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Radreise Lübeck - Nordkap: Tag 18 - 21

Tag 18 (4.7.): Fåker - Strömsund

126,45 Km, Vav 17,8 km/h, Vmax 38,1 km/h, Gesamtsteigung: 636 m, Gesamtgefälle: 702 m, Gesamtkilometer: 1735,86 km

20 - 25 °C

Östersund am frühen Vormittag
Wie gewohnt, wache ich um kurz nach sechs Uhr auf, döse noch ein wenig, esse mein Wassermüsli, baue ab und mache mich auf die Socken, bzw. Laufräder. So schön es manchmal ist, wild in der Pampa zu zelten, so sehr vermisse ich dabei - insbesondere in diesen Breiten - die Annehmlichkeiten sanitärer Einrichtungen. Der morgendliche Gang auf die Freilufttoilette ist ein Ereignis, das auch den immer aktiven Stechmücken nicht verborgen bleibt und von diesem Teil der nordischen Fauna mit aktiver Teilnahme begleitet wird. Dennoch komme ich pünktlich los.

Am frühen Vormittag bin ich schon wieder auf der Piste und erreiche Östersund bei schönstem Wetter. Östersund ist mit rund 43.000 Einwohnern die letzte größere Stadt, die mir auf meinem Weg in den hohen Norden begegnen wird. Ich besuche das hiesige Touristenbüro, das in einem schmuckvollen Bau residiert, und mache einen Eintrag in Blog. Wer weiß, wann ich dazu wieder eine Gelegenheit bekommen werde. Die Stadt macht einen netten Eindruck und ist nicht arm an prachtvollen Bauten, allerdings auch nicht an steilen Straßen. Um sie in Richtung N45 zu verlassen, geht es jedenfalls mächtig bergauf.


Inlandsvägen vor Strömsund
Auch nach Östersund durchquert der Inlandsvägen anfangs ein ziemlich hügeliges Terrain. Später legt sich das zum Glück etwas. Auf dem Weg nach Strömsund gibt es keine Ortschaften mehr, nur einzelne Gehöfte und ab und an lose verstreute Häuschen. Sonst bietet sich immer das gleiche Bild: Wald, Wald und noch mal Wald. Ich habe den Fehler gemacht, seit dem Aufstehen nichts mehr gegessen zu haben. Zur Belohnung spüre ich ab Hammerdal die ersten Anzeichen einer Unterzuckerung. Macht nichts, denke ich mir, denn nach Strömsund sind es nur noch ein Dutzend Kilometer. Diese ziehen sich aber im aufkommenden Hungerast gewaltig. Hinter Hammerdal geht es steil bergab und es folgt eine ewige, langgezogene, schnurgerade Strecke mit sehr grobem Asphalt, die mir die letzten Kräfte raubt.

Zum Glück liegt der Campingplatz von Strömsund vor der Ortschaft, so dass ich schnell mein Quartier beziehen kann. Anschließend mache ich meine obligatorische Runde durch den Ort. Strömsund (3.700 EW) ist eine nichtssagende Kleinstadt, deren Hauptattraktion die Brücke über das Ströms Vattundal zu sein, die sogar in ihrem Stadtwappen auftaucht. Am Abend mache ich es mir im Zelt gemütlich und lege mich früh schlafen, um fit für die nächste Etappe zu sein.


Strömsund, Brücke über das Ströms Vattudal



Der Russfjärden bei Strömsund

Tag 19, (5.7.): Strömsund - Vilhelmina

135,00 Km, Vav 18,4, Vmax 37,3 km/h, Gesamtsteigung: 546 m, Gesamtgefälle: 489 m, Gesamtkilometer: 1870,86 km

  22 - 26 °C

Endlich in Lappland!
Die Nacht war nicht allzu lang. Nach nur vier Stunden Schlaf werde ich wach und kann einfach nicht mehr einschlafen. Das liegt vielleicht auch ein wenig daran, dass die Nächte hier schon recht hell sind und ich mich erst daran gewöhnen muss. Auf alle Fälle komme ich so sehr früh los, was mir einen frühen und langen Feierabend bescheren wird. Bei gutem Wetter radele ich um kurz nach acht Uhr los. Die ersten fünfzig Kilometer bis Horting sind leicht bergig, auch bläst ein nerviger Gegenwind. In Horting mache ich einen Stop an der kleinen Stadtbücherei und besetze das kostenlose Internetterminal für eine halbe Stunde.

Mit Überradeln der Gemeindegrenze zu Dorotea befinde ich mich in Provinz Väsertbotten und damit in Lappland. Endlich! Zwar habe ich noch einiges an Kilometern vor mir, um überhaupt die Grenze nach Finnland zu erreichen. Doch bedeutet "Lappland" vor allem, dass ich nun endlich in Nordschweden und dem nördlichen Teil Skandinaviens bin. Das Ziel rückt damit psychologisch so langsam in greifbare Nähe. Auch ändert sich mit der Provinzgrenze der Straßenbelag. Sehr zu meiner Zufriedenheit teeren die Lappländer ihre Straßen mit einem feinen Asphalt, und nicht mit dem mantelabreibenden Kleinkieselenbelag, der das Radeln merkbar schwerer macht.


Provinzgrenze zu Västerbotten. Gut zu erkennen ist der Wechsel des Straßenbelages.
Im kleinen Ort Dorotea (1.650 EW) geht es erstaunlich penetrant bergauf - das Kaff ist eine einzige Steigung. Zur Belohnung lässt sich der nächste Abschnitt bis Messelfors mit leichtem Rückenwind gut radeln. Obwohl auf der Landkarte mit einem kleinen Kreis gekennzeichnet, ist Messelfors nichts anderes, als ein Caravan-Platz mit ein paar Häuschen drum. Am Nachmittag bilden sich dickere Wolken, und es beginnt sogar kurz zu regnen. Das Wetter bessert sich aber schnell wieder, und ich bringe die letzten Kilometer bis Vilhelmina (3.800 EW) hinter mich.

Hier scheint auch wieder Sonne und es wird sogar sommerlich warm. Bevor ich mich auf dem Campingplatz einniste, mache ich noch eine kleine Einkaufsrunde durch die Stadt, um nach dem Zeltaufbau nicht noch mal los zu müssen. Ich freue mich auf einen erholsamen Feierabend, denn diesmal bin ich ziemlich kaputt und habe zudem Knieschmerzen. In der Küche des Campingplatzes bereite ich mir Tortellini mit Oliven und Käse zu - ein leckeres und sättigendes Mahl, das mich zudem mit genügend Kohlenhydraten für den nächsten Tag versorgt. Danach verziege ich mich ins Zelt und trinke ein Feierabendbier aus dem örtlichen Systembolaget.

Tag 20, (6.7.): Vilhelmina - Storuman

76,90 Km, Vav 17,0 km/h, Vmax 41,7 km/h, Gesamtsteigung: 399 m, Gesamtgefälle: 390 m, Gesamtkilometer: 1947,76 km

  später:      21 - 24 °C

Wenn Moore die Wälder ablösen, wirkt die Landschaft "fjellhaft".
Um sechs Uhr bin ich wieder wach und es scheint so, als verwandelte ich mich auf Reisen zum Kurzschläfer und Frühaufsteher. Trotzdem bin ich gut erholt; mein Körper scheint das Übermaß an frischer Luft mit einer Erhöhung der Wachphasen zu quittieren. Die Sonne strahlt und im Zelt wird es warm. Trotzdem lasse ich mir mit den Morgenverrichtungen Zeit und komme erst um Zehn los. Auch in Vilhelmina geht es gut bergauf, und gleich auf den Ortsausgang folgt eine langgezogene und zermürbende Steigung. Es ist immer etwas nervig, eine Etappe mit solchen Anstiegen beginnen zu müssen, wenn man noch nicht warmgefahren ist. Dafür ist man es dann hinterher.

Die N45 hält im weiteren Verlauf alle möglichen Arten von Steigungen parat: von langgezogenen und kräftezehrenden Anstiegen bis hin zu kleinen und extrem steilen Hügeln ist alles dabei, was dem Radler die Langeweile vertreibt. Mittags verzieht sich der Himmel und ich kann sehen, wie aus einigen entfernten Wolken Regen niedergeht. Einmal beginnt es sogar kurz zu nieseln, bleibt dabei aber warm. Die Landschaft indes zeigt fast immer das gleiche Bild. Es säumen hauptsächlich Kierfern- und Birkenwälder die Straße, abgewechselt von weiten Moorflächen, die wegen der fehlenden Wälder weite Blicke erlauben und das erste Mal auf dieser Reise Erinnerungen an das Fjell aufkommen lassen.


Ortszentrum Storuman
Am frühen Nachmittag erreiche ich die Kleinstadt Storuman (6.450 EW), die mich zunächst mit grauen Wohnblocks empfängt. Auch sonst hat das Örtchen wenig Sehenswertes zu bieten, dafür liegt der nicht gerade billige Campingplatz (150SKR) direkt an einem See. Einzig die vorbildlichen Einrichtungen rechtfertigen den stolzen Preis. So kann ich mein Abendessen in einer schönen Küche zubereiten und essesn, was angesichts der Mücken draußen ein nicht zu unterschätzdender Vorteil ist.

Nach dem Abendessen sitze ich dank Mückenspray lange vor dem Zelt und schaue dem Treiben am Wasser zu. In Sichtweite befindet sich ein Sprungturm, von dem Kinder munter ins Wasser hüpfen. Am Abend geht hinter dem Turm eindrucksvoll die Sonne unter. Körperlich geht es mir wieder besser, dafür haben die Mücken meine Beine übel zugerichtet. Aber das ist neben unsicherem Wetter ein weiterer Preis, den man für Reisen in den hohen Norden zahlen muss.


Der Umeälv bei Storuman



Sprungturm und Sonnenuntergang

Tag 21, (7.7.): Storuman - Sorsele

80,21 Km, Vav 18,2 km/h, Vmax 36,8 km/h, Gesamtsteigung: 453 m, Gesamtgefälle: 460 m, Gesamtkilometer: 2027,97 km

   17 - 21 °C

Lappländische Symbolfigur in Storuman
Nach dem Aufstehen zeigt ein Blick in den Himmel, dass es mit dem schönen Sommerwetter mal wieder vorbei ist. Der Himmel ist bewölkt und es bläst ein mäßiger Wind. Hatte ich noch gestern Abend mit einem Schweden über den vorbildlichen Sommer in Nordskandinavien gesprochen, so zeigt sich heute, dass dort schönes Wetter etwas recht Flüchtiges ist. Zum Glück ist meine heutige Etappe nicht allzu lang.

Am frühen Vormittag radele ich schon wieder auf der E45 nach Norden. Diesmal meint es die Topografie besser mit mir und erspart mir schlimmere Steigungen. Links und rechts der Straße ziehen die immer gleichen Wälder an mir vorbei und sorgen für eine meditative Atmosphäre.

Nachmittags erreiche ich Sorsele, das mit knapp 1.350 Einwohnern nur noch als Dorf zu bezeichnen ist. Seine Hauptattraktion ist das Inlandsbahn-Museum, das sich mit der Historie der innerschwedischen Bahnverbindung befasst, die heute nur noch touristischen Zwecken dient. Das Museum befindet sich übrigens im gleichen Gebäude wie die Touristeninformation und kostet keinen Eintritt. Wegen der Einsamkeit auf der Fahrt nach Sorsele habe ich keine Lust auf ein Wildcamp und baue mein Zelt auf dem kleinen örtlichen Campingplatz auf. Auch wenn ich, abgesehen von der Person an der Rezeption, mit niemandem spreche, tut mir die Anwesenheit von Menschen manchmal ganz gut.


Endlose Straße durch endlose Wälder

Route

  • Tage 18 - 21


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