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Radreise Lübeck - Nordkap: Tag 33 - 34

Tag 33 (19.7.): Skaidi - Hammerfest

64,40 Km, Vav 17,7 km/h, Vmax 35,2 km/h, Gesamtsteigung: 201 m, Gesamtgefälle: 335 m, Gesamtkilometer: 3.101,09 km

7 - 9 °C

Am Fjord
Sommer in Nordskandinavien kann schönes und warmes Wetter bringen, aber auch genau das Gegenteil davon. Immerhin sorgt nur der Golfstrom dafür, dass die durchschnittlichen Temperaturen weit über denen liegen, die normalerweise in diesen nördlichen Breiten herrschen würden. So ist es auch nicht ungewöhnlich, wenn die Temperaturen bei Schlechtwetter in den Keller sinken.

Geweckt werde ich morgens vom Regengeprassel auf der Zeltplane. Der Himmel ist mit dunklem Einheitsgrau überzogen und es ist noch kälter geworden - lausige 7 Grad. Je näher ich meinem Ziel komme, desto mehr Mühe scheint sich das nordische Klima zu geben, mir das Radeln schwer zu machen. Zum Glück ist meine heutige Etappe kaum 60 Kilometer lang. In voller Regen- und Kältemontur, also mit Fingerhandschuhen, Fleecehemd und Strickmütze auf dem Kopf, schwinge ich mich früh auf den Sattel und versuche, das Unvermeidliche hinter mich zu bringen.

Bis Oldernes am Ende des Repparfjordes geht es tendenziell bergab, was mir sehr gelegen kommt. Die letzt Etappe hat meinem Knie ein wenig zu schaffen gemacht, und ich mache mich langsam mit dem Gedanken vertraut, die Tour am Nordkap abzubrechen, d.h. von dort mit dem ÖPNV nach Hause zu kommen.


Sommer am Straumen
Auf den nächsten zwanzig Kilometern folgt die Landstraße 94 dem Verlauf des Fjordes. Mit anderen Worten: längere Steigung gibt es kaum noch, da das Niveau der Fahrbahn einigermaßen gleich bleibt. Das schließt natürlich kurze und heftige Hügel nicht aus.

Der Regen hat sich mittlerweile zu einem Sprühregen verwandelt, der feucht in alle Poren dringt. In Kvalsund geht es über eine Brücke auf die Insel Kvaløya, an deren nordwestlichem Ende Hammerfest liegt. Die letzten 20 Kilometer haben es noch mal in sich. Es gilt, einen mittleren Tunnel zu durchradeln und einige kleinere Berge zu erklimmen. Vor allem kurz vor Hammerfest geht ist mächtig und steil bergauf und bergab bis ich endlich am Ziel bin.

Ich lasse den ersten Campingplatz links liegen, weil er zu weit von Stadt entfernt liegt, und radele quer durch die Stadt zum Storvannet NAF Camping am gleichnamigen See. Hier nehme ich mir trotz des stolzen Preises eine Hütte, da ich morgen früh aufstehen muss und keine Lust habe, mich dann mit einem nassen Zelt herumzuschlagen.

Hammerfest (9.300 EW) macht auf den ersten Blick einen ganz anderen Eindruck, wie man ihn von nordskandinavischen Städten gewohnt ist. Die Häuser stehen dicht beieinander und es gibt sogar ein richtiges Stadtzentrum. Grund dafür ist wohl die Hanglage, die den bebaubaren Grund begrenzt und ein weitläufiges Zersiedeln verhindert. Jedenfalls wirkt Hammerfest sympathisch und an einigen Stellen fast schon mediterran für die nördlichen Verhältnisse. Mit einer nördlichen Breite von 70° 39' 38'' legt die Hammerfest viel wert darauf, die nördlichste Stadt der Welt zu sein. Obwohl dieser Titel ein wenig fragwürdig ist, prangt die Info an vielen Stellen im Stadtbild. Wie dem auch sei, Hammerfest gehört auf jeden Fall zu den nördlichsten Städten der Welt.

Nach dem Beziehen meiner gemütlichen Hütte mache ich eine ausgiebige Stadtbesichtigung, von der mich auch das Schietwetter nicht abhalten kann. Weil ich wegen des Sprühregens schlecht Fotografieren kann, muss ich mehrere Runden durch den Ort ziehen, um lohnenswerte Motive trocken ablichten zu können. Den Abend verbringe ich in meiner Hütte und in der Hoffnung, morgen ohne Reservierung einen Platz auf einem Hurtigrouten-Schiff zu bekommen.


Impression im Sprühregen


Endlich in Hammerfest!


Stadtpanorama

Impressionen aus Hammerfest:

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Tag 34 / I (20.7.): Hammerfest - Honningsvåg (Hurtigruten)

2,50 Km, Gesamtkilometer: 3.103,14 km

9 - 12 °C

Ab ins Nordmeer!
Wie so oft, wenn etwas Wichtiges bevorsteht, wache ich sehr früh auf. Um halb Vier ist die Nacht zu Ende, denn ich kann auf Biegen und Brechen nicht mehr einschlafen. So döse ich noch ein wenig in der Hütte, frühstücke und packe langsam meine Sachen. Ich ziehe schon mal meine Radelklamotten, weil ich nicht glaube, mich auf dem Schiff umziehen zu können. Wieder nehme ich die volle Kälte- und Regenmontur: Beinlinge, drüber die Regenhose, zwei T-Shirts, Fleecepulli und Regenjacke, Wollmütze. Das Hurtigboot legt um 6.45 ab, also verlasse ich kurz vor Sechs meine Hütte und mache mich auf den Weg. Das Wetter hat sich ein wenig gebessert; vor allem hat der lästige Sprühregen nachgelassen. Kühl ist es aber nach wie vor.

Das Einchecken geht problemlos. Für 540NOK kann ich als Deckspassagier inklusive Fahrrad mitreisen. Sofort gehe ich aufs Aussichtsdeck und schaue mir Hammerfest von der anderen Seite an. Viel ist um diese frühe Zeit auf dem Schiff noch nicht los. Vor allem gutbetuchte Leute älteren Semesters haben sich in den Kaninen einquartiert und genießen eine Kreuzfahrt der Extraklasse. Ich habe nur zwei Stationen vor mir und darf dann den Luxus genießen, mit dem Rad über die Insel Mager&oslah;ja zum Nordkapp zu gondeln. Die meisten meiner Mitpassagiere dürften bei einer derartigen Aktion tot zusammenbrechen....


Impressionen
Rund vier Stunden dauert die Fahrt durch das Nordmeer und die Insel- und Fjordwelt des nördlichsten Skandinaviens. Gebannt stehe ich auf dem Aussichtsdeck und lasse meine Blicke über den Ozean streifen. Wenn mir kalt wird, setze ich mich ins Schiff und kann aus dem Sessel durch die Scheiben gucken. Zwischendurch muss ich meine Beobachtungen unterbrechen, denn ich muss meine Rückfahrtmöglichkeiten vom Nordkap am Internetterminal ausloten. Da ich nie mit körperlichen Problemen gerechnet habe, habe ich mich bei den Reisevorbereitungen konsequenter Weise auch nicht mit Alternativen für die Heimfahrt beschäftigt. Über Finnland und das Baltikum nach Hause zu radeln, habe ich mir angesichts meiner Kniebeschwerden aus dem Kopf geschlagen. Das ist schade - aber immerhin werde ich es wenigstens bis zum Nordkap schaffen. Der Gedanke, wieder in ein paar Tagen zuhause in Lübeck zu sein, stimmt mich nachdenklich. Zu schnell ist mein kleines Abenteuer vorbei und ebenso schnell wird mich der Alltag einholen. Doch beim Blick auf die Landschaft im Nordmeer weiß ich auch, dass ich voller unvergleichlicher Eindrücke heimkehren werde - und alleine dafür hat sich die Reise mehr als gelohnt.

Bei der Einfahrt in den Magerøjasund lugt tatsächlich die Sonne durch die Wolken. In der Ferne sind die schneebedeckten Felsen der Nordkinn-Halbinsel zu sehen. Schließlich taucht Honningsvåg auf und die MS Nordnorge macht sich bereit zum Anlegen. Für mich beginnt in wenigen Augenblicken die letzte, spannendste und vielleicht schwerste, auf alle Fälle aber bewegendste Etappe der Radreise.


Am Ende der Welt: Havøysund



Im Magerøjasund



MS Nordnorge



Im höchsten Norden Norwegens

Route

  • Tage 33 - 34


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