Radreise von Warschau nach Minsk, Abschnitt 6: Warschau (2) - Berlin (2)


Abends am Multimediabrunnen

Nochmal drei Tage Warschau

Kilometer Warschau, Tag 1: 26,60
Kilometer Warschau, Tag 3: 19,80
Kilometer Warschau, Tag 3: 16,70





Am Plac Zbawiciela
Lieber länger in Warschau oder länger in Berlin bleiben? Natürlich länger in Warschau! Das ist Ausland, angenehmes Ausland, nämlich Polen. Und so verbringen wir noch ganze drei Tage in der polnischen Hauptstadt, bevor es wieder zurück ins Merkelland geht. Nun kennen wir Warschau mittlerweile recht gut, was uns ein wenig Stress nimmt. Denn jetzt können wir ohne ein schlechtes Gewissen zu haben auch mal nur Bummeln. Der Druck ist nicht mehr da, die knappe Zeit mit Besuchen sinnvoller Sehenswürdigkeiten auszufüllen.

Auch sitzen wir gerne in unserer "Stammkneipe" in der Nähe des Schlossplatzes, wo das Bier besonders günstig ist. Hier kennt man uns mittlerweile schon recht gut. Trotzdem stehen noch ein paar Attraktionen auf unserer Besuchsliste. Da wäre zunächst einmal der Erlöserplatz mit dem angrenzenden Wohnbezirk Marszałkoska-Straße. Man mag kaum glauben, dass sich auf dem überschaubaren Erlöserplatz gleich mehrere Hauptverkehrsstraßen kreuzen. Es gibt neben der Erlöserkirche mehrere Cafés, in denen sich vorwiegend intellektuell wirkende junge Leute aufhalten. Hier trifft der Baustil des sozialistischen Realismus auf den dominanten Barock der Erlöserkirche.


Sozialistischer Realismus in der Aleje Jerozolimskie
Gleich nebenan beginnt der Wohnbezirk Marszałkowska-Straße, der in den 1950er Jahren für etwa 45.000 Menschen errichtet wurde. Die wuchtigen Gebäude mit ihren breiten Balkonen und Arkaden erinnern an die Bebauung der Berliner Karl-Marx-Allee, ohne dieser aber ernsthaft das Wasser reichen zu können.

Ein weiteres interessantes Ziel in Warschau ist der Powązki-Friedhof (Cmentarz Powaązkowski) in der nördlichen Innenstadt. Er liegt in der gleichnamigen Powązkowska-Straße, übrigens ganz in der Nähe der Arkadia-Einkaufsmall (deren Besuch nicht lohnt, da hier nur der übliche Shoppingmall-Kram angeboten wird). Mit etwa 2,5 Millionen Einlägern ist er so etwas wie eine Nekropolen-Großstadt. Aber irgendwo müssen die vielen Toten, die sich im Laufe der Geschichte einer Metropole so ansammeln, ja untergebracht werden.

Viele der alten Gräber und Gruften zerbröseln vor sich und erlauben Einblicke in ihr Inneres. Leider haben wir keine Skelette, Mumien oder ähnliches entdecken können. Vielleicht sollten wir das nächste Mal eine Taschenlampe mitnehmen, um die Innenräume der Gräber besser ausleuchten zu können.


Im Cmentarz Powazkowski
Die Abende verbringen wir meistens im Bereich der Altstadt, wo wir nach dem Besuch unserer Stammkneipe zum Multimediabrunnen taumeln. Dieser befindet sich unterhalb der Altstadt an der Weichsel. Um genau zu sein, nicht ganz an der Weichsel, sondern gleich neben der lärmigen Hauptverkehrsstraße, die an der Weichsel entlang führt. Hätten die Stadtplaner mal nach Minsk geschaut, hätten sie vielleicht nicht den zentralen Fluss Warschaus mit dicken Verkehrsadern verschandelt.

Tagsüber ist der Multimediabrunnen ein gewöhnliches Wasserspiel. Abends findet zu bestimmten Zeiten (bei uns sogar durchgängig) eine Wassershow mit beleuchteten Fontänen statt. Sehenswert ist das allemal.

An unserem letzten Tag geht es früh ins Bett, weil wir schon um sechs Uhr früh mit dem ersten Berlin-Warszawa-Express nach Berlin fahren müssen. Alle anderen Züge waren leider ausgebucht. Dafür gab es im Bordrestaurant Wars gleich Bier und Wodka. Da haben selbst die Polen gestaunt.


Abendlicher Trubel an der Zygmundtsäule


Abends am Multimediabrunnen


Abends auf der Krakowskie Przedmiejsce


Grabmal des Unbekannten Soldaten

Und noch zwei Tage Berlin - ein Abgesang

Kilometer Berlin, Tag 1: 26,60
Kilometer Berlin, Tag 2: 19,80







Gedenkstätte der Sozialisten, Gedenkstein für Walter Ulbricht
Wenn man in Deutschland lebt, ist man zuweilen in dem Glauben, Bürger eines reichen, kultivierten und hochentwickelten Landes zu sein (jedenfalls dann, wenn man wenig Zeitung liest und das Privatfernsehen meidet.) Pustekuchen. Denn wenn man aus Minsk über Warschau nach Berlin kommt, sieht das ganz anders aus. Je nach dem, wo man sich aufhält, stinkt Berlin gegen die beiden anderen Hauptstädte gewaltig ab.

Das fängt schon mit dem Berliner Hauptbahnhof an. Bis man mit seinen Rädern einen der wenigen Fahrstühle nach oben zum Ausgang ergattert hat, vergehen schonmal zwanzig Minuten. Warum soll man sein rollbares Handgepäck auf Rolltreppen nach oben fahren, denken sich wohl viele und stehen aus Faulheit lieber unnötig am Fahrstuhl an.

Und dann das DB-Reisezentrum. Es zu finden bedarf eines detektivischen Gespürs. Immerhin befinden wir uns im hypermodernen Zentralbahnhof der deutschen Hauptstadt. Da sollte man doch wohl irgendwo Fahrkarten kaufen können. Kann man auch, aber man muss außer viel Geld auch noch jede Menge Geduld mitbringen. Unermessliche Geduld. Im für den großen Bahnhof viel zu kleinen Reisezentrum müssen Wartenummern gezogen werden. Mit denen kann man sich dann erst einmal in die nächste Kneipe setzen, denn zwischen gezogener und angezeigter Nummer liegen Zahlen im Bereich der anvisierten Baukosten des neuen Hauptstadtflughafens. Gefühlt zumindest.


Sowjetisches Ehrenmal
Und so sitze ich und warte, bis Claudi nach fast einer Dreiviertelstunde mit zwei Zugtickets nach Lübeck zurück kommt. Zwischenzeitlich habe ich mir aus lauter Langeweile ein polnisches Starkbier gegönnt und damit auf mein Heimatland angestossen. Willkommen in Deutschland!

In und um Friedrichshain, wo wir wieder im Hotel Georgenhof residieren, herrscht Partystimmung. Horden junger Pickelträger bevölkern die Straßen und tragen die obligatorischen Bierflaschen mit sich herum. Viele davon landen auf den Geh- und Radwegen, so dass wir beim Radeln Scherben-Slalom betreiben müssen.

Überhaupt wirkt die Gegend zwischen Warschauer Straße, Oberbaumbrücke und Kreuzberg verranzt, versifft und schäbig. Einmal wollen wir uns ein Konzert angucken und fahren zur Location (Name vergessen, war in der Köpenicker Str.), doch die sieht von außen aus wie eine Mischung aus Abbruchbude und Müllplatz. Da zahlt man doch keinen Eintritt.

Verglichen mit Warschau und insbesondere mit Minsk ist Berlin ein drittklassiges Dreckloch - zumindest Friedrichshain und Kreuzberg. Gut, dass wir nur zwei Tage bleiben.


Kaum in Deutschland, Ärger im Berliner Hauptbahnof


Da hilft nur polnisches Bier!


Pause in Treptow

[Berlin-Lübeck: 15,20 km ]

[Gesamtkilometer: 1301,68 ]

Highslide-Galerie: Auf Bilder klicken und dann Navigationsleiste in der Großansicht nutzen!


Nächster Abschnitt


#