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Abschnitt 4: Hong Kong (4)


Ausblick vom Hong Kong Peak auf die Stadt

Auf dem Hong Kong Peak


Nur sehr wohlhabende Leute können es sich leisten, oben auf dem Peak zu residieren
Der ehemalige Victoria Peak, der seit dem Übergang der Kronkolonie ins chinesische Mutterland Hong Kong Peak heisst, ist mit einer Meereshöhe von 552 Metern die höchste Erhebung auf HK-Island und eine der wichtigsten Touristenattraktion. Dies nicht etwa, weil es oben auf dem Peak viel Interessantes zu entdecken gäbe, sondern hauptsächlich wegen der Auffahrt mit der berühmten Peak-Tram und dem unvergleichlichen Panorama, dass sich nur von dort oben auf das Hochhausmeer der Stadt ergibt.

Weil sich im bergigen Zentrum der Insel prächtig wandern lässt, haben wir vor, mit der Tram hinauf zu fahren und von oben zurück zu wandern. Es ist Sonntag und die Straßen sind recht leer, während wir zur Tram-Station marschieren, die zwischen Botanischem Garten und Hong Kong Park liegt. Als wir ankommen, ist es mit den leeren Straßen vorbei. Lange Schlangen haben sich vor dem Station gebildet, weil jede Menge anderer Menschen das schöne Wetter und den Sonntag für einen Ausflug auf den Peak nutzen wollen. Missmutig stellen wir uns an und bemerken erst ein wenig später, nachdem sich die Warteschlange um eine Kurve herum bewegt hat, das wahre Ausmaß der Misere. Besonders nervt uns Madame Tussaud's, die oben und unten eine Filiale betreibt und ihre Gäste an der Warteschlange vorbeilotst und ganz vorne in die Tram einsteigen lässt. Nach einer dreiviertel Stunde des bräsigen Umherstehens erreichen wir endlich die Kasse (22 HK$ p.P.) und schließlich die berühmte Peak-Tram. Wir werden hineingestopft und haben in der Enge der überfüllten Bahn nicht allzu viel von der recht steilen Auffahrt. Hie und da ergeben sich zwischen den Köpfen der anderen Leute hindurch ein paar Blicke auf die Stadt.



Im subtropischen Grün: Der Gouvernor's Walk
Auf dem Berg spuckt die Bahn die Menschenmassen im futuristisch anmutenden Peak Tower wieder aus. Dieses 1997 erbaute Haus beherbergt außer vielen Souvenierläden und Schnellrestaurants ein paar Multimedia-Einrichtungen zur Unterhaltung und unterscheidet sich eigentlich kaum von einem Einkaufszentrum. Abgesehen von der Aussichtsterrasse auf dem Dach ist sein Inneres kaum sehenswert, der Ausgang aber relativ schwer zu finden. Wir nutzen es für einen Gang zur Toilette. Vor dem Peak Tower gibt es noch ein paar andere kommerzielle Unterhaltungs- und Konsumeinrichtungen, die dem touristischen Stellenwert der Bergstation voll und ganz gerecht werden. Obwohl dies noch nicht der Gipfel des berühmten Berges ist, tummeln sich 98 % der Besucher auf diesem Areal. Das ist verständlich, weil die meisten mit der Bahn wieder herunterfahren und sich außerdem nicht allzu weit von den Zerstreuungsbetrieben weg in die Wildnis des Hinterlandes begeben möchten. Wir kehren dem Rummel schnell den Rücken und machen uns auf zum Gipfel des Peak sowie zum Gouvernor's Walk, über den wir dann den Heimweg antreten wollen.



Ausblick auf der Peak-Südseite nach Aberdeen
Über die anfangs steile Mt. Austin Road wandern dem Peak Garden entgegen, der sich ein wenig unterhalb des Gipfels befindet. Nach einem halben Kilometer erreichen wir die gut gesicherten Wohnanlagen der Hong Konger Oberklasse. Wer es sich leisten kann, in exponierter Lage oben auf dem ruhigen Peak und weit weg vom Pöbel in den unteren Zonen der Stadt zu residieren, der muss es zu etwas gebracht haben. Immerhin kostet ein Appartement bis zu 10.000 HK$ täglich, dafür kommt der erlauchte Kreis der Peak-Bewohner in den Genuss nicht-beengter Wohnverhältnisse. Damit auch die Sprösslinge der Ausbeutungsgewinnler auf ihre Kosten kommen, liegt ein großzügiger Spielplatz neben den Wohnanlagen. Dabei hat das Wohnen in den höheren Lagen als Ausdruck der gesellschaftlicher Position Tradition in Hong Kong. Als es die 1885 erbaute Peak Tram noch nicht gab, ließen sich die Bonzen und ihr Anhang in Sänften (!) die steilen Hänge hinauftragen.

Immer wieder ergeben sich fantastische Aussichten über die Stadt. Schließlich erreichen wir, eher zufällig, den Gouvernor's Walk, der kurz vor dem Peak Garden in Richtung Lugard Rd. abzweigt. Der sehr beschauliche und schmale Pfad windet sich an der Südseite des Peaks langsam nach hinab. Panaoramaausblicke ergeben sich diesmal auf die andere Seite hinab nach Aberdeen und auf die umliegenden Inselchen. Irgendwann mündet er in die Harlech Rd., wo viele Hong Konger unterwegs sind und ihrer Lieblingsbeschäftigung an freien Tagen nachgehen, dem Grillen. Analog dazu gibt es im grünen Hinterland jede Menge Grillplätze. Überhaupt ist es erstaunlich, wie schnell die Riesenstadt aufhört und in üppige Vegetation der angrenzenden Wälder übergeht. Die Wandermöglichkeiten hier sind, gemessen an der Größe der Insel, extrem gut. So zieht sich der Hong Kong Trail 50 Kilometer durch die bewaldete Berglandschaft; ihn an einem Tag durchzuwandern ist möglich und ein Vorhaben für unseren nächsten Besuch...


Bessere Wohnhäuser in den westlichen Midlvels
Nach knapp zehn Kilometern entspanntem Marsch durch eine empfehlenswert schöne Landschaft erreichen wir mit der Universität im Westen HK-Islands wieder die Stadt. Auf immer noch sehr steilen Straßen laufen wir durch die in den Berg hineingebauten Wohngebiete der Midlevels. Immer wieder erstaunt uns die Höhe der Wohnhochhäuser, die teilweise 200 Meter überschreitet. An gesicherten Eingangsbereichen sowie an dem durchaus gepflegten Eindruck der Gebäude sehen wir, dass hier Bessergestellte Leute wohnen.

Auch entdecken wir Rohbauten, die bis in enorme Höhen hinauf komplett mit Bambusgerüsten eingekleidet sind. Die Gerüste bestehen aus einzelnen Bambusstangen, die kreuzweise zusammengebunden sind und unten ohne weitere Einfassung auf dem Boden stehen. Diese traditionelle Art des Gerüstbaus scheint entgegen dem optischen Eindruck durchaus stabil zu sein, da viele selbst sehr hohe Hochhäuser mit ihrer Hilfe errichtet werden. Einzig an den riesigen Wolkenkratzer-Rohbauten sieht man moderne Stahlgerüste.

Fazit Hong Kong Peak: Der Fahrt mit der Tram zum Peak-Tower ist ein massentouristisches Vergnügen mit all seinen Nachteilen. Wenn es vielleicht nicht gerade Sonntag und schönes Wetter ist, hat man wohl die Chance auf kürzere Warteschlangen und weniger Überfüllung. Ansonsten kann man auch prima zu Fuß auf den Berg wandern oder einen öffentlichen Bus nehmen, denn oben gewesen sein sollte man auf alle Fälle. Man erhält schnell eine Ahnung davon, wie Grün HK-Island ist und kann sich in Sachen Wandervergnügen mehr als austoben.


Stadtpanorama



Selbst Wolkenkratzer werden mit traditionellen Bambusgerüsten versehen

Keine Romantik in Aberdeen


Ortszentrum von Aberdeen
Dschunkenromantik und exotisches Leben auf Hausbooten ist das, was man gemeinhin mit Aberdeen auf der Südseite von HK-Island verbindet. Weniger bekannt ist, dass die Stadt Hong Kong dem heutigen Aberdeen (Heung Kong Tsai - klein Hong Kong) ihren Namen verdankt. Weil die in den ansässigen Manufakturen hergestellten Räucherstäbchen über den kleinen Hafen der Siedlung verschifft wurden, erhielt diese den kantonesischen Namen Heung Kong, was "duftender Hafen" bedeutet. Dieser wurde, wie die gesamte Siedlung, von der südlich vorgelagerten Entenzungeninsel (Ap Lei Chau) als natürlicher Barriere vor der Wucht der Taifune geschützt. Bis vor wenigen Jahren lebten an die 30.000 Boat People auf ihren Hausbooten um und in dem Hafen, bis 1987 und 1988 zwei Großbrände fast die Hälfte der Boote zerstörten.

Die Stadtverwaltung initiierte anschließend Umsiedlungsprogramme und ließ auf der Entenzungeninsel Wohnhochhäuser errichten, aus denen die ehemaligen Boat People nun auf ihren ehemaligen Wohnhafen herunterblicken können. Ob sie damit zufrieden sind, lässt sich so einfach nicht sagen. Auf alle Fälle täuschte die nur auf den ersten Blick romantisch und ursprünglich wirkende Wohnsituation auf der schwimmenden Stadt über die herrschenden miserablen hygienischen und versorgungstechnischen Zustände der Wasserslums hinweg. Hinzu kommt, dass die Boat Peolpe als Angehörige der Tanka- und Hoklo-Volksgruppen zu Minderheiten gehören, die noch bis in die jüngere Vergangenheit hinein als Chinesen zweiter Klasse behandelt wurden. Heute ist von dem ehemaligen Treiben im Aberdeener Hafen nicht mehr viel übrig, nur einige wenige Hausboote tummeln sich im trüben Wasser, umgeben von einer trostlosen Kulisse aus riesigen Wohntürmen. Gesehen haben muss man es trotzdem, allein um einen Eindruck von der Atmosphäre einer Hong Konger Trabantenstadt zu erhalten.


Straßenschlucht in Aberdeen
Mit dem Bus machen wir uns vom Busbahnhof im Two IFC-Komplex auf den Weg nach Aberdeen, was mit 4,70 HK$ p.P. sehr günstig ausfällt. Nach einer fünfzehnminütigen Fahrt steigen wir mitten in Aberdeen aus und halten zunächst einmal Ausschau nach einer Essgelegenheit. Das Zentrum ist recht überschaubar und umgeben von einem grauen Hochhauswald, in dem die Menschen wohnen. In der Mitte des Ortszentrum befindet sich ein Platz, um den herum Geschäfte gruppiert sind. Es herrscht ein reges Treiben, die städtebauliche Atmosphäre entspricht in etwa einer Zehnerpotenz dessen, was man von der Berliner Gropius- oder der Frankfurter Nordweststadt her kennt. Wir verschlingen unvernünftiger Weise etwas Fastfood-Fraß in einem der umliegenden Läden und machen uns auf den Weg zum Hafen.

An der neugestalteten und recht sauberen Hafenpromenade haben wir einen guten Blick auf die vollbebaute Entenzungeninsel und den davor liegenden Hafen. Ein paar Hausboote dümpeln im Wasser und alte Frauen versuchen, uns Rundfahrten zu verkaufen. Wir lehnen ab, weil die Szenerie wenig interessant wirkt und auch vom Ufer aus gut zu überblicken ist. Beeindruckender als die wenigen verbliebenden Hausboote ist die Architektur auf Ap Lei Chau, die fasziniert und gleichzeitig abschreckt. Uns kommt unwillkürlich der natürlich ungerechtfertigte Gedanke, weshalb sich die Bewohner deutscher Trabantenstädte und Plattenbausiedlungen beklagen - im Vergleich zu den Hong Konger Wohnfabriken hat selbst der Hamburger Mümmelmannsberg etwas von einem gemütlichen Dorfidyll.

Lange bleiben wir nicht, denn viel zu sehen gibt es kaum. Dafür riecht die Luft am Hafen von brackig bis muffelig, was dem "duftenden Hafen" wenig Ehre macht. Mit dem Bus sind wir schnell wieder auf der anderen Seite der Insel.


Ein paar Hausboote dümpeln vor der Hochhauskulisse der
Entenzungeninsel (Ap lei Chau) im Hafen Aberdeens.
Rechts vorne die drei Marina Habitat - Towers (150m)

Karte

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    Hong Kong


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