Radreise Lübeck - Nordkap: Tag 4 - 8
Tag 4 (20.6.): Ishøj - Kopenhagen - Ängelhom (S)
115,72 Km, Vav 16,5 km/h, Vmax 32,0 km/h, Gesamtsteigung: 150 m, Gesamtgefälle: 131 m, Gesamtkiometer: 421,43 km
115,72 Km, Vav 16,5 km/h, Vmax 32,0 km/h, Gesamtsteigung: 150 m, Gesamtgefälle: 131 m, Gesamtkiometer: 421,43 km
20 - 24 °C pics/wolkenminimal.png" width="40" height="40" border="0">
20 - 24 °C
Kopenhagen
Nach dem Aufstehen präsentiert sich das Wetter in bester Laune - die Sonne strahlt aus einem fast wolkenlosen Himmel und es regt sich nur ein laues Lüftchen. Bestes Wetter also, um Kopenhagen zu durchradeln und Schweden zu erreichen. Guter Dinge pedaliere ich am frühen Vormittag auf die dänische Hauptstadt zu. Diesmal bin ich mit einem Stadt- und Umgebungsplan ausgerüstet und müsste einigermaßen problemlos durch die Stadt finden. Meine Erinnerungen an einen derartigen Versuch ohne Kartenmaterial vor zwei Jahren sind noch allzu lebendig. Damals war ich blauäugig in die Stadt hineingeradelt, in der Hoffnung, irgendwie wieder auf der richtigen Seite heraus zu finden. Das Resultat war ein entnervendes Herumirren in einer Großstadt, die nicht gerade reich an Fahrrad- und KFZ-Wegweisern ist.
Dank meiner Orientierungshilfe schwenke ich auf den Ring "O2" und werde so sicher und auf direktem Weg durch Kopenhagen geleitet. Fast geht es mir schon zu einfach, nur allzu schnell ziehen die Häuser der Stadt an mir vorüber. Der Ring O2 führt zunächst an den südlichen Hafenanlagen vorbei, bevor er mitten ins Zentrum stößt, das sich dicht bei den Prachtstraßen Kongensgade und Bredegade befindet. Anschließend geht es in Richtung Tuborg-Brauerei, und dann in die nördlichen Villenvororte. Insgesamt erinnert mich Kopenhagen stark an Hamburg. Am frühen Nachmittag schon radele ich auf der Landstraße 152 Helsingør entgegen.
Helsingør und Fähre nach Schweden
Ich bin überrascht, wie gut es sich auf der 152 radeln lässt. Vor zwei Jahren machte ich auf der weitgehend radweglosen Straße schlechte Erfahrungen mit starkem Verkehr. Es liegt wohl an der Mittagszeit, dass nicht viel los ist und ich in aller Ruhe gen Norden fahren kann. Im Unterschied zum südlichen Großraum Kopenhagen befinden sich hier die besseren Wohnvororte, die auch für optische Abwechslung sorgen. Hie und da fällt der Blick auf den Øresund und damit hinüber nach Schweden. In Helsingør besteige ich die Pendelfähre nach Helsingborg, die mit schlappen 21 DKR ausgesprochen günstig ist.
Helsingborg präsentiert sich als angenehme und "kontinentale" Stadt. Durch ihre Nähe zum europäischen Festland hat ihr Stadtbild noch nicht jene Eigenheiten entwickelt, die in entfernteren Gegenden der skandinavischen Halbinsel vorherrschen. Schnell finde ich aus dem nicht gerade kleinen Helsingborg (92.000 EW) heraus und radele durch das agrarische Hinterland auf Ängelholm zu. Das Kaiserwetter macht leichte Anstalten, sich zu verziehen, was meinen mittlerweile krebsroten Armen nicht ungelegen kommen dürfte. Einzig der aufkommende Gegenwind stört ein wenig. Mit Sonnenbrand im Gesicht erreiche am späten Nachmittag den Campingplatz Råboca, der sich kurz vor Midsommar noch einigermaßen leer zeigt.
Als ich abends im Zelt liege und mich entspanne, höre ich plötzlich Regengeprassel auf der Zeltplane. Ich hoffe sehr, dass es sich dabei nur um einen sommerlichen Schauer handelt und schlafe schnell ein.
Helsingborg
Tag 5, 21.6.: Ruhetag 1 in Ängelholm
20,07 Km, Vav 14,6 km/h, Vmax 29,3 km/h, Gesamtkilometer: 441,50 km
später: 16 - 20 °C, windig
Zelten in Ängelholm
Ich habe mal gelesen, dass man Radreisen langsam angehen und besonders am Anfang regelmäßig Ruhetage einlegen soll. Ganz in diesem Sinne baue ich mein Zelt nicht ab und erhole meine Muskeln und Knochen von der noch ungewohnten Dauer-Radelei. Bevor Midsommar ist und man auf Campingplätzen immer mehr alkoholisierte Schweden antrifft, möchte ich noch mal die Annehmlichkeiten nutzen.
Ein paar Mal radele ich ins Stadtzentrum und verschicke von einem Internetcafé sowie der Stadtbibliothek E-Mails und mache erste Eintragungen in den Reiseblog. Die Benutzung von Internetterminals ist in schwedischen Bibliotheken kostenlos, aber leider oft auf maximal eine halbe Stunde begrenzt. Später am Tag treffe ich meinen ersten Reiseradler-Kollegen: Martin hat in Göteborg Elektrotechnik studiert und ist nun auf dem Weg nach Deutschland (Bremerhaven). Verglichen mit meinem Vorhaben ist seine Strecke verschwindend gering und ein wenig beneide ich ihn sogar darum, was wohl dem trüben Wetter zuzuschreiben ist.
Am Abend ist es dann endgültig vorbei mit dem sommerlichen Zwischenspiel. Es beginnt in Strömen zu gießen und plätschert die ganze Nacht mit Gewalt aufs Zelt. Zum Glück habe ich Ohrstöpsel dabei.
Tag 6, 22.6.: Ruhetag 2 in Ängelholm
7,09 Km, Gesamtkilometer: 448,59 km
15 - 18 °C, windig
Das Regenwasser läuft nicht mehr ab
Nachdem es die ganze Nacht wie aus Kübeln geschüttet hat, sieht es auch am Morgen nicht besser aus. Gleich nach dem Aufwachen fährt mir der Schreck in die Glieder, weil Wasser ins Zelt gedrungen ist. Das Innenzelt ist nass und in den Ecken der Zeltwanne sind kleine Pfützen. Weil das Wasser auf dem harten Boden nicht abfließt und ich das Zelt in einer kleinen Kuhle aufgebaut habe, schwimmt es geradezu im Wasser. An den beanspruchten Ecken der Zeltwanne, wo das Gestänge für zusätzlichen Druck sorgt, konnte wohl Wasser eindringen, weil ich diese Stellen nie zusätzlich imprägniert oder verstärkt habe. Die Tropfen auf dem Innenzelt dagegen sind Kondenswasser, das vom kühlen Zeltgestänge heruntertropft - kein Wunder bei der Nässe. Mir bleibt nichts anderes übrig, als raus in den Regen zu kriechen, die Heringe zu lösen und das Zelt aus der Riesenpfütze zu ziehen.
Nach der Morgentoilette liege ich unschlüssig im Zelt und warte auf Wetterbesserung. Gegen Mittag beginnen die Feierlichkeiten für Midsommar - mit allerdings lauer Resonanz. Viele der am Vortag angereisten Schweden sind angesichts des Sauwetters wieder abgereist und der Zeltplatz wirkt leer. Als sich das Wetter am Nachmittag noch immer nicht gebessert hat, beschließe ich einen weiteren Ruhetag. Um mich nicht zu Tode zu langweilen, radele ich in Regenmontur in die Stadt. Dabei kippt das Rad auf der feuchten Wiese um und fällt ausgerechnet auf den Außenspiegel am Lenker, der auf diese Weise sauber abbricht. Meine Laune fällt vollends in den Keller, als ich sehe, dass in der Stadt wegen Midsommar alles geschlossen hat. Zum Glück bessert sich das Wetter am späten Nachmittag. Ich unterhalte mich lange mit Radler-Kollege Martin und gehe anschließend früh ins Bett.
Tag 7, 23.6.: Ängelholm - Toftaled
137,44 Km, Vav 17,8 km/h, Vmax 40,2 km/h, Gesamtsteigung: 519 m, Gesamtgefälle: 389 m, Gesamtkiometer: 586,03 km
später: 18 - 22 °C
Nebenstraße im schwedischen Hinterland
Zu meiner größten Zufriedenheit zeigt sich der Morgen regenfrei. Zwar kleben immer noch dicke Wolken am Himmel, doch das Regengebiet scheint sich über Nacht verzogen zu haben. Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich lang- oder kurzärmelige Kleidung tragen soll und entscheide mich für ersteres. Beim Bezahlen der Campingrechnung fällt mir fast die Kinnlade auf den Boden, denn für die Midsommartage gelten höhere Tarife - da hilft auch kein Dauerregen.
Die schlechte Laune verfliegt schnell, weil ich nach der Zwangspause endlich wieder auf dem Sattel sitzen kann. Ich finde gut aus Ängelholm heraus und radele über die Fernstraße 13 nach
Munka Ljungby, dann weiter auf der 114 nach
Lärkeröd. Wegen der Midsommartage ist nichts auf den Straßen los und das Radeln ist ausgesprochen entspannend. In Lärkeröd fahre ich auf die Nebenstraße, die über Hishult, Knäred und Nöttja schließlich auf die E4N nach Ljungby führt. Diese Strecke ist mir aus einer früheren Radreise noch gut bekannt und führt vorbei an typisch schwedischen Ortschaften durch ruhige Waldlandschaften.
Auf der leicht bergigen Strecke lässt sich prima pedalieren und ein erstes Mal macht es so richtig Spaß, mit dem Rad ins schwedische Binnenland vorzudringen. Auch habe ich endlich das Gefühl, meinen Ziel näher zu kommen. Immer wieder sehe ich falunrote Gehöfte verstreut im Wald herumstehen - schwedisches Postkartenidyll pur. Das Wetter spielt auch mit; die dunklen Wolken verziehen sich immer mehr und machen Platz für die wärmende Sommersonne. Bei einer kleinen Rast ziehe ich die warmen Klamotten aus und genieße den lauen Fahrtwind.
Kirche von Nöttja
Über den breiten Seitenstreifen der E4N, einer parallel zur verkehrsreichen E4 geführte Nebenstrecke, erreiche ich schließlich das verschlafene Örtchen
Ljungby. Weil meine Laune gut und meine Kraft noch ausreichend ist, radele ich weiter nach Norden und halte Ausschau nach einer geeigneten Stelle zum Zelten. Am
Vidöstern-See werde ich schließlich fündig und baue mein Zelt bei bestem Wetter in der Nähe der Ortschaft Toftaled auf. Am Abend telefoniere ich mit Claudi, was meine Laune zusätzlich hebt. So schön Skandinavien insbesondere bei gutem Wetter ist - alleine und ohne sie bleibt der Genuss doch eher klein.
Im Zelt mit direktem Blick auf den schilfbestandenen See genehmige ich mir zur Belohnung für die geradelte Strecke ein schwedisches Dünnbier, das ich mir im kleinen Supermarkt von
Lagan gekauft habe. Nach einer derart langen Etappe tut die süffige Suppe durchaus gut - doch ich ahne schnell, dass ein Besuch im Systembolaget zum Preisvergleich unvermeidlich sein dürfte. Zufrieden und mit der vagen Hoffnung auf eine Phase besseren Wetters schlafe ich ein.
Vidöstern-See
Tag 8, 24.6.: Toftaled - Jönköping
102,66 Km, Vav ? km/h, Vmax ? km/h, Gesamtsteigung: ? m, Gesamtgefälle: ? m, Gesamtkiometer: 688,69 km
später:
18 - 24 °C
Jönköping
Ab 9.30 Uhr radele ich bei recht dichter Bewölkung auf der E4N weiter nach Norden. Das Wetter hat die Hoffnungen vom Vortag leider nicht erfüllt, aber zumindest regnet es nicht. Dafür präsentiert sich die Strecke bis zur schwedischen Design-Hauptstadt
Värnamo (18.500 EW) als ziemlich eintönig. Zum Glück komme ich dank eines günstigen Windes gut voran. Värnamo ist eine gesichtslose Mittelstadt ohne erkennbare Besonderheiten. Dass hier wichtige schwedische Designer sitzen, hat keinerlei Auswirkungen auf die Architektur, die zu einem großen Teil aus kühlen Wohnblocks besteht - warum auch.
Ich radele über eine so eintönige wie langweile Strecke weiter nach
Skallingaryd, komme aber auch hier gut vorwärts. Die Straße ist eben und der Wind bläst immer noch günstig. Mit
Vaggeryd erreiche ich endlich mal wieder eine sympathisch und angenehm wirkende Ortschaft. Es geht weiter durch waldreiche Landschaften, die mit zunehmender Nähe zu Jönköping immer bergiger werden, bis es schließlich über Kilometer steil bergab geht.
Vor der Einfahrt nach Jönköping besorge ich mir einen Stadtplan an der Stadtinfo. Trotzdem lande ich beinahe auf einer Autobahn, als ich versuche, mich durch die Stadt zu arbeiten. Es ist immer wieder das selbe: Fährt man als Radler auf Radwegen, verpasst man bei Stadteinfahrten oft wichtige Wegweiser oder wird sogar gänzlich in die Irre geleitet. Bleibt man deshalb auf den KFZ-Straßen, landet man im dichten Verkehr, auf Straßen mit Fahrradverbot oder eben auf der Autobahn.
Blick über den Vättern-See
Jönköping (sprich: Jönschöping; 55.000 EW) wirkt mäßig interessant, dafür scheinen die Bewohner sonderbar aggressiv zu sein. Als ich eine Straße über Zebrastreifen überquere, hupt mich ein Autofahrer böse an. Auffällig sind auch jene KFZ-Jünger, die mit quietschenden Reifen und heulenden Motoren durch die Altstadt jagen. Auch sonst wirken die Jönköpinger seltsam komisch. Ich quartiere mich auf dem örtlichen Campingplatz Villa Björkhagen ein, der auf einem Hügel vor dem Vätternsee liegt. Die Aussicht ist grandios, dafür verärgert der Campingplatz mit hohen Preisen (180SKR) und schlechter Ausstattung - obwohl er angeblich vier Sterne hat.
Ich treffe ein deutsches Pärchen, das mit dem Rad von Stockholm nach Göteborg unterwegs ist. Die beiden wollen angesichts der Kosten woanders übernachten, haben dazu aber einen kilometerlangen Anstieg vor sich. Trotzdem machen sie sich auf den Weg. Das Wetter ist am Abend wieder schön geworden. Bei strahlendem Sonnenschein esse ich zu Abend und lasse meinen Blick dabei über den Vätternsee schweifen.