spatzier.net

Service-Navigation


Radreise Lübeck - Nordkap

Tag 1 (17.6.): Lübeck - Großenbrode

112,5 Km, Vav 16,1 km/h, Vmax 30,6 km/h, Gesamtsteigung: 366 m, Gesamtgefälle: 370 m

  16 - 20 °C, leichter Wind


Blick auf Heiligenhafen
Der Moment der Abreise ist gekommen. Nachdem ich die Abfahrt wegen des permanent schlechten Wetters um zwei Tage verschoben habe, kann es endlich losgehen. In die Gefühle von Freude und Erwartung mischen sich aber auch traurige Impulse, schließlich bedeutet die Radreise auch eine längere Trennung von Claudi. Um 11 Uhr hole ich das Rad aus dem Keller, montiere die Packtaschen und verabschiede mich von Claudi und meinen Schwiegereltern. Die ersten Meter auf dem vollbeladenen Reiserad sind ungewohnt wackelig, aber ich gewöhne mich erstaunlich schnell an die Last. Die ersten Kilometer führen quer durch Lübeck. Mir fällt es schwer zu realisieren, dass ich nicht auf einer normalen Fahrt durch die Stadt bin, sondern über mehrere Wochen in die weite Ferne radeln will. So pendeln meine Gefühle auf dem Sattel stets zwischen Aufbruchseuphorie und Trennungsschmerz hin und her.

Auf der B208 Richtung Neustadt i.H. sperren Feuerwehrleute den Radweg wegen einer Laufveranstaltung ab. Auf ihre Frage, wohin ich denn wolle, antworte ich "nach Fehmarn", weil sie mir das Nordkap wohl nicht abkaufen würden. Bis Oldenburg verläuft die Etappe problemlos. Dort treffe ich einen Autofahrer, der als Reiseradler in der halben Welt unterwegs war. Zu meinem Reiseziel meint er lapidar "Wohin sonst?!". Er parkt sein Auto und wir unterhalten uns lange über Reiseräder und Ausrüstung.

Das Wetter ist durchwachsen, immer wieder fallen Regenschauer, was wegen milder Temperaturen nicht so tragisch ist. Schließlich geschieht mir ein erstes Missgeschick, weil ich zu faul bin, auf die Landkarte zu gucken. Erst an dem wenig attraktiven Urlaubsghetto Weißenhäuser Strand dämmert mir langsam, dass ich in die falsche Richtung radele. Zur Strafe muss ich nicht nur bis Oldenburg zurückfahren, sondern gerate auch noch in ein Gewitter mit heftigem Sturzregen.

Um 19 Uhr erreiche ich endlich Großenbrode, dem letzten Ort vor der Insel Fehmarn. Bei besserem Wetter schlage ich auf dem Campingplatz (angenehm und empfehlenswert) mein Zelt auf und koche mir eine Tütensuppe - das erste von vielen weiteren Malen.

Tag 2, 18.6.: Großenbrode - Vordingborg (DK)

95,75 Km, Vav 15,7 km/h, Vmax 33,9 km/h, Gesamtsteigung: 146 m, Gesamtgefälle: 157 m, Gesamtkilometer: 208,25 km

  20 - 23 °C, windig


Die Fehmarnsund-Brücke
Um neun Uhr verlasse ich Großenbrode in Richtung Fehmarn. Der Einfachheit halber (und mangels geeignetem Kartenmaterial für Deutschland) folge ich den Radwegweisern am Ortsausgang. So erreiche ich die Fehmarnsund-Brücke nach einem kleinem Umweg, komme aber in den Genuss, das Bauwerk mal von unten bewundern zu können.

Auch auf der Insel Fehmarn folge ich den Radbeschilderung in Richtung Burg. So werde ich kreuz und quer über das halbe Eiland geführt, bloß nicht in seinen Hauptort. Nach welchen Kriterien sie aufgestellt worden sind, bleibt mir schleierhaft. Verärgert bleibt mir nichts anderes übrig, als Passanten nach dem rechten Weg zu fragen. So erreiche ich über Schotterpfade schließlich Burg auf Fehmarn und ein wenig später den drögen Hafenort Puttgarden.

Am Mittag legt die Fähre nach kurzer Überfahrt im dänischen Rødbyhavn an. Die Inseln Lolland und Falster durchquere ich auf der Landstraße 153, die hier gut zu befahren ist und meist einen begleitenden Radweg besitzt. Die agrarisch geprägte Landschaft ist eher eintönig und wenig spektakulär, dafür bleibt die Topographie aber weitgehend eben. In Maribo fallen ein paar Tropfen aus dem grauen Himmel, später frischt der Wind wieder auf. Bei wieder trockenem Wetter radele ich durch Skaksk&oslah;bing und Guldborg, von wo aus es schnurgerade bis zu einem kleinen Rastpaltz bei Nørre Vedby geht, der wie gerufen für eine kleine Pause ist. Nach dem Überqueren der knapp vier Kilometer langen Storstrømbroen erreiche das gemütliche Örtchen Vordingborg, das bereits auf der Insel Seeland liegt. Ich beschließe, den hiesigen Campingplatz anzufahren und für heute den Feierabend einzuläuten.


Letzter Blick zurück nach Deutschland.
Auf diesem ersten skandinavischen Campingplatz (obwohl Dänemark strenggenommen nicht zu Skandinavien zählt) muss ich die Wertmarke auf meiner Campincard-Skandinavia erneuern lassen. Bei dieser Gelegenheit durchstreife ich den kleinen Laden an der Rezeption und finde das berüchtigte Årgangsøl, ein leckeres Starkbier mit an die 10 Vol% Alkoholgehalt. Zusammen mit meiner Tütensuppe lasse ich so ein wenig später den ersten Tag auf nordischem Boden gemütlich ausklingen. Auch die dicken Wolken scheinen sich langsam zu verziehen.

Am Abend krieche ich satt in mein Zelt und genieße es, auf der Isomatte liegend ein gutes Buch zu lesen. Mein Hinterteil schmerzt leicht, es muss sich wohl erst wieder an längere Touren gewöhnen. Davon aber abgesehen fühle ich mich fit und motiviert, und kann es kaum noch erwarten, endlich nach Schweden und weiter in den Norden zu radeln. Doch zunächst muss ich die für dänische Verhältnisse sehr dicht besiedelte Insel Seeland durchqueren - und davon auch noch den städtischsten Teil mit dem Großraum Kopenhagen. Ein Umfahren der Stadt würde Umwege bedeuten, also entscheide ich mich für die Direktroute.

Tag 3, 19.6.: Vordingborg - Ishøj (bei Kopenhagen)

97,46 Km, Vav 16,1 km/h, Vmax 31,9 km/h, Gesamtsteigung: 205 m, Gesamtgefälle: 214 m, Gesamtkilometer: 305,71 km

  später:   18 - 22 °C


Die Bucht von Praesto
Bei bewölktem und kühlem Wetter mache ich mich wieder gegen neun Uhr morgens auf den Weg. Kurz drauf treffe ich ein niederländisches Radlerpaar, die auf Dänemarktour sind und ihre beiden Kinder - nebst der üblichen Ausrüstung - in Anhängern transportieren. Ihre Etappen seien nicht so lang, sagen sie, sie gingen nur von Spielplatz zu Spielplatz. In Vordingborg finde ich mich gut zurecht, muss aber feststellen, dass die Stadt ziemlich hügelig ist. Weil ich von einer früheren Radreise weiß, dass die Landstraße 151 nördlich der Stadt kein Vergnügen für einen Radler ist, biege ich bei Ørslev auf den ausgeschilderten Radweg in Richtung Praesto ab. Es geht durch ruhige und beschauliche Landschaften, die zur Einübung auch den ein oder anderen Hügel bereit halten. So erreiche ich problemlos die Landstraße 265, die mich bis nach Praesto bringt. Hier wechsele ich auf die 209 nach Køge - der Verkehr hält sich zum Glück in erträglichen Grenzen und das Radeln ist entspannt.

Bei wieder flacherer Topographie radele ich weiter bis Faxe. Von der Stadt sehe ich nichts, dafür lugen die Gebäude der bekannten Brauerei durch die Bäume. Einige Kilometer vor Køge werden Radler wieder mit einem separaten Radweg beglückt. Auch von dieser Stadt sehe ich nicht viel, weil ich auf die 151 wechsele, noch bevor ich in die Nähe ihres recht sehenswerten Zentrums komme. Allerdings nehme ich mir auch keine Zeit für einen Abstecher, denn ich bin in Eile und will nach Norden....


Zeltplatz in Ishøj
Ab Køge reiht sich entlang der 151 ein Kaff an das nächste. Ich befinde mich nun im Großraum Kopenhagen, das noch knapp 40 Kilometer von mir entfernt ist. Auf einem großzügigen Radweg pedaliere ich gut gelaunt auf die dänische Hauptstadt zu, betrachte ihre wenig attraktiven Vororte und halte Ausschau nach einem geeigneten Campingplatz. Bei Hundinge ist der erste, doch der liegt an der Hauptstraße und scheint besonders beliebt bei kinderreichen Familien zu sein. Ich radele weiter. In Ishøj, kurz vor der Kopenhagener Stadtgrenze, werde ich schließlich fündig und kann mein Zelt auf einem abgelegenen Seitenweg direkt am Ufer eines Sees aufbauen. So komme ich auch nicht den unzähligen Wohnmobilen in die Quere, die jeden Winkel des Platzes besetzt halten.

Das Wetter hat sich in der Zwischenzeit deutlich verbessert. Die Wolken sind weitgehend verschwunden und die Sonne hat das Zepter übernommen. Zwar strahlen Arme und Gesicht nun in rötlichen Tönen, doch wirkt sich ein solches Sommerwetter ungemein positiv auf Motivation und Laune aus. Abends koche ich mir eine Tütensuppe mit Käsesoße und lausche zum Ausklang einem Vortrag von Reinhold Messer (mp3). Verglichen mit seinen Erlebnissen nimmt sich meine kleine Radreise als geradezu lächerliche Kinderspielerei aus. Aber egal - jeder fängt mal klein an... Nach einem grandiosen Sonnenuntergang falle ich schließlich auf die Isomatte und schlafe einem weiteren Tag voller spannender Radelei entgegen.


Landstraße 151 nördlich von Køge

Route

  • Tage 1 - 3


Alle Inhalte © Frank Spatzier 2007