spatzier.net

Service-Navigation


Abschnitt 8: Ko Tao (Thailand)


Von KL über Hat Yai und Chumphon nach Ko Tao


Toller Komfort im Schlafabteil der malaysischen Bahn
Eine mehrwöchige Städtereise schlaucht auf ihre Weise mindestens genauso viel, wie ein harter Dschungeltrek. Auch wenn die Anforderungen und Eindrücke ganz andere sind, spricht man schließlich nicht umsonst vom Großstadtdschungel. Nach all den Strapazen und Reizüberflutungen, die man in Sinne einer Überdosis Eustress in asiatischen Metropolen über sich ergehen lassen muss, wollen wir noch mehrere Tage auf der thailändischen Insel Ko Tao verbringen. Etwas Strandleben wird uns nach all den Metropolen sicher gut tun. Unsere Wahl fällt nach einem gründlichen Studium der künftigen Wetterprognosen im Internet auf Ko Tao, weil wir es unter allen Umständen vermeiden wollen, den Badetage in den Fittichen der Schlechtwetterzone zu verbringen, die bedrohlich über dem Süden wabert. Unsere Infos ergeben, dass auf Ko Tao heißer Sonnenschein zu erwarten ist und die Insel noch nicht allzu sehr vom Tourismus heimgesucht worden ist, wie etwa das benachbarte Ko Samui.

Die Abreise aus KL gestaltet sich zunächst sehr angenehm, obwohl wir die sympathische Stadt nicht gerne verlassen. Mit dem Taxi geht es am Abend durch die vollgestopften Straßen zum futuristischen Hauptbahnhof KL Sentral. Dort steigen wir in einem erstaunlich gut organisierten Prozedere in den Zug der malaysischen Bahn. Natürlich haben wir auch hier Schlafabteile der ersten Klasse gebucht, weil die Fahrt zur Grenze nach Pedang Besar bis zum nächsten Mittag dauern wird. Gleich beim Einsteigen staunen wir über die Geräumigkeit und Qualität der Abteils, die die der thailändischen Bahn bei weitem in den Schatten stellt. Gemütlich und komfortabel zuckelt der Zug aus KL heraus. Am nächsten Morgen, nach einer geruhsamen Nacht, scheint draußen wieder die Sonne. Gegen 10 Uhr erreichen wir den Grenzort Padang Besar, wo etwas Wartezeit anfällt, weil die Schlafwagons abgehängt werden. Nach einer Dreiviertelstunde geht es in der zweiten Klasse weiter nach Hat Yai, wo sich der weitere Verlauf unserer Fahrt entscheiden soll - denn auch von KL aus war es nicht möglich, Verbindungen ab Hat Yai zu buchen, was jetzt in der Hauptsaison entscheidende Nachteile mit sich bringen kann.


Zug und Gerödel am Grenzbahnhof Pedang Besar
Ein wenig später erreichen wir wieder den verkehrstechnischen Schicksals-Konotenpunkt Hat Yai. Wie bereits erwähnt, liegt die südthailändische Stadt inmitten der von islamistischen Separatisten heimgesuchten Südprovinzen und ist nicht gerade ein bombensicheres Pflaster. Mit 150.000 Einwohnern zählt Hat Yai zu den größten Städten des Landes und belegt in Puncto Bordelldichte nach Bangkok und Pattaya den dritten Platz. Der Grund dafür ist das nahe Malaysia, aus dem gerne muslimische Männer für einen Kurzurlaub aus ihrem sittenstrengen Lebensumfeld einreisen. Für viele andere Bedürfnisse ist die Stadt allerdings auch gerüstet, die sich als mit vielen Geschäften und Läden als Einkaufsparadies für die umliegenden Regionen präsentiert.

Am Fahrkartenschalter erfahren wir die Hiobsbotschaft, dass alle brauchbaren Züge in den Norden ausgebucht sind. Folglich bleiben nur noch die uns unbekannten Busverbindungen. Wir haben kein Ahnung, wo in dieser doch recht großen Stadt die Busse abfahren und verlassen zur Orientierung den Bahnhof. Dabei müssen wir ein Dutzend Schlepper passieren, die am engen Ausgang Spalier stehen und uns zu kleineren Agenturen bringen wollen, die Minibusse betreiben. Unschlüssig hören wir uns ihre Angebote erst mal an, lassen uns aber nicht überzeugen. Als Verkaufsargument sagt man uns, die öffentlichen Busse in den Norden würden erst am Abend die Stadt verlassen. Weil wir den Wert solcher Infos aus Bangkok schon kennen, halten wir ein Tuk Tuk an und lassen uns zum Busbahnhof fahren, der gute fünf Kilometer entfernt irgendwo in der Stadt liegt. Und siehe da: Ohne Schwierigkeiten können wir Tickets für den 15.00 Uhr - Bus nach Chumphon kaufen.

Um 19.30 Uhr erreichen wir Chumphon und schlagen uns zur Farang Bar durch, die einen Kilometer entfernt vom Bahnhof in der Nähe des Nachtmarktes liegt. Der erste Eindruck der Bar verschlägt uns schier den Atem. Wie der Name nahe legt, stoßen wir auf Massen von Farangs, also hellhäutigen Fremden. Wir haben wochenlang kaum Europäer gesehen und sind schockiert. Betrunkene Briten bilden die Hauptgruppe, aber auch alternative Rucksackreisende und in sich gekehrte Jungspunde sitzen neben ihrem Gepäck vor Biergläsern. Da wir nur diese eine Nacht hier verbringen wollen und die Zimmer mit umgerechnet acht Euro spottbillig sind, beziehen wir eine schäbige Hütte und pennen wegen der Wanzengefahr lieber auf den Schlafsäcken. Zuvor buchen wir am Tresen Tickets für die Fähre nach Ko Tao, die am nächsten Morgen in aller Herrgottsfrühe ablegt. Weil wir keinen Wecker haben und die Farang-Bar einen solchen Service nicht vorsieht, durchstreife ich den nahen Nachtmarkt nach einer billigen Weckuhr. Claudia kümmert sich derweil im Internetcafé um die Buchung unser Unterkunft auf der Insel. Nach getaner Arbeit trinken wir noch ein Bier in unserem Kabuff und gehen schlafen.


Zu den Laem-Thian Bungalows auf Ko Tao


Die schöne und ruhige Laem-Thian Bucht
Wir stehen um fünf Uhr auf und packen unsere Sachen, denn mit dem Bus soll es zur Ablegestelle der Fähre gehen. Die besoffenen Briten hocken immer noch an ihrem Tisch, stemmen die Biergläser und machen ihrem Land alle Ehre. Zu unserer Verärgerung hockt die dumpfgeistige Bande später mit uns rülpsend im Bus und geht Fahrgästen und Personal auf die Nerven. Zum Glück verlieren sie sich irgendwo auf dem Katamaran, mit dem wir kurze Zeit später gen Ko Tao düsen.

Die kleine Hochseeinsel liegt etwa 60 Kilometer vom Land entfernt im Südchinesischen Meer; der schnelle Katamaran braucht anderthalb Stunden für diese Strecke. Am späten Vormittag erreichen wir Mae Haad, den Hauptort der Insel, in dem sich ein touristischer Laden neben den anderen reiht. Bereits in KL haben wir uns per Internet über die Insel informiert und herausgefunden, dass die Gegend um den Mae Haad am touristischsten, lautesten und vollsten ist. So haben wir uns als Unterkunft die Laem Thian Bungalows in der gleichnamigen Bucht ausgesucht, die einsam und abgelegen sein soll.

Mit einem Geländewagen-Taxi machen wir uns auf den Weg dorthin. Wir stutzen ein wenig, als der Fahrer satte 700 Baht (14 EUR) für die Fahrt verlangt, zahlen den Preis aber, weil die Strecke grauenhaft zu befahren sein soll. Und in der Tat, nach dem Verlassen der touristischen Hauptgegend biegt der Wagen auf ausgewaschene und steile Holperpisten ab, die mitten durch die Berge der kleinen Insel führen. An einigen Stellen wundern wir uns aufrichtig, wie der Fahrer es trotz Allradwagens schafft, bierkastengroße Felsen zu überwinden, die in der letzten Regenzeit freigewaschen wurden. Manchmal ist der Weg so steil, dass wir inständig hoffen, der Mann möge sein Gefährt perfekt beherrschen und bloß keinen Fehler machen. Besorgt klammern wir uns auf der Ladefläche des PickUps fest und hoffen, den Trip zu überstehen, ohne von Bord geschüttelt zu werden. Auch wenn solche Fahrten für einen Taxifahrer auf Ko Tao zur Routine gehören mögen - wir hatten am Ende fast ein schlechtes Gewissen, dass er für lumpige 700 BHT eine solche Höllenfahrt absolviert hat.


Unser schöner Bungalow
Die Belohnung für die Rüttelfahrt ins Hinterland Ko Taos folgt auf den Fuß. Ein paar hölzerne Bungalows schmiegen sich in die steilen Felsen der kleinen Bucht, die so weit von allen größeren Einrichtungen auf Ko Tao entfernt liegt, dass man die Lage ohne Übertreibung als "paradiesisch" bezeichnen kann.

Wir beziehen einen etwa 30 Meter über dem Meer gelegenen Bungalow in offener Holzbauweise mit einer kleinen Veranda, auf der eine Hängematte und eine Liegebank angebracht sind. Der Blick über die Bucht ist herrlich. Weil wegen der offenen Bauweise alle möglichen Viecher in die Hütte kommen können, ist das Bett mit einem Moskitonetz überzogen. Bad und Toilette sind nebenan in einem dusteren Feuchtraum, warmes Wasser gibt es natürlich nicht. Auch Strom wird nur ab dem Abend eingeschaltet, er wird in einem Generator ganz in der Nähe erzeugt. Alles in allem also eine sehr einfache, aber äußerst schöne und geruhsame Unterkunft für wenig Geld (400 THB, 8 Euro / Tag).

Die Kehrseite der Abgeschiedenheit ist, dass man nur über längere Fußmärsche andere Stellen auf der Insel besuchen kann und für den kleinen und großen Hunger auf das Angebot der Resortküche zurückgreifen muss. Die Preise sind aber moderat, das Essen lecker und das gute Chang-Bier befindet sich auch im Sortiment, so dass auch hier nichts passieren kann. Dieses paradiesische Fleckchen muss man freiwillig auch nur dann verlassen, wenn es garnicht anders geht. Ein weiterer Vorteil ist, dass die feierwütigen jüngeren Ko Tao Touristen dieser abgeschiedenen Bucht fernbleiben, weswegen es ein eher stiller Ort ist, an dem man sich prima Erholen kann. Das haben wir noch einigen Wochen Großstadtbesichtigung auch nötig.

Schnorcheln bei Triggerfisch und Hai


Schorchelparadies Laem-Thian Bucht
Die kleine Laem-Thian Buch ist zudem ein ausgezeichnetes Schnorchel- und Tauchrevier. Zwar gibt es keine intakten Korallenriffe mehr, doch auch zwischen den abgestorbenen Korallen, die den Meeresgrund übersäen, sind unzählige Meeresbewohner zuhause. Sobald man seinen Fuß ins Wasser setzt, kommen Scharen kleiner Fische angeschwommen. Manche knabbern leicht an der Haut, weil sie gewohnt sind, mit Brot gefüttert zu werden.

Der Meeresboden fällt an der Bucht schnell ab, schon nach wenigen Metern kann man nicht mehr stehen. Dafür zeigt sich die Meeresfauna in einer derartigen Vielfalt, dass sich Schnorchler und Taucher auch aus anderen Ecken der Insel mit Longtail-Booten in unsere Bucht kutschieren lassen, was zuweilen leicht auf die Nerven fällt. Ihre Popularität erhält die Leam-Thian Bucht vor allem durch Riffhaie, die sich hier in großer Zahl tummeln. Vor allem Schulen von Jungtieren halten sich in der Bucht auf, während die Elterntiere irgendwo weiter draußen ihrem Broterwerb nachgehen. Die Fische halten sich in den tieferen Regionen der Bucht auf, wo bei einer Wassertiefe zwischen drei und sechs Metern die Sicht ein wenig getrübt wird. Man braucht einige (mutige) Anläufe, um Riffhaie zu Gesicht zu bekommen. Wenn man die richtigen Stellen aufsucht, sich dann ruhig im Wasser treiben lässt und wachsam in alle Richtungen schaut, stößt der Blick machmal auf ein oder mehrere Tiere. Die grauen Fische sind zwischen anderthalb und zwei Meter lang und kreisen auf dem Meeresboden umher. Es sieht aus, als nähmen sie keine Notiz vom Schnorchler, doch ihre wachsamen Augen und elektromagnetischen Sinnensorgane regiestrieren alles präzise. Die Riffhaie sollen für Menschen angeblich nicht gefährlich sein und Unfälle hat es auf Ko Tao noch nicht gegeben. Allerdings sind Angriffe durch Riffhaie schon vorgekommen; insbesondere dann, wenn Schnorchler die Tiere aus Jux verfolgt hatten.

Viel gefährlicher als Riffhaie sind allerdings die Triggerfische. Diese eher ovalen bis kugelförmigen Wesen sind meist zwischen einem halben und einem Meter groß und haben eine bedrohlich-häßliche Mimik. Sie bewohnen submarine Reviere, die sie zuweilen vehement verteidigen - besonders, wenn irgendwo der Nachwuchs verborgen ist. Wir sind auf unseren Schnorchelgängen immer wieder Triggerfischen begegnet, anfangs auch ohne zu wissen, dass sie ohne zu Zögern ganze Fleischbrocken aus uns herausbeißen können. Später haben wir dann immer einen weiten Bogen um die Viecher gemacht, wobei die Triggerfische als Schauderquelle noch vor den Haien auf Platz Eins gerückt sind.

Komm, wir geh′n mal den roten Weg - oder wie schnell man sich im Dschungel verirren kann


Im Dschungel auf Ko Tao
Kann man sich auf einer Insel im Dschungel verlaufen und in Bedrängnis geraten, die gerade mal drei Kilometer breit und sieben lang ist? Man kann. Wenn man die elementarsten Regeln des Trekkens nicht beachtet und sich übermütig auf den Weg macht, kann man sogar in unmittelbarer Nähe eines rettenden Ressorts schnell in eine ernsthaft unangenehme Lage kommen.

Weil wir den gleich an unsere Bucht anschließenden Dschungel unter die Lupe nehmen wollen, machen wir uns eines Morgens auf zu einer kurzen Wanderung. Dabei haben wir außer 1.5 Litern Wasser und den Fotoapparaten eigentlich nichts dabei, nicht einmal Geld. Es soll schließlich nur eine kurze Wanderung werden. Schwitzend marschieren wir über den steilen Hauptweg vom Ressort weg und biegen in einen Trail ein, der zur Nachbarbucht Tanote Bay und dem Two Peak führt. Wir haben nicht vor, dorthin zu wandern, sondern wollen umkehren, sobald wir genug gesehen haben. Der Trail führt durch dichtes Gehölz und ist an manchen Stellen etwas überwuchert. Nach einem knappen Kilometer geht nach links ein rot markierter Trail ab. Wir haben keine Lust, den bereits gegangenen Weg wieder zurückzumarschieren. Außerdem nehmen wir an, der neue Pfad führe zurück zum Hauptweg. Und so sind wir schnell auf der neuen Route. Der Trail ist anfangs ebenerdig und einigermaßen gut zu gehen, verändert aber nach einem halben Kilometer seine Charakteristik. Plötzlich müssen wir über große Felsbrocken steil bergab klettern, wobei Trittsicherheit und Geschick gefragt sind. Wir schwitzen und unser kleiner Wasservorrat neigt sich dem Ende zu.


Der Trail verliert sich im Gestrüpp
Nach und nach fragen wir uns, wo denn der Hauptweg bleibt. Wir erwarten ihn hinter jeder Kurve, doch es folgt nur weiterer Dschungel. Als wir an einer kleinen illegalen Cannabisaufzucht vorbeikraxeln kommt das Ende des Trails langsam in Sicht. Wir erreichen eine Kläranlage und dahinter dann die ersten Häuser von Tanote Bay. Ausgedörrt und geschlaucht sind wir kaum davon begeistert, denn das bedeutet, mindestens diesen Weg wieder zurückwandern zu müssen - dann aber bergauf. Auf unsere Frage nach einem alternativen Rückweg zeigt man uns grob die Lage eines anderen Trails. In der mittlerweile prallen Mittagssonne erklimmen wir einen Berg und finden den Pfad, der zurück zur Laem-Thian Bucht führen soll. Wieder im Dschungel, trinken wir den letzten Rest unseres Wassers und kämpfen uns durch das Gestrüpp. Nach einem halben Kilometer ist der Weg nicht mehr zu erkennen und wir geraten in die Gefahr, uns im undurchdringlichen Pflanzengewucher zu verirren. Zwar kennen wir die Richtung, doch die Vegetation ist ohne Machete und vor allem Trinkwasser nicht zu überwinden.

Mit einem mal dämmert uns, dass unsere Lage durchaus etwas ernst ist, denn in der Tropenhitze und dem steilen Gelände lassen die Kräfte ohne Trinkwasser rapide nach. Weil es kaum Chancen gibt, weiter zu gehen, blasen wir zum Rückzug. Aber auch dieser scheitert fast daran, dass der Trail kaum zu erkennen ist. Oft bleiben wir stehen und versuchen uns zu erinnern, wie wir herkommen sind. Dann stolpern wir weiter, streifen an Felsen vorbei und kraxeln über Hänge und durch das Gestrüpp. Das ist nicht ungefährlich, denn besonders die Felsen sind Orte, an denen sich gerne Schlangen aufhalten. Ausgetrocknet erreichen wir schließlich Tanote Bay und wechseln in einem Ressort die Not-Dollars aus meinem Geldgürtel. Mit der Kohle besorgen wir uns zuallererst etwas zu trinken. Anschließend fahren wir per Ressort-Taxi ins Hauport Mae Haad, um von da mit einem anderen Taxi zurück zur Laem-Thian Bucht zu kommen.

Diese kleine Wanderung sollte für uns "dschungelerfahrene" Wanderer eine Warnung sein, niemals aus Überheblichkeit wichtige Regeln unbeachtet zu lassen, nämlich niemals ohne genügend Wasser loszugehen und keine Trails zu benutzen, von denen man nicht weiß, wo sie hinführen. Auch sollte man niemals unterschätzen, wie schnell man im tropischen Klima an seine Leistungsgrenzen stößt.

Karte

  • image

    Thailand


Alle Inhalte © Frank Spatzier 2007