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Abschnitt 7: Kuala Lumpur (1)


Auf in den Süden!


Stadtpanorama vom alten Bahnhof aus gesehen
Nach zweieinhalb Tagen in Bangkok wird es Zeit zur Weiterreise in den Süden. Mit der Bahn wollen wir fast die gesamte Malayische Halbinsel durchmessen, bis hinab zur Hauptstadt Malaysias, Kuala Lumpur. Dazu hatten wir uns schon an unserem ersten Tag in Bangkok Fahrkarten im Hauptbahnhof besorgt, weil in der Hauptsaison Züge die gewünschten Plätze schnell ausgebucht sind. Leider lief die Sache nicht ganz so reibungslos ab, wie wir gehofft hatten. Die Southern Line der thailändischen Bahn verbindet Bangkok mit Butterworth, das bereits im nördlichen Malaysia, gegenüber der Insel Penang liegt. Einmal am Tag gibt es einen Zug, der diese Strecke fährt und auch über Schlafabteile der ersten Klasse verfügt. Letzteres war für uns Bedingung, denn um die viele Stunden lange Reise möglichst angenehm zu verbringen, empfiehlt sich ein solches Abteil, das zwei Personen Platz bietet und nach außen hin abschließbar ist. Nicht, dass das unbedingt nötig wäre - jedoch reist es sich so viel entspannter, vor allem mit sperrigen Rucksäcken.

Am Fahrkartenschalter stellte sich jedoch heraus, dass es nicht möglich war, die komplette Strecke zu buchen. Warum, das konnte uns die Dame nicht sagen. Wie wir später erfahren sollten, werden die Wagons der ersten Klasse in Hat Yai abgehängt, so dass man in die zweite Klasse wechseln muss. Wir konnten also nur bis ins südthailändische Hat Yai buchen, was den zweiten Abschnitt der Reise wieder ungewiss werden ließ, zumal die Stadt des Öfteren Schauplatz von Bombenaschlägen war. In den überwiegend muslimischen Südprovinzen des Landes kämpfen islamistische Separatisten für die Ablösung vom buddhistischen Mutterland. Erst kurz vor unserem Reisebeginn legten dort buddhistische Schullehrer die Arbeit nieder, weil viele ihrer Kollegen von Terroristen ermordet wurden und sie unter solchen Bedingungen nicht mehr unterrichten wollten.


Links der Menara Kuala Lumpur (420 m), rechts davon Menara Maybank (244 m)
Gegen Mittag treffen wir am Bahnhof Hualampong ein und gehen zu unserem Zug, der zum Glück schon auf dem Gleis steht. Seit den Bombenanschlägen der Silvesternacht ist der Bahnhof von bewaffneten Soldaten bewacht und zudem nur über einen Seiteneingang zu betreten. Wir machen es uns in unserem Abteil bequem, haben genügend Platz für unser Gerödel und können zudem noch die Füße ausstrecken. Gleich nach der Abfahrt erscheint der Zugbegleiter und kümmert sich um unser leibliches Wohl. Zur Stärkung werden Speisen serviert und Getränke verkauft. Besonders letzteres versüßt uns die ersten Stunden der Fahrt, da der Mann auch das gute Chang-Bier in den großen 0,66 Liter Flaschen im Sortiment führt und sich als guter Verkäufer entpuppt. Er stößt bei mir aber auch auf einen ausgesprochen konsumwilligen Fahrgast. So trinken wir Bier, essen später ein leckeres Mahl und schauen aus dem Fenster, wo weite Strecken der thailändischen Landschaft an uns vorbeiziehen. Kurz nach dem Einbruch der Dämmerung kommt ein Schaffner herein und verwandelt die Sitzbank in ein Etagenbett. Fortan genießen wir die Fahrt im Liegen und werden, nicht zuletzt dank des Bieres, immer müder und müder.


In der Bildmitte der Menara Public Bank (170m), rechts davon das Banguan AMFinance Gebäude (210m)
Am nächsten Morgen sind wir bereits wach, bevor der Zug gegen sechs Uhr Hat Yai erreicht. Wir packen unsere Siebensachen und machen uns bereit für den Zwischenstopp. Regen prasselt an die Fensterscheiben, offensichtlich sind wir in eine Schlechtwetterzone gefahren. In Hat Yai verlassen wir müde den Zug und laufen sofort zum Fahrkartenschalter. Hier besorgen wir uns zwei Karten für die zweite Klasse und können sogar wieder in den Zug einsteigen, der wegen der Abkoppelarbeiten einen kleinen Aufenthalt hat. In der zweiten Klasse schlafen die meisten noch, denn auch hier wurden aus den Sitzbänken über Nacht Betten gemacht - nur eben nicht abschließbar und mit dem Charakter eines langgezogenen Schlafsaales. Nach einer Viertelstunde zuckelt der Zug weiter und wir sind froh, keinen längeren Zwangsaufenthalt in Hat Yai in Kauf nehmen zu müssen, zumal die Stadt kaum Sehenswürdigkeiten besitzen soll.

Der Zug rollt durch verregnete Landschaften der malaysischen Grenze entgegen. Kaum eine halbe Stunde später sind wir im Grenzort Padang Besar halten wir auch schon vor einem langgezogenen Gebäude, das die Schalter für die Grenzformalitäten beinhaltet. Wir verlassen den Zug mitsamt Gepäck (was aber vom Zoll nicht kontrolliert wird), lassen uns den thailändischen Ausreisestempel in die Pässe drücken, reisen dann am malaysischen Immigration Office ein und passieren den Zoll, der unser Gepäck aber nicht durchsucht. Die ersten Worte auf malaysischer Seite sind ein freundliches "Welcome to Malaysia!". Anschließend folgt eine mehrstündige Warterei im stehenden Zug, weil etwas kaputt ist oder irgend ein anderer Umstand die Weiterreise verzögert. Wir erfahren nichts und fragen uns, ob wir heute noch Kuala Lumpur erreichen werden, wo wir per Internet aus Bangkok ein angemessenes Hotel gebucht haben.


Unsere angemessene Unterkunft: das Hotel Istana

Malaysia

Am frühen Nachmittag geht es endlich weiter. Die Fahrt durch Malaysia ist ausgesprochen interessant, da der Streckenverlauf zuweilen durch dichten Dschungel geht. Einzig der Bundesstaat Kedah im Norden präsentiert sich eher eintönig. Hier reiht sich ein Reisfeld an das andere, denn Kedah ist das malaysische Hauptanbaugebiet für Reis. Wir passieren die Stadt Alor Setar, die sehr aufgeräumt wirkt und deren Fernmeldeturm besonders ins Auge sticht. Dann geht es weiter durch endlose Reisfelder, die irgendwann in Dschungel übergehen. Einige Kilometer südlich von Alor Setar ragt plötzlich ein steiles Gebirgsmassiv aus der Ebene, der Kedar Peak (Gungung Jerai). Dieser 1.217 Meter hohe Berg diente seit dem Altertum als Orientierungspunkt für Schiffe. Auf seinem Gipfel kann man bei gutem Wetter zwei Ozeane sehen, die Andamanensee im Westen und das Südchinesische Meer im Osten. Wir sehen durch den Regen leider nicht allzu viel und haben sogar Schwierigkeiten, den Gipfel des Berges auszumachen.

Unser Zimmer in der 19. Etage des Istana, dem Club-Lounge-Floor


Um kurz vor drei Uhr am Nachmittag fahren wir endlich in Butterworth ein. Buttherworth liegt auf der Festlandseite gegenüber der Stadt Georgetown auf der Insel Penang. Hier befindet sich der Fährhafen für den Inselverkehr, die Brücken auf die andere Seite sowie ein zentraler Busbahnhof für Fernbusse. Wir haben beschlossen, den Zug hier zu verlassen und mit einem Bus weiterzufahren, weil der ausgesprochen langsame Zug erst spät in der Nacht Kula Lumpur erreichen würde.

Butterworth präsentiert sich als potthässliche Ansammlung von Gebäuden. Schon bei der Einfahrt passieren wir große Fabrikanlagen und triste Wohnblocks. Allerdings sind wir erstaunt von der Größe der Stadt, denn in keinem Reiseführer wurden darüber Angaben gemacht, so dass wir eher eine Art Präriebahnhof mit ein paar Ständen drum erwartet haben. Weit gefehlt, die hässliche Stadt hat durchaus den Charakter einer größeren Mittelstadt. Am Bahnhof stehen wir vor der schweren Aufgabe, in dem chaotischen Gewimmel einen Bus nach Kuala Lumpur zu finden. Wir fragen einen Bahnangestellten, dieser ruft eine korpulente Frau herbei, die uns zwei Fahrkarten für zusammen 60 RM (13 Euro) verkauft und der wir mitsamt dem Gepäck zum Bus hinterher rennen. Dieses für uns etwas abenteuerlich anmutende Prinzip ist in Malaysia durchaus üblich. An Bahnhöfen etc. warten Schlepper auf Kunden, die sie dann zu den Bussen bringen. Es soll in dem gut ausgebauten ÖPNV-System möglich sein, zu fast jeder Tages- und Nachtzeit die größeren Städte anzusteuern.

Kurz nach 15.00 Uhr sitzen wir in einem relativ bequemen Bus und düsen über die Autobahn der Hauptstadt entgegen. Die Landschaft ist, soweit man sie durch Regen und Nebel erkennen kann, famos. Vor den Fenstern ziehen mit Dschungel überzogene Berge vorbei, Urwälder mit üppigster Vegetation sind zum Greifen nahe. Zu unserem Glück fährt der Fahrer für südostasiatische Verhältnisse moderat. Um acht Uhr am Abend erreichen wir endlich Kuala Lumpur. Die Stadt liegt in einem Talkessel und ihre höchsten Gebäude blinken aus der Ferne gelegentlich durch die umgebenden Hügel. Über ein erstaunlich umfangreiches Netz an Stadtautobahnen erreichen wir die Stadtmitte, wo wir an einem Busbahnhof aussteigen. Per Taxi legen wir die letzten Meter zu unserer Unterkunft, dem luxuriösen Hotel Istana, zurück. Das Istana ist ein 5-Sterne Hotel (nach malaysischem Standard), in dem gerne hohe Staatsgäste und Sultane logieren. Um unseren wohlverdienten Luxus im alten Orient noch zu steigern, haben wir im Internet ein besonderes Club-Lounge Arrangement gebucht, bei dem wir für vergleichsweise wenig Geld (umgerechnet 63 Euro/ Zimmer) in den Sphären des gehobenen Luxus schwelgen können. Das geräumige Zimmer, der gute Service und die tolle Aussicht auf die Stadt aus dem Bett waren das Geld auf alle Fälle wert.

 Website des Hotel Istana


Blecherne Weltkugel und Menara Maybank


Blick aus unserem Hotelzimmer

Kleiner Stadtrundgang


Die alte Keimzelle der Stadt: die Masjid Jamek Moschee an der "trüben Flussmündung"
Mit knapp über 1.4 Millionen Einwohnern ist Kuala Lumpur eine eher kleine Metropole, die für deutsche Verhältnisse irgendwo zwischen Köln (1 Mio EW) und Hamburg (1.74 Mio EW) anzusiedeln ist. Kuala Lumpur bedeutet soviel wie "trübe Flussmündung" und wird von den Einheimischen gemeinhin mit "KL" abkürzt (was ab hier beibehalten wird). KL ist eine recht junge Stadt, die auf eine Ansiedlung von Zinnarbeitern zurückgeht, die Mitte des 19-ten Jahrhunderts am Zusammenfluss der Flüsse Klang und Gombak aufgebaut wurde. Heute steht an dieser historischen Keimzelle der Stadt die Masjid Jami Moschee (Freitagsmoschee); während die Flüsse in künstlichen Betten aus Beton müffelnd vor sich hin blubbern und sich die Moschee vor den umgebenden Hochhäusern verliert. 1807 avancierte KL zur Haupstadt des Staates Selangor. Nachdem 1896 der föderale Malayiische Staatenbund gegründet wurde, steigt KL auch zu dessen Hauptstadt auf. Malaysia ist im Übrigen besonders in der aktuellen Ära ein gutes Beispiel für eine funktionierende multikulturelle Gesellschaft. Es besiedeln etwa 60% muslimische Malaien, gut 20% hinduistische Inder und gut 20% buddhistische / taoistische Chinesen in einem sehr friedlichen Miteinander das Land.

Die recht überschaubare Stadt schmiegt sich in ein leicht hügeliges Tal ein, wobei an einigen Stellen sogar noch Primärwald übrig ist. Insbesondere der Bukit Nanas (Bananenhügel), von dem der Funkturm Menara Kuala Lumpury 420 Meter in den Himmel ragt, ist mit üppigem City-Urwald überzogen, der durch zwei Trails begangen werden kann. Vorbei an Funkturmhügel und Waldgebiet marschieren wir über die Jalan Raja Chulan ins Stadtzentrum. Unser Weg führt uns zunächst zum Hauptbahnhof, um dort Tickets für die Rückfahrt nach Thailand zu kaufen.

Unterwegs passieren wir den Central Market, der ein beliebter Treffpunkt in der Stadt sein soll, sowie Teile der kleinen Chinatown KL's, die sich durch einen chinesischen Torbogen und einen dahinterliegenden Marktbezirk ankündigt. Das alte Chinesenviertel der Stadt ist im Schrumpfen begriffen und wird von den umliegenden modernen Großbauten langsam, aber sicher zurückgedrängt. Das Zentrum KL's besteht aus einem Gemisch von alten, kleineren Wohn- und Geschäftshäusern und modernen Stahlbetonriesen. Die Atmosphäre kann dabei eher als entspannt bezeichnet werden - vor allem im Vergleich mit Bangkok oder Hong Kong. Da der malaiische Teil der Bevölkerung muslimisch ist und die Majorität stellt, fallen viele verschleierte Frauen auf. Im Gegensatz zum Nachbarland Indonesien praktizieren Malaien jedoch keinen allzu strengen Islam und haben sich eine gewisse Entspanntheit auch im Umgang mit ihrer Religion bewahrt. Am deutlichsten ist das in der Kleidung der Frauen erkennbar, die ihren Schleier gerne mit recht figurbetonten Kleidern kombinieren.


Blick aus dem City-Urwald auf umgebende Gebäude
Über z.T. recht breite Straßen (etwa die Jalan Nirwana - Nirwanastraße) geht es weiter zum alten Hauptbahnhof, der wegen seines moscheeartigen Äußeren lange Zeit als Wahrzeichen der Stadt gehandelt wurde. Heute dient er nur noch als gewöhnliche Haltestelle der Nahverkehrszüge. In einen davon steigen wir ein und fahren eine Station weiter zum neuen Hauptbahnhof KL Sentral, der in Architektur und Organisation das moderne Selbstverständnis Malaysias repräsentiert, sich als aufsteigender und moderner "Tigerstaat" selbstbewusst zu präsentieren. Chrom und Glas dominieren die geschwungene Halle, die von innen wie außen eher einem Flughafenterminal gleicht. Alles ist bestens organisiert und der Kartenkauf gestaltet sich angenehmer, als etwa im Hamburger Hauptbahnhof. Auf dem Rückweg laufen wir über den Vorplatz des Kompleks Dayabumi in Richtung Fluss. Das 157 Meter hohe Gebäude fällt besonders durch seine mit maurisch-byzantinischen Elementen sehr orientalisch gestaltete Fassade auf und beherbergt u.a. das Hauptpostamt. Vom Vorplatz, der von einer metallenen Weltkugel geschmückt wird, bieten sich gute Blicke auf Teile der Skyline.

Der Fluss ist in einem Betonbett eingefasst, das die braune Brühe wenig schmeichelhaft einrahmt, in der Regenzeit aber, wenn sich die Wassermenge vervielfacht, sinnvoll ist. Entlang des Gewässers befindet sich ein Fußweg, über den wir bis zur namensgebenden trüben Mündung des Gombak in den Klang gehen. Hier steht, von Palmen eingerahmt, die malerische Freitagsmoschee Masjid Jamek als ruhiges Idyll inmitten der umgebenden Hochhäuser.


Maurisch-byzantinische Fassadengestaltung am Kompleks Dayabumi (157m)


Anschließend passieren wir das indische Viertel, das unter anderem durch typisch indische Textilgeschäfte auffällt. Hier spricht uns ein junger Inder an, der ein Blumenexport-Geschäft aufbaut und uns zum Rundgang einlädt, was wir mit einer kleinen Notlüge höflich ablehnen, als merken, dass er über uns womöglich Geschäftskontakte nach Europa aufbauen möchte. Wir kehren zurück zu unserem Hotel und nutzen den Abend zu einem leckeren Essen in der Club-Lounge und einem Bad im großen Pool. Auch viele Hochhäuser in KL werden bei Dunkelheit illuminiert. Und so gehen wir später noch einmal hinaus und betrachten den bunt funkelnden Funkturm sowie die hell in silbrigen Tönen erstrahlenden Petronas Towers. Für die Besichtigung beider Gebäude, die zu den höchsten der Welt zählen, haben wir uns einen eigenen Tag reserviert.

Während wir uns in Malaysia aufhalten, wird das Land von einer Schlechtwetterfront üblen Ausmaßes heimgesucht, die die gesamte Malaysische Halbinsel südlich von Hat Yai erfasst hat . In der Zeitung lesen wir, dass fast alle der malaysischen Bundesstaaten die höchste Alarmstufe wegen Überflutung ausgerufen haben. Auch das Nachbarland Indonesien leidet unter Überschwemmungen. KL scheint von den Wetterkapriolen aber ausgenommen zu sein, denn außer einigen gelegentlichen Regengüssen bleibt es trocken. Zwar ist es meistens dicht bewölkt, doch gelegentlich kommt sogar die Sonne zum Vorschein und heitert die tropische Schwüle noch ein wenig auf.


Am Fluss Klang, Blick nach Süden


Am Fluss Klang, Blick nach Norden

Karte

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    Malaysia


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