22 eine Ausnahme.



Ostsee-Ausläufer bei Spjälkö



Utensiliensuche in tiefen Packtaschen

Tag 28: Järnavik - Sälvesborg/Välje

65,79 Km, Gesamtkilometer: 1935,36 km, Wetter: regnerisch, bewölkt, windig

Ein erträglicher Regentag

Schon in der Nacht wurden wir wach vom Regengetröppel auf der Zeltplane. Kurz nach dem Aufwachen warteten wir auf eine Regenpause, bauten ab und fuhren los in den grauen Tag. Im Regen folgten wir dem Cyclespåret auf die E22-V, die uns in Richtung Karlshamn führte und relativ gut zu befahren war. Karlshamn (30.000 EW) wirkte trist und wartete mit vielen Wohnblocks auf. Die Innenstadt soll aber mit ihren Holzhäusern recht nett aussehen, was wir nicht belegen können, weil wir daran vorbei fuhren.

Wir folgten dem gut ausgeschilderten Radweg nach Mörrum und weiter nach Pukavik, wo die Landschaft langsam flacher wurde. Von dort ging es dann über die E22 nach Ysane, wo wir auf eine bequemere Nebenstrecke auswichen. Wir radelten durch eine flache Ebene mit vielen Feldern bei zum Teil heftigem Gegenwind und erreichten über Gammelstorp dann Sölvesborg. Die 15.000 Einwohner zählende Stadt soll die schönste in Blekinge sein, was uns nicht unbedingt auffiel. Wir suchten den Weg zum Campingplatz im Nachbarort Välje, der bereits in Skåne liegt. Am Abend hatte sich das Wetter wieder gebessert, nur der Wind blies heftig in die Zeltplane.


Blick auf die mittelalterliche Kirche von Ysane



In der windigen Agrarebene



Holzhütten im CP von Välje

Route

  • Tage 25 - 28


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